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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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eckiger Gegenstand in sein Gesichtsfeld. Das Schiff lag tief im Wasser und segelte mit Backbordhalsen dicht am Wind, Fock- und Besansegel waren gebrasst.
    »Ich sehe es!« Er spürte, wie eine Welle der Erregung ihn packte.
    »Morgan?« Er gab Jago das Fernrohr.
    »Es ist ein Kutter«, sagte Lasseur zuversichtlich. »Und Gravelines liegt in fast gerader Linie vor uns. In einer Stunde wird es hell, dann werden wir’s wissen.«
    »Sie zeigt keine Flagge«, murmelte Jago, der durchs Fernglas sah. Das Fernrohr sah in seinen Händen sehr klein aus.
    »Wir auch nicht«, erinnerte Lasseur ihn und nahm das Fernglas wieder an sich, um nochmals durchzusehen. »Wenn die uns sehen – aber vielleicht haben sie’s noch nicht -, dann werden sie sich fragen, wer wir sind, obwohl sie an unserer Takelage sehen können, dass wir kein britisches Schiff sind. Die Briten haben nicht viele Schoner. Ein paar von denen, die sie besitzen, haben wir erobert, aber die sind nicht so gut wie die Scorpion. Im Moment macht er sich wohl auch noch nicht zu viele Gedanken darüber. Damit sind wir im Vorteil.«
    Hawkwood sah nach oben. Genau wie der Schoner schien auch dieser Kutter für ein Schiff seiner Größe außergewöhnlich viele Segel zu haben; das also war Lasseurs Berber-Takelage. Er sah über die Reling auf das Wasser, das am Bug vorbeischoss. Das Schiff schnitt durch die Wellen wie ein Messer. Gischt sprühte über den Bug. Die Geschwindigkeit war berauschend, und während der Himmel im Osten langsam von Rotbraun in Goldorange überging und die Küste immer näher kam, näherte sich die Scorpion unaufhaltsam ihrem Opfer.
    Die drei Männer blieben an der Reling stehen. Hawkwood war beeindruckt von der Geschwindigkeit, mit der ihr Schoner den Abstand verkleinerte. In kürzester Zeit, so schien es, war der Kutter nur noch drei Kabellängen von ihnen entfernt. Der Himmel war wesentlich heller geworden. Er sah Menschen an Deck.
    »Wenn sie bisher nicht ahnten, dass wir uns für sie interessieren, dann würde ich sagen, jetzt tun sie’s aber«, sagte Lasseur. Er hob das Fernrohr. »Bâtards! «, fluchte er plötzlich und reichte Hawkwood das Glas.
    Hawkwoods erster Gedanke war, sie hätten das falsche Schiff verfolgt. Dann glitt ein schwarzer Bug in den Vordergrund und wurde immer größer, wirkte aber immer noch klein im Vergleich zur Größe der Segelfläche. Hawkwood erinnerte sich an Gadds Beschreibung der Sea Witch . Er suchte an der Gillung nach einem Namen, aber die Jolle, die außen an dem schmalen Heck hing, verdeckte ihn. Drei Männer standen auf Steuerbord an der Reling, dicht beim Steuermann, und starrten auf die Scorpion . Zwei von ihnen trugen blaue Jacken und weiße Hosen. Als Hawkwood den dritten Mann erkannte, der zwischen ihnen stand, war ihm der Name des Schiffes nicht mehr wichtig. Groß und graubärtig stand er da und hielt ein Fernglas ans Auge. Er hielt es nur mit der rechten Hand.
    Es war Pepper.
    Und während Hawkwood und Lasseur ihn noch beobachteten, trennten sich die drei Männer. An Deck des Kutters entwickelte sich plötzlich eine fieberhafte Aktivität.
    »Oh Gott, die fahren ihre verdammten Kanonen aus«, rief Hawkwood, als die Mannschaft des Kutters anfing, die Segeltuchplanen von den Kanonen im Heck des Kutters zu entfernen. Soweit er sehen konnte, waren es sechs, auf jeder Seite drei. Er gab Lasseur das Fernrohr.
    »Merde!«
    »Was für welche sind es denn?«, fragte Hawkwood. Er war nicht sehr bewandert in den Kalibern der Marinegeschütze. Als ob es darauf ankam. Kanonen waren überall verdammte Kanonen.
    »Was ihr Sechspfünder nennen würdet, wie es aussieht. Euer Zoll hat die auch. Bei richtiger Höhe sind sie zielgenau bis zu zweihundertfünfzig Yards. Zum Glück sind wir im Vorteil. Wir haben mehr davon.«
    An die Möglichkeit, dass die Sea Witch schwere Geschütze an Bord haben könnte, hatte Hawkwood überhaupt nicht gedacht. Er war davon ausgegangen, dass Morgan und seine Leute kleine Waffen hatten, höchstens Drehbassen – er hatte eine davon im Bug des Kutters gesehen -, aber keine Kanonen auf Lafetten, obwohl die kurze Kanone, die sie beim Erstürmen der Admiralität benutzt hatten, ihn eigentlich hätte warnen müssen. Er überlegte, wie geübt sie wohl sein mochten, falls es zu einem Seegefecht kommen sollte. Der Gedanke, dass Morgan unter den ehemaligen Seeleuten in seinen Diensten auch ein paar Kanoniere hatte, war gar nicht so abwegig.
    Lasseur war offenbar ebenso überrascht. Im Nu war er

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