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Das Jagdgewehr

Das Jagdgewehr

Titel: Das Jagdgewehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasushi Inoue
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müssen, als meinen Geliebten bezeichnen dürfte. Ein solcher muß vor allem zwei Eigenschaften haben: einen reizvollen, zitronenfrischen Nacken und klare, männliche Linien an den Hüften wie eine Antilope. Es gibt nicht viele Männer, die auch nur diesen zwei Bedingungen entsprächen. Ich muß leider zugeben, daß ich an dem Glück, das mir seinerzeit als junger, von ihrem Mann begeisterter Ehefrau zuteil geworden ist, noch heute hänge …
    Da ich gerade von Antilopen spreche, fällt mir ein, in einer Zeitung einmal gelesen zu haben, daß man einen nackten, jungen Mann auffand, der in der Syrischen Wüste unter Antilopen gelebt hat. Das Photo von ihm war hinreißend schön. Oh, welch herrlich kühle Linien seines Gesichts unter dem wirren Haar, und was für ein Zauber seiner Beine, von denen es hieß, sie seien fünfzig Meilen in der Stunde gelaufen! Noch jetzt fühle ich mein Blut pochen, wenn ich an ihn denke. Ich glaube, man kann sagen, sein Gesicht verriet Intelligenz und sein Körper atmete animalische Wildheit.
    Seit ich das Bild des jungen Mannes sah, erscheint mir jeder andere banal und öde. Wenn in dem Herzen Ihrer Ehefrau die Flamme der Untreue einmal aufgelodert ist, so war dies damals, als ich für den Antilopen-Jungen schwärmte. Sobald ich mir die straffe Haut seines vom nächtlichen Tau der Wüste nassen Leibes vorstelle – nein, vor allem, wenn ich an seine reine Frische denke, befällt mich ein wildes Begehren.
    Im vorletzten Jahr begeisterte ich mich kurze Zeit für Matsushiro, einen Maler der Neuen Schule. Bitte, glauben Sie nicht, was man damals alles darüber geredet hat! Ihre Augen besaßen seinerzeit einen seltsam kummervollen Glanz, der nach Mitleid aussah. Aber es gab da wirklich nichts, weshalb Sie mich hätten bemitleiden können! Trotzdem gefielen mir Ihre Augen sehr. Sie hatten zwar nicht den großen Zauber wie die des Antilopen-Jungen, aber ich fand sie gleichwohl schön. Warum sahen Sie mich mit ihnen nicht schon viel früher an, wenn Sie doch so herrliche Augen haben? Kraft ist nicht der einzige Vorzug, den ein Mann besitzen muß. Waren Ihre Augen, falls sie mich einmal anschauten, nicht stets nur die eines Mannes, der die Kunst des Porzellans studiert? So war ich also verpflichtet, kalt und hart zu sein und dazusitzen, als sei ich ein Stück alter Kutani-Ware. Derr Erfolg war, daß ich Matsushiros Atelier aufsuchte und ihm Modell stand. Aber lassen wir das. Ich bewunderte immerhin seine Kunst, alte, verfallende Häuser zu malen. Obgleich er dabei ziemlich stark Utrillo nachgeahmt hat, gibt es doch heute in Japan nur wenige Maler, die etwas so Fragilem wie der modernen Melancholie so gut Ausdruck geben können. Als Mensch war Matsushiro freilich wertlos. Er lag unter dem Durchschnitt. Falls ich Ihnen hundert Punkte gebe, billige ich ihm nicht mehr als fünfundsechzig zu. Er hat Talent, aber irgendwie ist er schmuddelig, sein Gesicht ist zwar hübsch, aber leider fehlt ihm jeder Adel. Mit der Pfeife im Mund sieht er ziemlich lächerlich aus. Sein Gesicht ist vielleicht das eines zweitklassigen Malers, dessen gute Qualitäten restlos von seiner Arbeit aufgesogen werden.
    Im Frühsommer vorigen Jahres schwärmte ich für Tsumura, den Jockey des Pferdes »Blaue Ehre«, das den Preis des Landwirtschafts-Ministeriums gewann. Damals hatten Ihre Augen einen maliziösen Schein, der mehr nach kalter Verachtung aussah. Als ich im Korridor an Ihnen vorbeiging, glaubte ich zunächst, es spiegelte sich in Ihren Augen das grüne Baumlaub vor den Fenstern, aber dann erkannte ich, daß ich mich bitter getäuscht hatte. Wäre ich vernünftig gewesen, hätte ich mich in meinem Innern vielleicht darauf vorbereiten können, ob es sich mehr empfahl, Sie kühl oder freundlich anzusehen. Aber alle meine Sinne waren damals infolge des geheimnisvollen Zaubers der Schnelligkeit wie betäubt, und so war Ihre mittelalterliche Art, Gefühle auszudrücken, sehr fremd für mich. Und doch hätte ich Ihnen wenigstens einmal den leuchtend reinen Kampfgeist Tsumuras zeigen sollen, der bei seinem Endspurt mehr als zehn Pferde, eines nach dem anderen, überholte. Hätten Sie in diesem Augenblick mit dem Fernglas die Gestalt dieses besessenen, rührenden Wesens (ich meine natürlich Tsumura, nicht etwa die »Blaue Ehre«!) gesehen, wären sicher auch Sie tief aufgewühlt worden.
    Dieser ein wenig verdorben wirkende Junge von zweiundzwanzig Jahren hat, weil ich ihm zusah, unter Anspannung aller Kräfte zweimal seine

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