Das Insekt
danken. Dafür, dass du es noch mal mit mir versuchst.«
»Unsinn. Ich hätte dich nie feuern dürfen. Schließlich hast du doch Familie und Verantwortung.«
»Zumindest so was Ähnliches wie eine Familie.«
»Macht Duke immer noch Schwierigkeiten?«
»Woher weißt du…?«
»Unsere Firma ist nicht sehr groß, Bonnie. Es gibt nicht viel, was ich nicht weiß. Schon gar nicht, wenn es um Mitarbeiter geht, die mir wirklich am Herzen liegen.«
»Ach ja? Jedenfalls kriegen wir das schon geregelt.«
Die Glamorex-Präsentation lief noch viel besser, als Bonnie sich erhofft hatte. Die Werbefilme für die Produkte waren alle an Schauplätzen und in Kulissen bekannter Seifenopern gedreht worden. Auch die Drehbücher hatten diesen gefühligen, witzigen Seifenopern-Stil, in dem Frauen erklärt wurde, dass sie mit »My Mystery«-Lid-schatten wie Millionärsgattinen aussahen und mit »Angel Glitter«-Bodylotion den Kerl ihrer Träume rumkriegten.
In der Kulisse des Insomnia-Coffeehouses aus Dreist und sexy legten junge Mädchen funky Tanzschritte aufs Parkett, um eine neue Generation von »Disco Nights«-Nagellacken vorzuführen. Im Colonnade Room aus Reich und rastlos dinierten distinguierte Herrschaften und präsentierten perfekte Frisuren dank »Loving Embrace«-Haarspray.
Nach der Präsentation wurden Champagner und Kanapees gereicht. Zwei schöne Visagistinnen, eineiige Zwillinge, führten die neuen Produkte von Glamorex für alle Interessierten vor. Hinter vorgehaltener Hand nannte Ralph sie nur die »hirnamputierten Barbiepuppen«.
Nachdem Bonnie noch ihre Sprüche für »Moist Your Eyes« heruntergerasselt hatte, kam Phil Cafagna zu ihr herüber und erhob sein Glas. »So was wie Sie nennt man Betriebskapital, Bonnie. Ralph kann von Glück sagen, dass er Sie hat.«
»Er ist ein guter Chef, Mr Cafagna.«
»Mein Güte, nennen Sie mich doch Phil. Ein Glas Wein vielleicht?«
Er schnappte sich ein Glas vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners und reichte es ihr. »Einen Toast«, forderte er. »Auf das wahre Gesicht hinter der geschminkten Maske!«
Bonnie wusste zwar nicht genau, was er damit meinte, stieß aber trotzdem mit ihm an.
»Und was ist mit Ihnen, Bonnie?«, fragte er. »Wie sieht Ihr wahres Gesicht aus, wenn Sie nicht gerade Glamorex-Kosmetik verkaufen. Wer sind Sie?«
»Mutter und Ehefrau.«
»Das hab ich nicht gemeint. Die Begriffe Mutter und Ehefrau definieren Ihr Verhältnis zu anderen, aber sie sagen mir nichts über Sie.«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich wirklich bin. Gut, hoffe ich. Jemand, auf den man sich verlassen kann und der anderen hilft, wenn sie einen brauchen.«
»Bestimmt tun Sie das. Sie wirken auf mich wie ein sehr fürsorgender Mensch. Andererseits spüre ich auch, dass Sie nur sehr selten ausbrechen und ganz Sie selbst sein können.«
Bonnie sah ihn an und schüttelte ganz leicht den Kopf, um zu zeigen, dass sie nicht wusste, wovon er sprach.
Er nahm ihren Arm und führte sie zum Fenster. Eine angenehme warme Brise wehte Fetzen von Tanzmusik herein.
»Jeden Tag arbeite ich mit Frauen und für Frauen. Es ist sozusagen mein Beruf, Frauen zu verstehen«, sagte Phil. »Heutzutage streben sie nach Unabhängigkeit, machen Karriere und auch ansonsten so ziemlich alles, wozu sie Lust haben. Aber wissen Sie was, Bonnie? Trotzdem stecken Frauen immer noch in derselben Falle. Alle. Bis zu dem Augenblick, in dem sie jemandem begegnen, der sie befreit. Und das ist es, was Sie brauchen, Bonnie. Jemanden mit dem Schlüssel für Ihre Falle, dem Schlüssel zur Freiheit.«
Sie schlenderten unter den Arkaden entlang, Wind raschelte leise in den Blättern der Kletterpflanzen über ihnen. Die Band spielte eine etwas zähe Version von Lyle Lovetts »Nowbody knows me«. Bonnie hatte das Gefühl, das erste Mal seit Jahren innerlich wieder ganz entspannt und ruhig zu sein. Sie empfand die Situation sogar als romantisch.
»Noch ein Glas Wein?«, fragte Phil.
»Besser nicht. Ich habe morgen noch einen Frühstückstermin, und dann geht’s gleich zurück nach L.A.«
Plötzlich blieb Phil stehen und sah ihr in die Augen. »Sie sehen toll aus, Bonnie. Sie könnten alles haben, und es schmerzt mich mitanzusehen, wie Sie leiden.«
»Ich leide nicht, Phil. Ich bin eine normale, hart arbeitende Frau wie viele andere.«
»Das glauben Sie. Aber ich erkenne Leid. Ich spüre Leid Meilen gegen den Wind.«
Bonnie zuckte mit den Achseln. »Ich habe natürlich auch so meine Probleme.«
»Ihr Mann
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