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Das Jahr der Krisen

Das Jahr der Krisen

Titel: Das Jahr der Krisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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konzentrierte er sich darauf, sein Frühstück zu beenden, so wenig es ihm jetzt auch schmeckte. Ganz gleich, wie trivial diese Aufgabe geworden war, wenigstens handelte es sich dabei um ein vertrautes Ereignis. Es half, sein Gefühl für das Gleichmaß der Realität wiederherzustellen.
     
    Sal Heim wandte sich vom Fernsehapparat ab und ließ seiner Gefühlsregung in einer Explosion von Worten freien Lauf. »Ruf jemanden an«, sagte er zu seiner Frau. »Ruf Jim Briskin an. Nein, warte: Ruf Bill Schwarz im Weißen Haus an. Ich werde selbst mit ihm sprechen. Dies ist ein nationaler Notfall; jeder Blinde mit Krückstock kann das sehen. Jetzt ist es vorbei mit der Parteiloyalität – du kannst dir die Nase damit putzen. Laß es mich wissen, sobald du Bill Schwarz an der Leitung hast.« Er wandte sich wieder dem Fernseher zu.
    »Ich kann nicht nur durch Holz oder über Wasser gehen«, sagte der große, alte Peking-Mensch auf dem Bildschirm. »Sondern ich kann auch die Zeit aufheben.«
    Meine Güte, dachte Sal. Das ist ja furchtbar. Sie können alle möglichen Dinge, die wir nicht können. Sie sind uns Jahrhunderte voraus. Wer von uns könnte die Zeit aufheben. Niemand. Er stöhnte laut.
    Pat sagte hektisch: »Ich kann Präsident Schwarz nicht erreichen. Die Leitungen sind blockiert. Jeder muß …«
    »Natürlich«, sagte Sal. »Die Behörden wissen, was dies bedeutet. Der Versuch, zu Schwarz durchzukommen, ist hoffnungslos. Er wird selbst ins Fernsehen kommen müssen – er muß der Nation sagen, daß zwischen uns und diesen Frühzeitmenschen der Kriegszustand ausgebrochen ist. Oder läuft dieses Zeug auf allen Kanälen?« Hastig drehte er am Knopf. Dasselbe Bild erschien auf jedem anderen Kanal; der Satellit überlagerte die anderen Sender. Er war nicht überrascht. Ich hätte es mir denken können, sagte er mit scharfer Bitterkeit. Als nächstes werden wir sie auf dem Vidphon empfangen.
    »Aber noch wichtiger als alles andere«, sagte der weißhaarige Peking-Mensch auf dem Fernsehschirm, »ist, daß ich äußerst wunderbare, mächtige Magie bewirken kann. Denn ich bin ein mächtiger Zauberer. Ich kann die Sterne vom Himmelsgewölbe fallen und Verwirrung die Augen aller meiner Gegner blenden lassen. Was entgegnest du hierauf, winziger Homo sapiens? Du hättest dies bedenken sollen, bevor du unsere Welt belagertest. Facilis descensus Averno. {2} Du siehst, durch den Gebrauch meiner übernatürlichen Kräfte, die deiner kleinen Rasse völlig unbekannt sind, kann ich deutsch sprechen.«
    »Lateinisch«, murmelte Sal. »Du verdammter Dummkopf von einem Frühzeitmenschen – das ist Latein. Du bist also doch nicht allwissend. Verschwinde vom Bildschirm, damit dir Präsident Schwarz den Krieg erklären kann.« Das Bild blieb jedoch.
    Patricia stand neben Sal und sagte: »Ich schätze, das erledigt Jim bei den Wahlen.«
    »Habe ich gerade eben nicht klargemacht, daß die Partei nichtmehr zählt?« Er funkelte sie an, und Pat wich zurück. »Wenn wir damit fertig werden wollen, müssen wir in völlig neuen Bahnen denken – alles ist verändert. Mir ist eine interessante Sache aufgefallen. Als George Walt redeten, haben sie uns als ›ihr Homo sapiens‹ bezeichnet. Heißt das, daß sie keine sind?Mein Gott, man kann kein konvertierter Sinanthropus werden; das ist nicht wie in der Kirche. Ich muß wirklich mit jemand anders als dir darüber reden«, sagte er verletzend zu seiner Frau. »Mit jemand, der mir Antworten geben kann.«
    Pat sagte: »Wie wäre es mit …«
    »Warte!« Er wandte sich wieder dem Fernsehschirm zu. George Walt war wieder zu sehen. »Sie sehen älter aus«, sagte Sal. »Ich kann mich nicht mehr erinnern, welcher von ihnen der künstliche Körper ist. Der rechts, wenn ich mich richtig entsinne. Der echte hat bestimmt eine gute Arbeit geleistet, um ihn wieder zusammenzubekommen, nachdem wir ihn in Stücke gerissen haben.« Er kicherte. »Da haben wir ihnen Beine gemacht. Unser schönster Augenblick.« Er wurde wieder grimmig. »Zu schade, daß wir das jetzt nicht tun können.«
    »Weißt du, wen anzurufen ich dir vorschlage? Tito Cravelli. Er scheint immer herausbekommen zu können, was los ist.«
    »Okay.« Er nickte abwesend. »Gib mir das Phon; ich werde Tito anrufen.« Dann stand er auf. »Nein, ich werde es selbst holen. Warum solltest du mich bedienen?« Am Vidphon stoppte er und drehte sich zu ihr um. »Ich bin sicher, es ist der rechte. Weißt du, ich wette, daß in diesem Augenblick jeder, sogar

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