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Das Inferno Roman

Titel: Das Inferno Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Genau. Was macht sie gerade in diesem Moment?
    Stanley sah auf die Armbanduhr.
    Acht Uhr neunzehn.
    Wahrscheinlich stand sie bereits unter der Dusche und ließ den heißen Wasserstrahl an ihrem nackten Körper herabrieseln. Vielleicht hatte sie es sich auch in ihrer Badewanne bequem gemacht.
    Stanley wusste nicht, ob sie Duschen oder Baden bevorzugte.
    Zu ihrem athletischen Typ passte Duschen besser, aber ihre sinnliche weibliche Seite würde es genießen, sich in einem heißen Bad auszustrecken.
    Also mochte sie beides, ganz wie es ihr in den Sinn kam.
    Wie es mir in den Sinn kommt, korrigierte sich Stanley.
    Heute schien ihm ein Tag zum Duschen zu sein.

    Nachdem er den Sportteil zusammengefaltet und auf seinen Schoß gelegt hatte, schloss Stanley die Augen. Vor sich sah er durch aufsteigenden Wasserdampfnebel die Türen zur Duschkabine. Es waren Schiebetüren aus klarem Glas. Trotz des Dampfes waren sie nicht beschlagen. Er konnte hindurchsehen, als ob es sie gar nicht gab.
    Er sah, wie Sheila nackt unter dem Duschkopf stand, ihren Rücken dem Wasserstrahl zugewandt, den Kopf zurückgelegt, die Ellenbogen erhoben, die Finger durchs nasse Haar fahrend. Ihr Gesicht glänzte vom Wasser. Strahlende Flüsschen perlten über ihre Brüste herab, die im Rhythmus ihrer Armbewegungen leicht erbebten. Wie flüssige Diamanten sammelten sich Tropfen an den Spitzen ihrer Nippel und fielen dann, einer nach dem anderen …
    Stanleys Sessel begann zu wackeln. Erst dachte er, seine Mutter hätte irgendwie Wind von seinen schmutzigen Tagträumen bekommen und ihn mit ihrem Rollstuhl gerammt. Erwischt, du dreckiger Perversling!
    Als er die Augen öffnete, wurde ihm jedoch klar, dass Mutter nichts mit dem beunruhigenden Stoß zu tun hatte.
    Sie befand sich nicht im Zimmer, und das Zimmer wackelte so sehr hin und her, dass es vor seinen Augen verschwamm.
    Neben ihm fiel die Lampe um.
    Er warf die Zeitung beiseite, lehnte sich vor und schob die Fußablage nach unten. Er drückte sich aus dem Sessel und schrie: »Erdbeben!«
    Natürlich wusste Mutter schon Bescheid.
    Stanley konnte sie schreien hören, lauter als seine eigene Stimme, lauter als das Getöse des Bebens, das Klirren
der Vorderfenster und den Krach der Dinge, die im ganzen Haus zu Boden gingen, zusammen.
    Ein Gipsbrocken traf ihn an der Schulter, als er bereits auf halbem Weg zur Haustür war. Gips?
    Die Decke!
    Ich muss hier raus!
    Er rüttelte und drehte am Türgriff. Da sich die Tür nicht öffnen wollte, fiel ihm ein, dass er den Sicherungsbolzen lösen musste. Er ließ den Griff los und versuchte den Türriegel zwischen Daumen und Zeigefinger aufzudrehen. Er entglitt ihm wieder und wieder.
    »Scheißding!«, schrie Stanley.
    Dann erwischte er den Knopf und drehte schnell den Bolzen. Im gleichen Moment bäumte sich das Haus wieder unter ihm auf. Er klammerte sich am Türgriff fest und konnte einen Sturz knapp vermeiden.
    »Stanley!«, kreischte seine Mutter. »Hilf mir! Hilf mir!«
    Er warf einen Blick zurück über die Schulter.
    Und da kam Mutter auch schon. Vornübergebeugt rollte sie aus dem Esszimmer wie ein Sportler kurz vor der Ziellinie. Putz und Gipsbrocken fielen links und rechts von ihr zu Boden, als die Zimmerdecke brach. Weißer Staub senkte sich auf sie nieder.
    »Stanley!«, heulte sie.
    »Ich muss die Tür aufkriegen!«
    Er drehte und zerrte am Türgriff. Die Tür fiel ihm entgegen. Er hatte vergessen, die Türkette auszuhängen, bemerkte den Fehler aber erst, als ihn das Schloss mitsamt Kette an der Stirn erwischte.
    Er stolperte rückwärts und riss die Tür mit sich. Ihr Gewicht begann ihn seitwärts gegen das zerbrochene Fenster
zu drücken. Er ließ den Türgriff los und fiel. Der Polstersessel fing seinen Sturz ab. Die Lehne klappte nach hinten, die Fußablage schoss hoch. Krachend kam der Sessel an der Wand zum Stehen.
    Zurück auf Los!
    Stanley verbarg den Kopf in den Armen und schrie.
    Und er beobachtete seine Mutter.
    Er hörte auf zu schreien.
    So ernst die Situation auch war, das Ganze entbehrte nicht einer gewissen Komik. Komisch, dass es ihn wieder in den Polstersessel zurückgeworfen hatte. Noch komischer war, dass Mutter es aufgegeben hatte, zur Tür zu rollen - vielleicht war ihr Weg von Deckentrümmern versperrt? - und sich nun wie besessen im Kreis drehte. Mit Schreien hatte sie aufgehört. Um Stanleys Hilfe flehte sie ebenfalls nicht mehr.
    Sie drehte wie eine Verrückte an den Speichenrädern ihres Rollstuhls, kreiselte herum und

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