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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Zeit genug, ein tellergroßes Loch zu erkennen, als zwei neue Schüsse das Isoliermaterial zerfetzten und das gepresste Stroh in Flammen aufging. Der Flur hatte sich in einen Feuertunnel verwandelt.
    Paul kauerte auf dem Boden, sein Nacken wurde von der Flammenhitze weich gekocht, Stroh- und Gipsbrocken fielen auf ihn herab. Gleich darauf herrschte Stille. Paul blickte auf, er sah einen Haufen Schutt, der Blick auf das Behandlungszimmer war unverstellt. Da waren sie. Drei Männer in schwarzen Kampfanzügen, ausgestattet mit Patronengürteln und Strumpfmasken. Sie trugen jeder ein Granatwerfergewehr, ein SG 5040. Paul hatte so etwas bisher nur im Katalog gesehen, dennoch: jeder Irrtum ausgeschlossen.
    Zu ihren Füßen lag die Leiche eines Mannes im Morgenrock. Frédéric Gruss, Opfer seines von Gefahren nicht freien Berufs.
    Reflexartig suchte Paul seine Glock, vergeblich, ihm blieb keine Zeit mehr dazu. Sein Bauch gurgelte von Blut, das rote Mäander bildete und in den Falten seiner Jacke versickerte. Er verspürte keinen Schmerz - woraus er schließen musste, dass er tödlich getroffen war.
    Links von ihm lautes Knirschen. Trotz betäubten Trommelfells hörte Paul klar und deutlich Schritte auf den Trümmern, als ein vierter Mann im Türrahmen erschien. Dieselbe schwarze Gestalt mit Strumpfmaske und Handschuhen, allerdings ohne Gewehr.
    Er kam näher und sah sich Pauls Verletzung an. Mit einer Geste riss er sich die Mütze vom Kopf. Sein Gesicht war über und über bemalt. Bräunliche Kurven und Arabesken auf seiner Haut stellten die Schnauze eines Wolfes dar. Schnurrbart, Augen und Augenbrauen waren schwarz gerändert, eine mit Henna ausgeführte Bemalung, die an die Malkunst von Maori-Kriegern erinnerte.
    Paul erkannte den Mann von der Fotografie: Azer Akarsa. Er hielt ein Polaroid in der Hand: ein blasses ovales Gesicht mit schwarzen Haaren. Anna Heymes gleich nach der Operation.
    Jetzt konnten die Wölfe ihre Beute weiter verfolgen. Die Jagd würde ohne ihn weitergehen.
    Der Türke kniete sich hin. Er sah Paul durchdringend an und sagte dann mit leiser Stimme: »Der Überdruck macht sie wahnsinnig. Der Überdruck nimmt ihnen den Schmerz. Die letzte Frau sang noch, nachdem man ihr die Nase abgeschnitten hatte.«
    Paul schloss die Augen. Er verstand den Sinn dieser Worte nicht mehr genau, doch eines war sicher: Der Mann wusste, wer er war; und längst wusste er von Naubrels Besuch in seinem Labor.
    Blitzartig sah er die Verletzungen der Opfer, die Einschnitte in den Gesichtern. Ein Lobpreis auf die antike Steinbildkunst, signiert von Azer Akarsa.
    Er spürte Schaum auf seinen Lippen, Blut. Als er die Augen wieder öffnete, hielt der Mörder-Wolf eine 45er an seine Stirn.
    Als Letztes dachte er an Céline. Und daran, dass er keine Zeit gehabt hatte, sie anzurufen, bevor sie zur Schule gegangen war.

 
     
     
     
     
     
     
    elf

Kapitel 67
     
    Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle, Donnerstag, einundzwanzigster März, sechzehn Uhr. Es gibt eine einzige Methode, um auf dem Flughafen eine Waffe zu verbergen.
    Waffenbesitzer denken im Allgemeinen, dass eine Glock, die weitgehend aus Polymeren besteht, von Röntgenstrahlen und Metalldetektoren nicht ausfindig gemacht werden kann. Irrtum: Der Lauf, die Spannfeder, der Schlagbolzen, der Abzug und ein paar weitere Teile sind aus Metall. Von den Kugeln gar nicht zu reden.
    Es gibt nur eine Methode, eine Waffe auf einem Flughafen zu verbergen.
    Und Sema kennt sie.
    Vor den Schaufenstern im Einkaufsbereich des Flughafens fällt ihr diese Methode wieder ein, während sie auf den Flug TK 4067 der Turkish Airlines wartet, der sie nach Istanbul bringen wird.
    Zuerst kauft sie ein paar Kleidungsstücke, eine Reisetasche - nichts ist verdächtiger als ein Reisender ohne Gepäck - und Fotomaterial. Ein F2-Gehäuse für eine Nikon, ein 35-70-Millimeter- und ein 200-Millimeter-Objektiv sowie einen kleinen Kasten für das Zubehör. Zwei bleigefütterte Behälter, die bei Sicherheitskontrollen Filme schützen. Sie legt diese Dinge sorgfältig in eine Promax-Profitasche und geht in die Flughafentoilette.
    Allein in der Toilettenkabine, legt sie den Lauf, den Schlagbolzen und die anderen Metallteile ihrer Glock 21 zwischen Schraubenzieher und Zangen ihrer Werkzeugtasche. Dann schiebt sie die Kugeln aus Wolfram vorsichtig in die bleigefütterten Behälter, die Röntgenstrahlen abhalten, sodass der Inhalt unsichtbar bleibt.
    Sema ist froh über ihre eigenen Reflexe. Ihre Bewegungen und

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