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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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lässt du dir noch den Tausender von Berti geben«, mischte sich Bülent ein. In seinen Augen lag offene Feindseligkeit.
    »Wer bist du überhaupt? Das ist ’ne Sache zwischen mir und Hans.« Leo probierte die überhebliche Weise.
    »Das ist mein Partner«, sagte ich. »Und ich glaube, sein Einwand ist gar nicht so blöd.«
    Es war nicht genau zu erkennen, ob die zunehmende Röte in Leos Gesicht der Empörung oder der Unsicherheit entsprang, zumindest gab er sich beleidigt. »Für dich mag ich ja ein Arsch sein, meinetwegen auch ein Versager – aber ich bin nicht link. Solchen Scheiß mach ich nicht. Du wirst auf dem ganzen Kiez keinen finden, der behaupten würde, ich hätte schon mal einen gelinkt.«
    Längeres Schweigen. Bülent und ich sahen uns an, verstanden uns ohne Worte und nickten uns gleichzeitig zu.
    »Okay, Leo«, sagte ich dann. »Wir werden uns darauf einlassen, dir also vertrauen. Geh mal kurz pissen.«
    »Wieso soll ich pissen?«
    »Kannst auch wichsen oder dir im Arsch pulen. Du sollst nur nicht alles sehen, Mann, kann doch nicht so schwer zu verstehen sein.«
    »Ach so, ja, kapiert.«
    Als Leo auf dem Klo mit irgendwas beschäftigt war, holte ich die Blüten und legte noch zwei echte Hunderter dazu.
    »Du willst ihn bescheißen?«, flüsterte Bülent. Er sah aus, als fände er das gar nicht gut.
    »Er wird uns auch bescheißen. Vielleicht noch nicht heute. Aber spätestens wenn er die Hälfte der Kohle verbraten hat.
    »Wenn man ihm nicht schon vorher ganz übel die Fresse poliert, weil die Bardame oder einer, dem er Kohle schuldet, feststellt, dass es Blüten sind.«
    Wir flüsterten zwar, warfen aber ständig Blicke auf die Klotür. Ich schüttelte den Kopf. »Keine Sau sieht sich jeden Hunderter an, der durch ihre Hände wandert, und wer kennt sich schon so gut mit Dollar-Scheinen aus? Die sind ja ganz gut gemacht. Der Perser musste sie ins Licht halten, um die Fehler zu entdecken.«
    Beide Hände hebend sagte Bülent, er sei, im Gegensatz zu mir, mit diesem Milieu nicht vertraut, außerdem sei ich bedeutend älter als er.
    Beinahe hätte ich ›mach dir keine Sorgen‹ gesagt, konnte mich aber rechtzeitig bremsen. Es gab eine Reihe von Gründen, die zur Besorgnis geradezu einluden – nicht zuletzt die politische Lage, der forcierte Bau von Atomkraftwerken, die zunehmende Verbreitung der Punk-Musik, aber vor allem natürlich Berti, der seine Bluthunde auf mich angesetzt hatte und jeden Abend mit seinen Kumpels in einer Bar verbrachte, die lediglich, sagen wir, 800 Meter von meiner Wohnung entfernt war.
    Nachdem Leo mit dem Geld, einem glücklichen Gesichtsausdruck und einem geträllerten »Kannst dich auf mich verlassen, Alter«, dem üblichen Gesülze also, abgezogen war, saßen wir, oralfixiert an Zigaretten saugend und immer noch von der Sonne beschienen, am Tisch, vor uns hinstarrend, ganz nah zusammen, doch gedanklich weit von einander entfernt. Diese Stille. Mir fiel jetzt erst auf, dass die Kassette zu Ende war. Umdrehen? Anderes Band? Scheiß auf Musik. Auf einmal hielt ich es für krankhaft, für geradezu neurotisch, jede noch so beschissene Lebenslage mit der dazu passenden Musik untermalen zu wollen.
    Ich sollte ein paar Poster an die Wände hängen, überlegte ich und hätte über diesen Gedanken fast gelacht. Wie absurd. Und dennoch schwebten einige Motive durch meinen Kopf: Bilder von Dali, von Magritte, das Woodstock-Poster, Jugendstil-Bilder von Beardsley. Das Zeug hing in fast allen Wohngemeinschaften, klar, aber ich kannte die Bilder nur aus Zeitschriften, die ich während meiner sieben Jahre in die Finger bekommen hatte. Damals waren sie immerhin wesentliche Details in meinem Traum von einem perfekten Zuhause gewesen.
    »Wir müssen schnellstens von hier verschwinden!« Bülents Stimme zerriss die Stille wie eine Alarmsirene.
    »Wir?« Ich lehnte mich, um Distanz bemüht, zurück, sah ihn mit schmalen Augen an. »Was heißt
wir
?« Natürlich ahnte ich, was gemeint war.
    Bülent lehnte sich ebenfalls zurück – nicht um wie ich Distanz zu schaffen, sondern, wie ich annahm, wegen der souveräneren Position. »Ich werde mit dir verschwinden. Hab ich mir schon genau überlegt. Erstens, weil das Arschloch, dieser Leo, mich jetzt kennt, zweitens, weil mein Vater, noch immer und bis zu seinem Tod gehorsamer türkischer Staatsbürger, von mir verlangt, dass ich in der Türkei den Scheiß-Militärdienst abreiße, drittens kotzt mich die Arbeit in dem Scheiß-Gemüseladen so

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