Das Jagdgewehr
Leistung phantastisch gesteigert. Eine solche Art von Passion sah ich zum ersten Mal in meinem Leben. Weil er sich nach einem Lob aus meinem Munde sehnte, vergaß er auf dem braunen Pferderücken alles um sich her und verwandelte sich in den Dämon der Schnelligkeit. Zweifellos empfand ich damals die größte Freude daran, wenn meine Liebe und es war eine Art von Liebe! – durch seine wie klares Wasser reine Leidenschaft in einer Ellipse von 2270 Metern fast zur Ekstase wurde. Es tut mir heute nicht im geringsten leid, daß ich ihm zur Belohnung für seinen Sieg die drei Diamanten schenkte, die ich durch den Krieg gerettet hatte. Aber der herzbewegende Zauber jenes Jockeys hielt nur so lange an, als er auf dem Pferd »Blaue Ehre« saß; sobald er seine Füße auf den Boden stellte, war er ein komisches, junges Wassergespenst, das nicht einmal den Duft von Kaffee zu würdigen verstand. Natürlich gefiel mir sein auf Pferderücken trainierter, alles riskierender und blinder Kampfgeist mehr als etwa ein Umgang mit dem Schriftsteller Inoo oder mit Mitani, dem ehemaligen Sozialisten. Aber das war auch alles. Und so arrangierte ich schließlich eine Ehe zwischen ihm und einer achtzehnjährigen, wulstlippigen Tänzerin, einem Mädchen, das ich gerne mochte. Ich kam sogar für die Hochzeitskosten auf.
Nun bin ich aber ins Schwatzen geraten und von der Sache abgeschweift. Selbstverständlich habe ich, wenn ich mich im Norden von Kyoto, in Yase, niederlasse, keine Lust, mich vom Leben zurückzuziehen, ich will kein Nonnendasein führen. Sie können sich ruhig Brennöfen bauen und Teeschalen fabrizieren, ich werde Blumen züchten. Ich bin überzeugt, daß ich sie den Blumenhändlern in der Shijo-Straße mit gutem Gewinn verkaufen kann. Mit der Hilfe einer alten und einer etwas jüngeren Dienerin, sowie zwei jungen Damen, die ich mir schon ausgesucht habe, wird es mir leichtfallen, hundert oder zweihundert Nelken zum Blühen zu bringen. Eine Zeitlang wird mein Haus für männliche Besucher allerdings verschlossen sein, ich habe Zimmer mit dem Geruch von Männern satt. Ja, das ist wirklich so! Ich will jetzt ganz neu beginnen und mein Leben so aufbauen, daß ich eines Tages auch mein Glück entdecken werde.
Vielleicht sind Sie erstaunt, wenn ich Ihnen so plötzlich vorschlage, uns nun zu trennen. Aber eigentlich hätten Sie sich schon all die Jahre über wundern müssen, daß ich nie darauf zu sprechen kam. Wenn ich so in die Vergangenheit zurückblicke, vermag ich es kaum zu fassen, wie ich über zehn Jahre lang mit Ihnen habe leben können. Man hat mich wohl da und dort ein wenig leichtsinnig gefunden, und wir erweckten vielleicht den Eindruck eines recht merkwürdigen Ehepaares, aber wir vermieden große Skandale und betätigten uns gut gelaunt als Ehestifter. In dieser Hinsicht habe ich doch Ihr Lob verdient, meinen Sie nicht?
Wie schwer ist es, einen ›Abschiedsbrief‹ zu schreiben! Ich habe keine Lust, nun viel zu schluchzen, aber ich möchte meinen Wunsch auch nicht allzu deutlich äußern. Ich will Sie ganz klar und ohne daß wir einander verletzten, um die Scheidung bitten, aber unversehens schleicht sich zwischen meine Worte eine seltsame Pose ein. Es ist nun doch einmal ein Abschiedsbrief. Wer immer ihn auch schreibt, es kann nichts Schönes daran sein. Und so will ich jetzt absichtlich ganz kalt sein, es soll ein Brief werden, der wirklich nach Trennung und Abschied klingt! Erlauben Sie mir, daß ich entschlossen auch unangenehme Dinge sage, obgleich Sie das noch kaltherziger machen wird, als Sie schon immer gewesen sind!
Es war im Februar 1934. Ich stand, wie ich mich noch heute sehr deutlich erinnere, im ersten Stock des Atami-Hotels und sah von meinem Zimmer aus, wie Sie, in einem grauen Anzug, unterhalb meines Zimmers am Strand spazierengingen. Die ganze Geschichte liegt so weit zurück, daß sie mir schon fast wie ein Traum erscheint. So hören Sie mir, bitte, ruhigen Herzens zu! Wie schmerzlich mich damals der blaugraue Haori-Überwurf mit den Distelblumen-Mustern berührte, den die große, hübsche Frau trug, die hinter Ihnen einherging! Ich hatte wahrhaftig nicht damit gerechnet, daß sich meine schlimmen Ahnungen so präzise erfüllen würden. Um zu erkunden, ob mich mein seltsames Vorgefühl trog oder nicht, war ich in der Nacht zuvor mit dem Schnellzug, furchtbar durchgerüttelt und schlaflos, nach Atami gefahren. Wenn ich ein schon abgedroschenes Wort gebrauchen darf: wäre alles ein Traum gewesen,
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