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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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wir denken, alle dächten so wie wir. Also machen wir uns keine Gedanken. Und jetzt ist als mindestes zu sagen: Du kannst Franziska nicht ausstehen. Mußt du ja nicht, aber warum die Krallen? Ich hab das Wort nicht aufgebracht, du hast von mondo cane gesprochen, aber jetzt erlaube ich mir zu sagen: Das war heftig hündisch eben. Warum?«
    »Wie kommst du auf: nicht ausstehen? Ich habe nur geglaubt, es gehört doch einige Gefühlskälte dazu, solche Bilder zu machen; das hat mich erschreckt, und du redest von Krallen! Ich meine nur: Wer in einer solchen Stunde imstande ist, ich meine, wer praktisch imstande ist, die Geburt des eigenen Kindes zu fotografieren, wozu ist der noch imstande? Es gibt doch Grenzen, und ich habe nur gedacht: Ich möchte aber nicht an deiner Stelle sein!«
    »Das bist du ja auch nicht, da sei nur froh, aber so froh, wie ich darüber bin, kannst du gar nicht sein. Und so froh, wie ich darüber bin, daß kein anderer an meiner Stelle ist, kann kein anderer sein, weil kein anderer an meiner Stelle ist. – Gefühlskälte, das zerbröselt mich. Was muß denn eine Frau in solcher Lage tun, damit man merkt, ihre Gefühle haben die richtige Temperatur? Aber sag es nicht, ich hab es oft genug im Kino gesehen: Feuchter Blick durch die Nachthemdrüschen, o selig, o selig, ein Kind ist nun mein, und all dieser Klostermist-Liebfrauengeist, das ist die rechte Herzenswärme, und später darf auch fotografiert werden: Kind überm Taufstein, Kind auf ’m Pott, vollfettes Kind mit Breichen im Gesicht, selbstbestricktes Killekindchen, aber wehe, eine macht es anders, macht einen Film, auf dem wirklich etwas Neues zu sehen ist, ein Stück mondo humane, ein Stück Menschlein pur, und zwar aus der einzigartigen Perspektive der Hauptbeteiligten,dann röhrt die reine Seele auf und schwenkt das Herzensthermometer!«
    »Jetzt wirst du geschmacklos, Genosse!«
    »Jetzt kriege ich Appetit, Genossin! Jetzt kommt die große Schimpflust über mich, jetzt packt mich die bleiche Rage, weshalb, wieso, warum, weil ich Zustände krieg bei allem, was nach Mittelalter riecht. Aber weil man in Zuständen nicht gut diskutiert, fasse ich mich zusammen und sage dir in aller Ruhe: Du zeigst die Symptome einer bösen Krankheit.«
    »Jetzt reitet wieder die Grothsche Kavallerie gegen die Spieße des Spießbürgertums. – Deine Idiosynkrasien sind mir hinlänglich bekannt, und bekannt ist mir auch: Die Spießerei ist nicht die Hauptgefahr.«
    »Ich kenn ihn, den Spruch, und soweit ist er richtig: Sie ist wirklich nicht die Hauptgefahr, aber ich wehre mich gegen die Übersetzung, die ihr euch davon macht: die Spießerei ist keine Gefahr. Ich werde mich hüten, Armeen gegen sie zu werfen, aber versäumen werde ich nicht, meinen Posten auf dem Rundgang zu sagen: Und nicht vergessen, liebe Freunde, der Feind kommt nicht immer mit Donnerschwall, und er kommt nicht nur aus einer Richtung!«
    »Und jetzt, mein guter Genosse, verstehe ich das recht, jetzt steht der Feind im Land und ist ins Lager eingebrochen, weil ich eine Abneigung geäußert habe gegen die Bilder deiner werten Gattin? Herrscht ein Notstand nun, weil ich die Bilder nicht so appetitlich finde und unsere Leser vor der Begegnung mit ihnen bewahren möchte? Darin siehst du Spießerei, und deshalb, allen Ernstes deshalb, stößt du in dein Kriegerhorn, David?«
    »Nicht darin, Helga, und nicht deshalb; vergiß die Bilder, es geht mir nicht mehr darum, es geht mir nur noch um den entsetzlichen Widerstand, der sich aufbaut, nur weil etwas anders ist; es geht mir um den scheußlichen Einfallsreichtum derer, die ihr Vorurteil verteidigen. Es muß viel Finsternis in einem sein, der sich seinen Kontrahenten in den Tod denkt, damit er etwas Wildes von ihm zu denken hat.«
    »Nun reicht es, Meister Groth«, sagte Helga Gengk, und David berichtete, sie habe zum Fürchten ausgesehen und er habe geglaubt, sie werde sich auf ihn stürzen, aber dann hatte sie nur gesagt: »Das Weitere und den Rest besprechen wir wohl vor der Parteileitung!«
    »So was«, sagte David zu Fran, »das Weitere und den Rest! Das klingt wie eine Duellforderung, findest du nicht auch?«
    »Ich finde, du brauchst dich nicht zu wundern«, sagte Fran, »wenn ich deinen Worten, die du mir wiedergegeben hast, deinen Ton hinzufüge, den du mir, schlau von dir, nicht wiedergegeben hast, den ich aber ohne Mühe ins Ohr kriege, dann bewundere ich Helgas Geduld.«
    »Dies«, sagte David, »dies, mein Sohn, ist deiner Mutter

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