Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Imperium

Das Imperium

Titel: Das Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
Vom Netzwerk:
bedeckten Stämmen Energie pulsierte und die bis zum Himmel empor reichten – sie wirkten wie Pflanzen im Garten eines Riesen. Durch schmale Spalten in der Borke wuchsen Schösslinge und sahen aus wie lose Haare.
    Die Wurzeln der Weltbäume, ihre Stämme und ihr rudimentäres Selbst – alles war miteinander verbunden. Die fedrigen Wedel reichten Dutzende von Metern weit nach oben und wölbten sich dann zu den Seiten, um einen schirmartigen Baldachin zu formen. Jeder Baum berührte den nächsten und dadurch entstand ein Dach aus Blättern. Wie Augenwimpern bewegten sich die Wedel, liebkosten sich gegenseitig. Abgesehen vom Summen der Insekten und den Rufen wilder Tiere gab es im Wald ein beständiges Rauschen, so beruhigend wie ein Schlaflied.
    Weltbäume wuchsen auf allen theronischen Landmassen, und ehrgeizige grüne Priester nahmen Schösslingen zu anderen Planeten mit, damit das Bewusstsein des Waldes wachsen und immer mehr lernen konnte. Sie beteten zu ihm, zu einem vitalen »Erdgeist«, und sie halfen dem Selbst des Waldes, stärker zu werden.
    Vor langer Zeit – vor 183 Jahren – hatte eine Patrouille der ildiranischen Solaren Marine das erste langsame Generationenschiff der Erde gefunden, die Caulia, und es zu dieser unberührten Welt gebracht. Alle elf Generationenschiffe waren nach berühmten Forschern benannt worden. Der Name Caulia ging auf René Caillte zurück, einen Franzosen, der im dunkelsten Afrika unterwegs gewesen war, als Einheimischer verkleidet. Als erster Weißer hatte er die sagenumwobene Stadt Timbuktu gesehen.
    Burton, Peary, Marco Polo, Balboa, Kanaka… Diese Namen der Generationenschiffe klangen seltsam und exotisch für Estarra, doch selbst die Geschichten aus der unzivilisierten Zeit der Erde konnten es nicht mit den Wundern aufnehmen, die terranische Siedler auf anderen Welten fanden, als sie sich im Spiralarm ausbreiteten. Clark, Vichy, Amundsen, Abel-Wexler, Stroganow. Sie alle hatten mithilfe der Ildiraner ein Ziel gefunden, nur die Burton nicht, die zwischen den Sternen verschwand.
    Die Menschen von der Caulia hatten gejubelt, als sie zum ersten Mal die gründe Landschaft von Theroc sahen und das Potenzial ihrer neuen Heimat erkannten, das ihre kühnsten Hoffnungen weit übertraf. Während des jahrhundertelangen blinden Flugs durchs All, auf der Suche nach einem Sonnensystem mit bewohnbaren Planeten, hatten die Kolonisten an Bord eines großen, sterilen Raumschiffs gelebt. Wälder und Berge kannten sie nur von Bildern. Theroc kam für sie einem Paradies gleich und sie spürten sofort, dass die Bäume ungewöhnlich waren.
    An Bord der Caillie gab es alle notwendigen Dinge, um eine Kolonie selbst auf einer sehr lebensfeindlichen Welt zu gründen, doch Theroc erwies sich als sehr kooperativ. Nachdem die Ildiraner sie dorthin gebracht hatten, errichteten die Kolonisten provisorische Unterkünfte aus Fertigteilen. Biologen, Botaniker, Chemiker und Mineralogen begannen mit Untersuchungen, um mehr über den Planeten herauszufinden.
    Zum Glück war die Biochemie des theronischen Ökosystems zum größten Teil für den menschlichen Organismus verträglich; die Siedler konnten also auf einheimische Nahrungsmittel zurückgreifen. Es war nicht nötig, Land zu roden und zu düngen, um Ackerbau zu treiben. Die Siedler von der Caulia fanden Möglichkeiten, mit dem Wald zu arbeiten und natürliche Behausungen zu verwenden, anstatt Gebäude aus Metall und Polymeren zu errichten.
    Jahrzehnte später, nach der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen den Ildiranern und der Erde, hatten die Siedler von Theroc eine eigene Kultur entwickelt. Repräsentanten der Hanse gelang es schließlich, die Theronen zurückzuführen zur größeren Gemeinschaft der Menschheit, aber sie wahrten ihre Unabhängigkeit. Als ihre Vorfahren mit dem Generationenschiff aufgebrochen waren, hatten sie nicht damit gerechnet, irgendwann einmal zurückzukehren und den Kontakt mit der Erde wiederherzustellen. Sie waren wie Samen gewesen, im Wind verstreut, die hofften, irgendwo wurzeln zu können. Nun wollten sie sich nicht mehr entwurzeln lassen…
    Estarra unterbrach ihren Forschungsausflug, um Platschbeeren zu essen und sich den Saft von Mund und Händen zu wischen. Sie sah am nächsten Weltbaum empor, bemerkte am Stamm Haltepunkte und Zeichen, die auf den häufigen Aufstieg von Lesegruppen hinwiesen. Die Borke bot Estarras Händen und Füßen genug Halt, dass sie wie auf einer Leiter an ihr emporklettern konnte. Sie

Weitere Kostenlose Bücher