Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
Vom Netzwerk:
draußen!
    Der Schwiegervater nicht, der eine merkwürdige Neigung zum Gebrauch des Wortes selbstverständlich zeigte und sich doch verzehrte, weil er die Welt nicht verstand; weiteres Lieblingswort: Schicksal; Hauptbeschäftigungen: Schaffen und Klagen, ein flaches Zisternenwesen, nicht geeignet für Streit noch Gelächter.
    Die Mutter machte sehr gute Leberwurst.
    Das paßte nicht zu David Groth, paßte ihm nicht; wieso paßte ihm Franziska?
    Die war zwar hübsch und praktisch und erstaunlich wenig fromm gerade in Bezirken, von denen David gemeint hatte, wenigstens hier noch werde er auf die Nachhuten des sächsischen Pietismus stoßen, und sie hatte eine Menge gelesen, und sie hielt sich für zuständig für den Lauf der Welt und hatte weder vor Johanna Müntzer Angst noch vor Annette Wunder und beherrschte ihr Fach so, daß selbst Fedor Gabelbach sagte, sie beherrsche ihr Fach, und sie konnte einem so zuhören – o Tugend Nummer eins! –, daß man immer wieder Lust bekam, ihr etwas zu erzählen.
    Aber – aber, aber!
    Zum Beispiel hielt sie größere Stücke auf Camus und Malaparte, mochte Ballett und lief ins Kino am Steinplatz, um immer noch einmal »Orphée« zu sehen.
    Zum Beispiel sagte sie gräßliche Dinge über die Ostsee und Nebelwetter, und David war für beides, für Nebel und für Ostsee, und am besten beides in einem.
    Und, hier wurde es kritisch, sie litt an Objektivismus und sprach dem Erfinder der Parteilichkeit, David Groth, von wertfreier Sachlichkeit, und über alles das hinaus hatte sie auch noch einen Stich ins Pazifistische.
    Aber hier war Liebe, und das hieß: Wir helfen uns schon!
    Wir helfen uns schon! war nicht die schlechteste Übersetzung von Liebe, eine Teilübersetzung auch nur, aber die eines wichtigen Teiles.
    Sie hatten einander geholfen, und anders wäre es nicht gegangen. Denn Grundsätze ließen sich zwar aussetzen, aber nur auf Zeit, und Prinzipien gingen nur ungern in Urlaub und kehrten zurück, und irgendwann mußte man sich entweder von ihnen trennen oder bei ihnen bleiben. Das eine ging, oder das andere ging, wenn man einander half dabei.
    Der Änderung Bewegungsformen waren unendlich viele. Manches erledigte sich von selbst. Manches wurde einem durch übergeordnete Beschlüsse wegerledigt. Moden gingen dahin und mit ihnen der Widerstand gegen sie. Kenntnisse kamen, die Anerkennung ermöglichten. Neue Beleuchtung,und Lichter gingen auf. Andere Gewichte waren zu tragen, und das machte eben noch Unentbehrliches unwichtig. Zeit war nicht nur Griffel, war auch Schwamm. Verständnis gebar Verständnis.
    Aber auch Beharrung war möglich; war möglich, wo sie nötig war. Nur mußte bewiesen werden, daß sie nötig war; und auch das hieß einander helfen, hieß Liebe: sich die Beweise nicht schuldig zu bleiben.
    Das war anstrengend, und daß man die Anstrengung nicht scheute, sie freiwillig übernahm, mit Lust manchmal gar, war Beleg, daß es bei aller Unstimmigkeit stimmte zwischen den Beteiligten. Mit Gewalt und Gebrüll war nichts zu machen gewesen; Versuchungen zu ihnen hin wurden nach ersten Erfahrungen rasch erstickt; wer sagt, die Liebe brauche nicht der Vernunft? Wer aber sagt, die Kollegialität, die doch weit weniger Stützen hat als die Liebe, wer sagt, die, gerade die brauche der Vernunft nicht noch mehr?
    David Groth hatte immer noch rote Ohren, und sein Sohn trank immer noch, und Franziska sagte: »Aber weißt du, daß es dann doch was mit uns beiden geworden ist, das kann mir eigentlich ganz schön gefallen.«
    »Ja«, sagte David, »du warst schon immer für Wunder zu haben. – Was meinst du, wird es mit dem neuen David auch noch so sein? Soviel Streit und Ärger, weil er etwas Ungewohntes verteidigt, soviel Kummer für den, der gegen Gewohnheiten läuft? Ob sich dann, wenn er groß ist, die Menschen immer noch soviel antun werden, nur weil sie nicht verstehen, was der andere meint? Springen aufeinander los, weil ihre Ansichten nicht passen; müssen sich in Pumpenschächte verkriechen, weil über der Erde bestimmte Vorstellungen von Liebe herrschen …«
    »Oder«, sagte Fran und kehrte dem großen David den Rücken dabei, weil sie den kleinen David in seinen Korb legte, »oder zwei Journalisten, die lange Zeit sehr gut ausgekommen sind, geraten wegen einer Handvoll eigenartiger Bilder so aneinander, daß man glauben muß, sie trügen zwei verschiedeneFahnen, eine weiße und eine rote, und wenn man ihnen beiden zuhört, hört man zweimal, daß der Bestand der

Weitere Kostenlose Bücher