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Das Jahr der Woelfe

Das Jahr der Woelfe

Titel: Das Jahr der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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»Eine Angel kann ich machen«, prahlte er.
    Da bot Marian an: »Wir könnten zusammen fischen.«
    »Aber mein Vater …«, sagte Konrad und blickte Marian in die Augen.
    »Was hat er?«
    »Du bist Pole, ich bin Deutscher.«
    »Ach ja.« Marian biss heftiger auf seinen Halm. Schließlich sagte er:
    »Aber du hast eine Angel und ich den Fischteich.«
    »Ja.«
    »Wirst du kommen?«
    Konrad überlegte. Marian gefiel ihm. Was hindert mich?, dachte er. Er ist ein Pole, gut. Ich bin Deutscher, auch gut. Und was mehr?
    »Ja, morgen werde ich kommen.«
    Eine Stimme schrie vom Gehöft her. Marian erhob sich.
    »Meine Schwester Loschka«, sagte er.
    »Bis morgen, Marian.«
    »Bis morgen, Konrad.«
    Konrad sah ihm nach, wie er durch das hohe Gras watete. Der tote Fisch in seiner Hand streifte die braunen Halmspitzen. Die Butterblumen schlugen hinter ihm zusammen. Einen dunkelgrünen Pfad pflügte er in die Wiese. Konrad blickte auf die Uhr. Er musste zur Mühle zurück.
    Albert vertraute er seine Geschichte an. Und dem auch nur, weil irgendjemand ihm die neununddreißig Pferdehaare aus Nikolais Schweif halten musste, während er die Schnur mit flinken Fingern schlang. Der Angelhaken wurde aus einer Sicherheitsnadel gebogen und so gefeilt, dass ein winziger Widerhaken entstand.
    »Morgen essen wir Fisch«, verkündete er schließlich stolz.
    »Bleib nur dicht beim Haus«, warnte der Müller.

31
    Zwischen Tag und Schlaf saßen die Männer eine Weile auf der rohen Bank vor der Mühle. Wildgänse zogen südwärts und ihre rauen Schreie hallten. Im Westen brannte ein dunkles Abendrot. Die Spinnen zogen ihre Netze dichter und nutzten die letzten Tage des Altweibersommers.
    »Gutes Wetter wird es geben«, sagte der Müller.
    »Es sieht aus wie der Brandhimmel über Braunsberg«, fiel Konrad ein. »Um diese Zeit feierten wir Schützenfest in Leschinen«, erzählte Vater. Konrad erinnerte sich dunkel an einen Tanzboden im Wald, an Würstchenbuden und das Kinderkarussell mit den hölzernen Schimmeln und dem Feuerwehrauto. »Hedwig wurde es immer schlecht auf dem Karussell«, sagte er.
    Vater lachte. »Aber sie quälte trotzdem so lange, bis Großvater ihr einen Groschen gab.«
    »Wie spät ist es?«, fragte der Müller und gähnte.
    Konrad hielt seine Uhr ans Licht und antwortete: »Gleich halb zehn.«
    »Ich krieche in die Federn.« Der Müller stand auf, reckte sich und wünschte »Gute Nacht«. Hubertus schloss sich ihm an. Vater und Konrad saßen schweigend nebeneinander. Die Nachtkälte kroch über den Hof und stieg ihnen in die Beine. Vater erhob sich ebenfalls. Ihn fröstelte.
    »Sieh, das Sternbild des Großen Wagens, Junge«, sagte er und wies Konrad mit der Hand das Zeichen.
    »Ich kann den Nordstern schon finden, Vater. Er liegt in der Verlängerung der hinteren Achse, fünfmal tiefer.« Er suchte am klaren Himmel und rief: »Dort ist er, Vater. Er glänzt hell und funkelt.«
    »Ja. Da ist Norden, Junge.« Dann drehte sich Vater ein wenig und sprach: »Und dort über dem Roggenschlag, dort liegt Leschinen.« Eine Weile stand er stumm. Dann ging er ins Haus. Es ist ein gastliches Haus, dachte er. Mit keinem Blick lässt uns der Müller fühlen, dass wir eine Last für ihn und seine Familie sind. Und doch, es bleibt mir ein fremdes Haus.
    Konrad war es leichter gefallen, sich in Birkow einzuleben. Mühle und Stall, Haus und Schlucht hatte er bis in den letzten Winkel mit Albert und Hedwig durchforscht. Besonders das hölzerne Räderwerk der Mahlstube hatte es ihm angetan. Lange konnte er dort auf einer Holzkiste sitzen und zuschauen, wie die Zahnräder sich knarrend drehten und ineinander griffen, wie die schweren Mühlsteine sich bewegten und die Körner zu Mehl zerquetschten.
    Konrad lag lange wach in dieser Nacht. Die schrillen Schreie der Graugänse saßen ihm noch in den Ohren. »Sie flogen über Leschinen, über den Fluss.« Bilder vom verschneiten Fichtenwald, von der Schulstube in Prawusen und von klingenden Schlittengespannen begleiteten ihn bis in den Schlaf.
    Wenig nach Mitternacht schreckte er auf. Harte Fäuste schlugen gegen die Tür. Vater öffnete und blickte in die Mündungen von drei Maschinenpistolen. Ein halbes Dutzend polnischer Soldaten drängten sich in den Flur.
    Plünderer, dachte Konrad und tastete nach der Uhr. Wir hatten lange Ruhe.
    »Kontrolle«, maulte ein Soldat und fuchtelte mit der Waffe. Er sah müde und verärgert aus.
    »So begannen viele Plünderungen«, tröstete sich Konrad. Aber dann sah

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