Das Jahr auf dem Lande
geschäftliche Kontakte aufnehmen. Es war schon immer mein Prinzip, den ortsansässigen Handel zu unterstützen«, erwiderte Adrian und gab sich damit als harter Pionier, der das Leben im Hinterland gewöhnt war. Der Ladenbesitzer musterte ihn respektvoll. Ganz offensichtlich ein zäher alter Knochen...
Sie kamen spät zu Hause an, und alle außer Adrian waren ein bißchen müde. Er war in Hochstimmung, aber wie lange würde das anhalten?
Zur gleichen Zeit saß der Ladenbesitzer von Eldado mit seiner Frau im Wohnzimmer, nach einem langen Arbeitstag. »Medway — Medway...«, sagte Mavis Belton, eine leidenschaftliche Leseratte. »Ein ungewöhnlicher Name. Ob er wohl was mit dem Mann zu tun hat, der diese netten, anständigen Bücher schreibt? Du weißt doch — die Romane, die in so viele Sprachen übersetzt wurden. Was meinst du, Bruce?«
»Ich kann mir nicht denken, daß unser Medway ein Schriftsteller ist. Der Bursche ist Farmer, durch und durch praktisch veranlagt. Der ist ganz bestimmt kein Bücherwurm.«
Adrian hätte sich sehr gefreut, wenn er das gehört hätte, denn es zeigte doch, daß er sich seinem neuen Leben schon erfolgreich angepaßt hatte.
3
A m nächsten Tag sagte Christine: »Nun können wir wenigstens Onkel Josephs Möbel verwenden und brauchen keine Lagergebühren mehr dafür zu bezahlen. Es sind zwar viktorianische Möbel, und sie passen nicht so recht zu einem Farmhaus, aber der viktorianische Stil ist zur Zeit sehr in Mode, und so sind wir immerhin up to date.«
Die Familie war einverstanden, und Adrian, der diese Möbel immer gehaßt hatte, sagte lächelnd: »Wie klug von mir, daß ich damals Wert auf die schönen Sachen gelegt habe.« Daß er dieses Erbe damals als »unerträgliche Last« empfunden hatte, erwähnte er natürlich nicht.
Bald waren die erforderlichen Papiere unterzeichnet, und »Gipfelkreuz« gehörte ihnen. Robert hatte seine Stellung auf der Farm im Süden gekündigt und mit Sam gesprochen, der später einen Job auf »Gipfelkreuz« annehmen sollte. Alle waren schrecklich beschäftigt, und Robert sagte zu seiner Schwester: »Der Umzug würde uns viel weniger Mühe machen, wenn sich Adrian aus allem raushielte.«
»Genau. Er macht soviel Wirbel und zerbricht alles, was er anfaßt. Aber wie können wir ihn denn loswerden?«
Als Christine zu Rate gezogen wurde, war auch sie der Meinung, daß Adrian keine Hilfe beim Umzug sei, aber man könne ihm natürlich nicht sagen, daß er nur im Weg stehe. »Er freut sich doch so.«
»Ich frage mich nur, ob es wirklich eine gute Idee ist, mit Adrian aufs Land zu ziehen«, sagte ihre Tochter seufzend. »Er ist doch so abhängig von seinen Mitmenschen. Er verflucht sie zwar, wenn sie ihn stören, aber dann unterhält er sich stundenlang mit ihnen. Und wenn sie was ganz Triviales sagen, leuchten seine Augen plötzlich auf, er läuft aus dem Zimmer, und Sekunden später hört man die Schreibmaschine klappern. Die Leute haben ihn immer inspiriert. Das wird er sehr vermissen.«
»Wahrscheinlich, aber er wird auch auf dem Land Leute finden. Er ist nun einmal entschlossen, es zu versuchen, aber nur für ein Jahr. Das habe ich ihm klargemacht. Danach gehe ich in die Stadt zurück.«
»Wie schön für dich! Und ich?«
»Möchtest du nicht irgendeinen Job annehmen? Du brauchst dich nicht dazu verpflichtet fühlen, dich mit deinen Eltern auf dem Land zu vergraben.«
»Erst einmal komme ich mit. Es ist immerhin eine Abwechslung, und ich kann mir in >Gipfelkreuz< in Ruhe überlegen, wie ich Karriere machen werde.«
»Du kannst wirklich froh sein, daß dein Vater ein so erfolgreicher Schriftsteller ist, sonst müßtest du dir ein bißchen eher Gedanken über deine Karriere machen. Daß du dir deinen Lebensstil leisten kannst, den Ponyklub und die vielen neuen Kleider, hast du nur Adrian zu verdanken. Es macht ihm nicht unbedingt Spaß, diese seichte Unterhaltungsliteratur zu fabrizieren. Er würde gern etwas Ernstes schreiben, einen anspruchsvollen Roman, der wahrscheinlich weniger Erfolg brächte. Und deshalb verzichtet er — seiner Familie zuliebe.«
»So habe ich das noch gar nicht gesehen.«
»Dann wird es aber Zeit. Adrian hat den Journalismus immer gehaßt, und als er seinen Vater beerbte, hatten wir genug Geld zum Leben, und er konnte den Job bei der Zeitung aufgeben. Nur so zum Spaß schrieb er zwei leichte Romane, die sofort einschlugen. Und so sah er sich zu diesem Stil verurteilt und blieb dabei. Adrian mag dir
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