Das Imperium der Woelfe
fuhr an, behutsam bewegte er die Pedale, eine intensive Wärme stieg seine Beine hinauf. Er gab Gas, gerade früh genug, um zu sehen, dass der Türke nach rechts in die Rue du Faubourg-Saint-Denis glitt, noch immer in Fahrtrichtung.
Paul blieb dran, doch in der Straße war der Verkehr zum Erliegen gekommen, blockiert durch die Masse der Autofahrer. Lärm von Schreien und Hupen erfüllte die graue, verpestete Luft.
Paul reckte den Hals vor, er blinzelte. Ein Schildermeer breitete sich über Autos und Köpfen aus - Einzel- und Großhandelsgeschäfte, so weit das Auge blicken konnte. Doch die Adidas-Jacke war verschwunden. Er sah noch weiter in die Ferne, die Fassaden der Häuser versanken im Nebel der Abgase, dahinter zeichnete sich der in rauchiges Licht getauchte Triumphbogen der Porte Saint-Denis ab.
»Ich seh ihn nicht mehr.«
Schiffer drehte das Fenster herunter, Lärm drang in ihr Blechgehäuse. Er schob die Schultern nach draußen. »Weiter oben, rechts«, meldete er.
Der Verkehr kam wieder in Fluss. Der blaue Punkt hob sich von einer Gruppe Fußgänger ab. Wieder Stillstand. Paul war der Meinung, dass der Stau ihnen zugute kam; Schritt fahren, um den Weg eines Mannes zu verfolgen...
Der Türke verschwand erneut, dann war er zwischen zwei Lieferwagen zu sehen, genau vor dem Café Sully. Unaufhörlich warf er Blicke nach hinten. Ob er sie gesehen hatte?
»Er stirbt vor Angst«, meinte Paul. »Er weiß etwas.«
»Das muss nichts heißen. Eins zu hundert, dass... «
»Vertrauen Sie mir, nur einmal.«
Paul legte wieder den ersten Gang ein. Ihm brannte der Nacken, der Kragen seines Parka war feucht vor Schweiß. Er fuhr schneller, am Ende der Rue du Faubourg-Saint-Denis befand er sich mit dem Türken auf gleicher Höhe.
Plötzlich, am Fuße des Triumphbogens, überquerte der Mann die Straße, direkt vor ihrer Nase, ohne sie zu bemerken. Im Laufschritt bog er in den Boulevard Saint-Denis ein.
»Scheiße!«, fluchte Paul. »Das ist 'ne Einbahnstraße.«
Schiffer richtete sich auf: »Stell den Wagen ab. Wir gehen zu Fuß weiter. Verdammt, er nimmt die Métro!«
Der Flüchtende hatte den Boulevard überquert und verschwand im Métroeingang Strasbourg-Saint-Denis. Paul riss heftig das Steuer herum und bremste genau vor der Bar de l'Arcade, in der Straßenschleife, die um den Triumphbogen führt.
Schiffer war schon draußen.
Paul klappte den Sonnenschutz herunter, auf dem das Polizeiemblem zu erkennen war, und sprang aus dem Golf.
Chiffres Trenchcoat segelte zwischen den Autos wie eine Fahne. Paul spürte einen fiebrigen Schauer, in Sekundenschnelle hatte er alle Empfindungen des Augenblicks in sich aufgesogen: ein Knistern, das in der Luft lag, Schiffers Schnelligkeit und die Entschlossenheit, die sie in diesem Augenblick vereinte.
Auch er rannte im Zickzack durch den Verkehr auf dem Boulevard entlang und erreichte seinen Partner in dem Augenblick, als dieser die Treppe hinunterlief.
Die beiden Bullen rannten in die unterirdische Bahnhofshalle, eine eilige Menge drängte sich unter dem orangefarbenen Gewölbe. Paul übersah die Situation mit einem Blick, sah links die Fahrkartenschalter, rechts die blauen Hinweisschilder der Métro, vor ihnen die Sperre.
Kein Türke weit und breit.
Schiffer drang durch die Fahrgäste hindurch, lief in wildem Slalom auf die luftdruckgesteuerten Türen zu. Paul stellte sich auf die Zehenspitzen und sah, wie ihr Typ nach rechts abbog.
»Linie vier!«, brüllte er seinem Partner hinterher, der in der Menge verschwunden war.
Schon erklangen in dem gekachelten Korridor die Seufzer der sich öffnenden Metrotüren. Eine Welle des Schreckens ergriff die Menge. Was war los? Wer schrie da so? Wer schubste die anderen? Plötzlich drang ein schrilles Gebrüll durch das Gemurmel der Leute. »Die Türen, verdammt noch mal!«
Es war Schiffers Stimme.
Paul stürzte nach links, zum Informationsschalter. An die Scheibe gepresst, keuchte er: »Öffnen Sie die Türen!«
Der Angestellte blieb stur: »Was?«
In der Ferne kündigte die Sirene den Start des Zuges an.
»Verflucht, du machst jetzt die Türen auf, klar?«
Die Tore der Sperren schoben sich auseinander. Paul kämpfte sich mit den Ellbogen nach vorn, stürzte, gelangte auf die andere Seite. Schiffer rannte vor ihm her, unter dem roten Gewölbe entlang, das wie ein Schlund zu beben schien.
Er erreichte ihn auf der Treppe. Der Polizist nahm vier Stufen auf einmal, sie hatten den Abstand zwischen sich und dem Türken noch
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