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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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nicht mal halbiert, als sie die Türen zuschlagen hörten.
    Schiffer brüllte, ohne im Laufen innezuhalten. Er erreichte gerade den Bahnsteig, als Paul ihn am Kragen packte und zwang zurückzubleiben. Chiffre war stumm vor Verblüffung. Seine tiefen Gesichtsfalten warfen das Licht des U-Bahn-Zuges zurück. Er sah aus wie ein Irrer.
    »Er darf uns nicht sehen«, brüllte Paul ihm ins Gesicht.
    Schiffer sah ihn immer noch an, überrascht, unfähig, wieder normal zu atmen. Als das Pfeifen der Métro sich entfernte, fügte Paul leiser hinzu:
    »Wir haben vierzig Sekunden bis zur nächsten Station. Wir schnappen ihn uns in Château d'Eau.«
    Mit einem Blick verstanden sie sich. Sie spurteten die Treppe hinauf, überquerten den Boulevard und warfen sich ins Auto. Zwanzig Sekunden waren vergangen. Paul steuerte um den Triumphbogen herum, bog rechts ab und kurbelte die Scheibe herunter. Er heftete das Blaulicht auf das Dach, fuhr in den Boulevard de Strasbourg und stellte die Sirene an.
    Die fünfhundert Meter hatten sie in genau sieben Sekunden zurückgelegt, und als sie die Kreuzung Rue du Château d'Eau erreicht hatten, wollte Schiffer sogleich aus dem Auto hechten. Paul hielt ihn erneut zurück: »Wir warten oben auf ihn. Es gibt nur zwei Ausgänge. Auf beiden Seiten des Boulevards, gerade und ungerade Hausnummern.«
    »Woher weißt du, dass er hier aussteigt?«
    »Wir warten zwanzig Sekunden. Wenn er im Zug bleibt, haben wir wieder zwanzig Sekunden, um ihn an der Gare de l'Est zu erwischen.«
    »Und wenn er an der nächsten nicht aussteigt?«
    »Er wird das Türkenviertel nicht verlassen. Entweder, weil er sich verstecken will, oder um jemanden zu warnen. In beiden Fällen passiert das hier, auf unserem Gebiet. Wir müssen ihm bis zu seinem Ziel folgen. Sehen, wohin er geht.«
    Chiffre sah auf die Uhr. »Los!«
    Paul riss das Steuer herum - gerade, ungerade. Nach einem letzten Haken hatte er seinen Ausgangspunkt wieder erreicht, als er in den Adern das Vibrieren der Métro spürte, die unter seinen Rädern fuhr.
    Siebzehn Sekunden später hielt er vor dem Gitter am Bahnhofsvorplatz der Gare de l'Est und schaltete Sirene und Blaulicht aus. Schiffer wollte wieder aus dem Wagen springen. Paul befahl: »Wir bleiben hier. Wir können fast alle Ausgänge sehen. Den mittleren auf dem Platz, rechts den der Rue du Fau-bourg-Saint-Martin, links den der Rue du 8-Mai-1945. Damit haben wir drei von fünf Möglichkeiten.«
    »Und wo sind die anderen?«
    »An den Seiten des Bahnhofs. Rue du Faubourg-Saint-Martin und Rue d'Alsace.«
    »Und wenn er einen von denen nimmt?«
    »Sie sind am weitesten von der Linie entfernt. Er braucht mehr als eine Minute, um sie zu erreichen. Wir warten hier dreißig Sekunden. Wenn er nicht auftaucht, lasse ich Sie an der Rue d'Alsace heraus und gehe zur Saint-Martin. Wir bleiben über Handy in Verbindung. Er kann uns nicht entwischen.«
    Schiffer schwieg, nachdenklich zog er die Stirn in Falten: »Woher weißt du das mit den Ausgängen?«
    Paul grinste trotz des fiebrigen Eifers, der ihn gepackt hatte: »Ich habe sie auswendig gelernt, für Verfolgungsjagden.«
    Das Gesicht aus grauen Schuppen grinste zurück: »Wenn der Kerl nicht auftaucht, hau ich dir die Fresse ein.«
    Zehn, zwölf, fünfzehn Sekunden.
    Die längsten seines Lebens. Paul sah auf die Gestalten, die aus allen Metroschächten hochkamen und denen der Wind ins Gesicht schlug. Keine Adidas-Jacke.
    Zwanzig, zweiundzwanzig Sekunden.
    Der Besucherstrom bewegte sich stoßweise unter seinen Augen, im Rhythmus seines Herzschlags.
    Dreißig Sekunden.
    »Ich setze Sie in der Rue d'Alsace ab.«
    Die Reifen heulten auf, er fuhr in die Rue du 8-Mai nach links und ließ Chiffre am Beginn der Rue d'Alsace aussteigen, ohne dass dieser noch irgendetwas sagen konnte. Er wendete und erreichte im Eiltempo die Rue du Faubourg-Saint-Martin.
    Weitere zehn Sekunden waren vergangen.
    Auf dieser Höhe unterschied sich die Rue du Faubourg-Saint-Martin grundlegend von ihrem unteren, dem türkischen Teilstück. Hier gab es nur verwaiste Bürgersteige, Lagerhäuser und Verwaltungsgebäude. Ein idealer Ausgang.
    Paul sah auf den Sekundenzeiger. Jeder Klick nagte an seinen Nerven. Die anonyme Menge zerstreute sich, verlor sich in dieser zu großen Straße. Er warf einen Blick in das Bahnhofsinnere. Beim Anblick des großen Glasdachs musste er an ein Gewächshaus voll giftiger Keime und Fleisch fressender Pflanzen denken.
    Zehn Sekunden.
    Die Chancen, die Adidas-Jacke zu

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