Das Intercom-Komplott
Gläsern. Dann beugte sich Schneider lächelnd vor.
»Sagen Sie, Monsieur Carter«, fragte er leise, »hat man je versucht, Sie zu ermorden?«
Ich sah ihn geradeheraus an. Die kosmetische Gesichtsoperation hatte offensichtlich die Nerven der linken Hälfte in Mitleidenschaft gezogen, denn nur die rechte Hälfte lächelte mir zu. Ich fühlte mich verwirrt, als er mich so ansah.
»Ich dachte gerade über das nach, was Morin über den Herausgeber der Résistance sagte.«
»Es war nicht nur der Herausgeber«, warf Morin ein, »man brachte die gesamte Belegschaft um, sogar die Drucker. Da war es nur natürlich, daß das Erscheinen eingestellt werden mußte.«
Er drückte mir ein großes Glas in die Hand.
Schneider schüttelte nachdenklich den Kopf. »Diese Schweine«, sagte er.
Morin zuckte die Achseln. »O ja, sie waren Schweine. Wer möchte das abstreiten? Aber man muß die Sache auch anders sehen.« Er brachte zwei weitere Gläser herüber, von denen er eines Morin gab. »Man muß sich einmal in ihre Lage versetzen.« Er nahm sich einen Stuhl. »Diese Zeitung veröffentlichte Dinge, die ihnen nicht genehm waren, die ihre Sicherheit gefährdeten. Was blieb ihnen übrig? Die einzige Möglichkeit einer Zensur bestand darin, diejenigen umzubringen, die das Blatt fabrizierten. Unter den gegebenen Umständen war das nur natürlich.«
Schneider nickte. »Darum fragte ich ja Monsieur Carter, ob man jemals versucht habe, ihn umzubringen. Denn schließlich veröffentlicht auch er viele Dinge, gegen die einflußreiche Leute eine Menge einzuwenden hätten. Ich möchte fast behaupten, daß er an vielen Stellen eine äußerst unpopuläre Person ist.«
»Äußerst unpopulär, ja«, kam von Morin das Echo.
Sie sahen mich jetzt erwartungsvoll an, als meinten sie, ich würde einen Toast erwidern. Ich nahm einen herzhaften Schluck und schüttelte mich. Es war Whisky pur.
»Wenn jeder, der sich unbeliebt macht, ermordet wird, hätten wir das Problem der Übervölkerung der Erde schon längst gelöst«, antwortete ich.
Sie lachten beide so herzlich, daß ich einen Augenblick lang wirklich glaubte, etwas Lustiges gesagt zu haben; aber wahrscheinlich wären sie über alles andere ebenso erheitert gewesen. Ich habe gehört, daß sie es immer auf die muntere Tour versuchen, bevor sie in den Clinch gehen. Sie bilden sich ein – was nach allen meinen bisherigen Erfahrungen übrigens nicht stimmt –, sie könnten ihr Opfer auf diese Weise in ein Gefühl falscher Sicherheit lullen.
Madame Coursaux polterte in unser verbales Schulterklopfen, lächelte uns zu, weil wir uns so herrlich amüsierten, und schenkte sich einen Whisky ein.
»Ein Mechaniker kümmert sich um Ihren Wagen«, sagte sie, als ich mich erhob.
»Verbindlichen Dank, Madame.« Ich stellte mein Glas auf dem Tisch ab. »Dann sehe ich am besten selbst einmal nach dem Rechten.«
»Vollkommen überflüssig, Monsieur. Man wird anrufen, wenn alles in Ordnung ist.«
Als ich zögerte, drückte mich Morin mit seiner sommersprossigen Pfote wieder in meinen Stuhl. »Wir können Sie jetzt doch noch nicht laufenlassen, mein Freund«, sagte er. »Trinken Sie zuerst einmal aus. Trinken Sie aus, und dann sehen wir weiter.«
Sein Lächeln war dünn geworden, seine Stimme klang härter. Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich ihm nicht sagen solle, er solle zur Hölle fahren, ob es nicht besser wäre, einfach zu gehen. Aber ich bin ehrlich genug, es zuzugeben, Mr. L. – dazu fehlte mir dann doch der Mut. Sie sehen also, daß ich zu diesem Zeitpunkt sicher war, nicht mehr Herr meiner eigenen Entschlüsse zu sein, und auch zu feige, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich hielt es für einfacher, ihr Spiel zu spielen und so zu tun, als habe ich keine Angst.
Ich setzte mich also.
»So ist’s besser.« Er schob mir mein Glas zu. »Nun, Monsieur Carter, erzählen Sie uns ein wenig aus Ihrem gefährlichen Leben.«
»Was wollen Sie hören?«
Morin hob verblüfft seine Augenbrauen und sah zu Schneider hinüber. »Er fragt uns, was wir hören wollen. Ist das nicht ein großzügiges Angebot?«
»In der Tat.« Schneider erhob sich vom Sofa und lehnte sich an die Tischkante. »Ich werde ihn beim Wort nehmen. Wie Morin schon sagte, Monsieur, bin ich seit langem Leser von Intercom , aber bis vor einigen Wochen war mir nicht klar, daß Sie ein vorzüglicher Wissenschaftler sind.«
»Das bin ich wirklich nicht.«
»Sie geben sich zu bescheiden.«
»Ich stellte nur richtig.«
»Dann
Weitere Kostenlose Bücher