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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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erblicken, waren fast gleich null. Er dachte an die Metrozüge, die unter der Erde fuhren; an die Abfahrt der Fern- und Vorortzüge unter freiem Himmel; an die Tausende Gesichter und Gehirne, die sich unter den grauen Pfeilern drängten.
    Er konnte sich nicht getäuscht haben. Ganz unmöglich.
    Dreißig Sekunden.
    Immer noch nichts.
    Sein Mobiltelefon klingelte. Er hörte Schiffers kehlige Stimme: »Du Arschloch!«
    Paul erreichte ihn am Fuß der Treppe, die die Rue d'Alsace in der Mitte überquert und über die Gleise führt. Der Polizist stieg ins Auto und wiederholte: »Arschloch!«
    »Wir probieren die Gare du Nord. Man weiß nie. Wir...«
    »Halt die Schnauze! Das war's. Wir haben ihn verloren.«
    Paul beschleunigte und fuhr Richtung Norden.
    »Ich hätte nicht auf dich hören sollen, du Grünschnabel«, begann Schiffer erneut. »Du hast doch keine Ahnung. Du...«
    »Da ist er.«
    Paul hatte die Adidas-Jacke rechts am Ende der Rue des Deux-Gares entdeckt. Der Mann ging durch den oberen Teil der Rue d'Alsace, genau oberhalb der Gleise.
    »Dieser Hurenbock«, sagte Chiffre. »Nimmt die äußere Treppe der Bahngleise. Ist über die Fernbahnsteige rausgekommen. «
    Er streckte den Zeigefinger aus: »Fahr geradeaus. Keine Sirene. Nicht beschleunigen. Wir schnappen ihn uns in aller Ruhe in der nächsten Seitenstraße.«
    Paul fuhr im zweiten Gang, zwanzig Stundenkilometer. Ihm zitterten die Hände. Sie überquerten die Rue Lafayette, als der Türke hundert Meter weiter oben auftauchte. Er sah sich um und erstarrte.
    »Scheiße!«, schrie Paul, dem plötzlich einfiel, dass er das Blaulicht auf dem Wagendach vergessen hatte.
    Der Mann rannte los, als habe der Asphalt Feuer gefangen. Paul drückte aufs Gaspedal. Die riesige Brücke vor ihnen wirkte auf ihn wie ein Symbol. Ein steinerner Riese, dessen schwarze Gitter hinauf zum Gewitterhimmel wiesen.
    Er beschleunigte erneut und überholte den Türken auf der Höhe der Brücke. Schiffer sprang aus dem fahrenden Wagen. Paul bremste und sah im Rückspiegel, wie Schiffer den Türken mit einem Rempler zu Boden warf.
    Er fluchte, stellte den Motor ab und sprang aus dem Golf. Der Bulle hatte den Flüchtigen schon bei den Haaren gepackt und stieß ihn gegen das Brückengeländer. Paul sah die Hand von Marius unter der Schneidemaschine vor sich. Nie wieder so etwas!
    Er zückte seine Glock, während er auf die Männer zulief.
    »Hören Sie auf!«
    Schiffer hievte sein Opfer über das Geländer, seine Kraft und Schnelligkeit waren atemberaubend. Der Mann mit dem Trainingsanzug bewegte leicht die Beine, die zwischen zwei Metallspitzen klemmten.
    Paul war fest davon überzeugt, dass er ihn ins Leere stürzen würde. Doch Chiffre kletterte neben ihm auf die Brüstung, hielt sich an einem Mauersockel fest und hob den Türken mit derselben Bewegung auf seine Höhe.
    Der Vorgang hatte nur ein paar Sekunden gedauert, die enorme körperliche Leistung bestärkte Paul in der Meinung, dass Schiffer das Schlimmste zuzutrauen war. Als er auf ihrer Höhe ankam, waren die beiden Männer bereits außer Reichweite. Sie kauerten in der Gabelung eines Pfeilers, und der Flüchtige brüllte, während sein Peiniger ihn mit Schlägen und türkischen Sätzen traktierte.
    Paul kletterte an den Metallstäben hoch, auf halber Höhe hielt er inne.
    »BOZKURT! BOZKURT! BOZKURT!«
    Die Schreie des Türken klangen durch die feuchte Luft. Er dachte erst, es sei ein Hilferuf, doch dann sah er, wie Schiffer sein Opfer losließ und zum Bürgersteig hin wegstieß, als hätte er erreicht, was er haben wollte.
    Während Paul seine Handschellen hervorzog, lief der Mann humpelnd davon.
    »Lass ihn laufen!«
    »Wa-was?«
    Schiffer ließ sich fallen, prallte mit der linken Hüfte auf den Asphalt, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und stützte sich auf ein Knie.
    »Er hat gesagt, was er zu sagen hatte«, stieß er zwischen zwei Hustenstößen aus.
    »Was? Was hat er dir gesagt?«
    Er stand wieder auf. Außer Atem, hielt er sich die linke Leiste, seine Haut war violett verfärbt und mit weißen Flecken überzogen.
    »Er wohnt im Haus von Ruya, und er hat gesehen, wie sie das Mädchen gepackt haben, im Treppenhaus. Am achten Januar um zwanzig Uhr. «
    »Sie?«
    »Die Bozkurt.«
    Paul verstand nichts. Während er sich auf Schiffers chromblauen Blick konzentrierte, fiel ihm dessen zweiter Spitzname ein - Eisen.
    »Die Grauen Wölfe.«
    »Die was?«
    »Die Grauen Wölfe. Ein rechtsextremer Clan. Die Mördertruppe der

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