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Das Jahr der Maus

Das Jahr der Maus

Titel: Das Jahr der Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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möglich, irgendwie mit den experimentellen Strahlen die vor uns liegende Geometrie zu manipulieren? Die Lichtkegel weit genug zurückzukippen, daß wir den Planckabschnitt umgehen? Einige Milliarden Jahre um die Singularität herum zurückzukreisen, bis zum Big Crunch oder bis das Loch sich durch die Hawking-Strahlung verflüchtigt?«
    Vikram war einen Augenblick lang perplex, dann fing er an, Software zu starten. Sachio und Tiet eilten ihm zu Hilfe. Gemeinsam suchten sie nach Wegen, die Berechnungen abzukürzen. Gisela sah ihnen dabei wie auf Wolken schwebend zu, sie wagte es kaum zu hoffen. Jede Möglichkeit auszuloten konnte mehr Zeit beanspruchen, als ihnen noch zur Verfügung stand. Doch dann entdeckte Tiet eine Möglichkeit, ganze Netzwerkklassen in einer Berechnung zu überprüfen, womit die gesamte Berechnung um das Tausendfache beschleunigt wurde.
    Traurig verkündete Vikram das Ergebnis: »Nein. Es ist nicht möglich.«
    Cordelia lächelte. »Das ist in Ordnung. Ich war nur neugierig.«
     
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    Originaltitel: ›THE PLANCK DIVE‹ • Copyright © 1998 by Greg Egan • Erstmals erschienen in ›Asimov’s Science Fiction‹, Februar 1998 • Mit freundlicher Genehmigung des Autors, der Curtis Brown Group, London, und der Agence Hoffman, München • Copyright © 2000 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München • Übersetzt von Isabella Bruckmaier
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Ivana Holzbachová • Tschechien
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EIN UNERWARTETES ANDENKEN
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    Ein unerwartetes Andenken
    Beilage der Archivblätter 1874, X.2
     
    Das Tagebuch, das wir hier dem Leser vorlegen, ist eine schriftliche Fassung der im Zentralarchiv Eden gefundenen Tonaufnahme. Die von Störungen verursachten Unterbrechungen sind nichts weiter als (– – –) Pausen, die man als natürliches Ausschweigen betrachten kann. Sie sind mit (…) gekennzeichnet.
    Der Kommentar des Herausgebers ist durch Klammern von Text abgetrennt.
    235 LM 07
     
    Immer noch denke ich an den Traum von vorgestern. Heute nachmittag hatte ich mir ein wenig Zeit aufgespart und setzte mich mit der Zentralbibliothek in Verbindung. Über eine Stunde dauerte es bei ihnen, bis sie irgendwo herausgestöbert hatten, was das ist, ein Pferd: ein vierbeiniges Tier, das einmal auf der Erde gelebt hatte, und die Erdbewohner waren fähig gewesen, auf ihm zu fahren, sie nannten es ›das Reiten‹. Der Bibliothekar fand sogar eine Bildaufnahme. Die Erdbewohner waren uns ähnlich. Sie waren nur von weit geringerer Größe und auch häßlicher als wir.
    Aber das Tier! Als ich seine Bewegungen beobachtete, wurde mir bewußt, daß die Schläge seiner Beine auf dem Boden tatsächlich ein Geräusch hervorrufen konnten, wie ich es damals gehört hatte. Aber was waren die anderen Sinneswahrnehmungen? Die Aufnahme zeigte einen Schwung in irgendeinem Rundraum mit einem merkwürdigen Fußboden. Mit einem Schüttmaterial war er bedeckt, vielleicht mit Sand.
    Das, was ich im Traum fühlte, war eher dem Wind auf den Wiesen der Setra ähnlich. Aber auf der Setra lebten nie Pferde und hatten wahrscheinlich auch nie gelebt. Und wieso bin ich aus dem Traum erwacht und aufgesprungen, als ich das Hufgetrappel hörte? Und was suchte ich an seiner Seite? Und wie konnte in meinen Gedanken das Wort ›Pferd‹ auftauchen, ein Begriff, den ich nie gehört hatte, der übrigens einem halbvergessenen Dialekt der Erde entstammte?
     
    235 LM 09
    Die Zentrale hatte wieder ihre Forderung nach Erz erhöht. Neue Arbeiter und Maschinen bekam ich natürlich nicht. Ich sollte nach Eden fahren, doch ich war überzeugt, daß ich den Eds nie erklären könnte, daß wir zur Leistung von mehr Arbeit schon gar nicht mehr fähig waren. Verlieren die während der Verwandlung das gesamte Gedächtnis? Sind sie sich nie bewußt, daß sie früher auch einmal Menschen gewesen sind?
    Darüber hinaus die Unannehmlichkeiten während des Gravitationssprungs. Nein, ich führe nicht. Vielleicht gelänge es Raf, die Superautomatik zu rekonstruieren. Deren Einsatz könnte die Probleme bis zur nächsten Forderung lösen.
     
    235 LM 15
    Endlich zu Hause. Ich hoffe, als Ed werde ich mich in Eden besser fühlen. Doch bisher hatte mich der Blick auf den quatschigen Aspik, der sich in einer Suppenatmosphäre bewegte, nur bedrückt. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß ich mich einmal in so etwas verwandeln sollte. Als ob wir zu unterschiedlichen Lebensarten gehörten. Aber auch der Schmetterling erinnert nicht allzu sehr an eine Larve

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