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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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den Rucksack auf.
    »Wir haben noch Erdnußbutter- und Salamibrote«, verkündete er.
    »Keine mit Hühnerfleisch?«
    »Gestern aufgegessen.«
    »Und die Bagels ?«
    »Die sind auch alle. Heute ist unser letzter Urlaubstag, Junge. So, wie wir zugelangt haben, ist es ein Wunder, daß wir überhaupt noch was zu futtern haben.«
    »Dann nehme ich Erdnußbutter.«
    »Wo ist dein Bruder?«
    »Weiß nicht.«
    Decker stand auf und blickte sich um. Ginger, deren kupferrotes Fell in der Sonne glänzte, erhob sich ebenfalls. Sammy war nirgendwo zu sehen.
    »Hat er nicht eben noch da drüben gelesen?« fragte Decker.
    »Er wollte Spazierengehen«, antwortete Jake. »Du hast geschlafen. Er hat gesagt, ich soll dich nicht stören, aber dann ist es mir langweilig geworden.«
    »Sammy?« rief Decker und ging ein paar Schritte.
    Nichts.
    »Wie lange ist er schon weg?«
    »Weiß nicht.«
    Decker legte die Hände um den Mund und rief: »Sammy Lazarus, willst du mir einen Streich spielen?«
    Er wartete. Die Waldgeräusche wurden lauter: Vogelgezwitscher, Wasserrauschen, Insektengebrumm.
    »Hmm. Er muß doch irgendwo stecken.« Decker nahm Jake bei der Hand, und sie fingen an, die nähere Umgebung abzusuchen. Der Hund trottete hinterher.
    »Sammy?«
    Stille.
    »Sammy, hörst du mich?« Stirnrunzelnd kraulte Decker dem Hund das Fell. »Weißt du vielleicht, wo Sammy geblieben ist, Ginger?«
    Die Hündin stellte zwar die Ohren auf, sah ihn aber verständnislos an.
    »Sammy!« rief Jake.
    »Okay.« Decker dachte laut nach. »Immer schön langsam, einen Schritt nach dem anderen. Sehr weit kann er nicht gekommen sein.« Er hob Sammys Joggingjacke auf und ließ die Hündin daran schnuppern. Sofort lief sie zu der Stelle, wo Sammy gesessen hatte, und machte es sich dort bequem.
    Auf der Erde waren Abdrücke von nackten Füßen zu sehen. Decker versuchte ihnen zu folgen, aber sie waren zu undeutlich und verloren sich schließlich ganz unter dem dichten Laub.
    »Sammy?« schrie Decker.
    Er mußte systematisch vorgehen. Im Geist steckte er vom letzten erkennbaren Fußabdruck aus einen Kreis mit einem Dreißig-Meter-Radius ab und nahm sich vor, ihn gründlich zu durchforsten, jede Handbreit Boden nach einer Spur, einem Stoffetzen abzugehen.
    Zehn Minuten Suchen und Rufen führten zu nichts.
    »Wo ist er?« fragte Jake beklommen.
    »Er muß hier irgendwo sein«, sagte Decker. Trotz seiner Angst zwang er sich, ihm mit fester Stimme zu antworten. »Wir finden ihn, Jakey, nur keine Bange … Sammy!«
    »Warum antwortet er nicht?«
    »Du kennst doch deinen Bruder. Der ist mit seinen Gedanken ganz woanders.«
    Obwohl Decker an sich nicht dazu neigte, leicht in Panik zu geraten – in seinem Beruf brauchte er einen klaren Verstand und einen kühlen Kopf –, stiegen vor seinem geistigen Auge nun unwillkürlich doch grauenvolle Bilder auf.
    »Sammy!« schrie er.
    »Vielleicht hat er sich weh getan«, sagte Jacob. Seine Unterlippe zitterte.
    »Ihm ist bestimmt nichts passiert«, antwortete Decker.
    Aber die Bilder wurden immer deutlicher. Die Angst in Rinas Gesicht – so verstört hatte er sie schon einmal erlebt …
    »Sammy, hörst du mich?« brüllte er.
    »Sammy!« rief auch Jake. Dann drehte er sich mit weit aufgerissenen Augen zu Decker um. »Peter, was sollen wir denn jetzt machen?«
    »Wir suchen deinen Bruder, bis wir ihn gefunden haben.« Kinder, dachte er. Man darf sie aber auch keine Sekunde aus dem Augen lassen. »Sammy!«
    »Ich habe Angst, Peter.«
    »Es wird alles wieder gut, Jakey«, sagte Decker.
    Meine Verantwortung. Meine Schuld.
    »Ist dir irgend etwas Ungewöhnliches aufgefallen, während ich geschlafen habe?« fragte er Jake.
    Der Junge schüttelte heftig den Kopf.
    »Also muß er hier irgendwo stecken. Er hat sich bloß verlaufen.«
    Und er ist nicht entführt worden.
    »Sammy!«
    Er wurde allmählich heiser.
    All die vielen Kinder. Die vielen vermißten Kinder. Immer wieder dieselbe Geschichte, das alte Lied. Wie gut er das alles kannte. Die dummen Eltern, hatte er immer gedacht. O ja, sie waren verdammt dumm, genauso dumm wie er. Von plötzlicher Wut gepackt brach er sich und Jacob wie ein verwundetes Tier einen Weg durchs Unterholz.
    Der Kleine fing an zu weinen. Decker hob ihn hoch, drückte ihn an sich und setzte die Suche fort. Jake klammerte sich an seinen Hals.
    »Vielleicht kehren wir lieber wieder um, Peter«, schniefte Jake. »Vielleicht ist Sammy wieder zurückgegangen.«
    Decker wußte es besser. Sammy hätte sie

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