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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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Grinsen, das sofort verschwand, während unsere Gesichter, selbst das des Katers, vereisten, als die Türklingel schrillte.

B ESCHISSENE W EIHNACHTEN ALLSEITS
    »Wer ist da?« Leider keine Spur von Forschheit in meiner Stimme.
    Bülent hatte die Pistole nicht wieder zurückgelegt, wie ich feststellen musste, zog sie hastig aus seiner Jacke, lud sie, zweifellos um mir zu imponieren, betont lässig durch, ich überlegte kurz, ob ich mich darüber freuen oder davor fürchten sollte und bedeutete ihm mittels hektischer Handzeichen, ruhig Blut zu bewahren.
    »Mach auf, ich muss mit dir reden! Ich bin’s, Leo.«
    Bülent sah mich fragend an, ich verzog verächtlich das Gesicht. »Bist du allein?«, fragte ich durchs Schlüsselloch.
    »Logo, Alter, mach schon!«
    »Wenn er nicht allein ist«, flüsterte ich dem Türken ins Ohr, »musst du womöglich schießen. Oder soll ich die Waffe nehmen?«
    »Geht schon in Ordnung.« Bülent wirkte entschlossen wie der Spartanerkönig Leonidas am Thermopylen-Pass.
    So geräuschlos wie möglich drehte ich den Schlüssel um, einen großen Schlüssel in einem steinalten Schloss – und riss die Tür weit auf.
    Leos ohnehin blasser Teint wurde kalkig, die Augen traten hervor und stierten verunsichert auf die Mündung der Waffe.
    »Komm rein. Willst du einen Kaffee?«
    Diese Frage, gepaart mit der Feststellung, nicht sogleich umgelegt worden zu sein, schien ihn extrem zu erleichtern. »Kaffee wär super, oh ja, Mann, danke.« Er war unrasiert, die Haare hatte er achtlos nach hinten geklatscht und auch sonst sah er ungepflegt aus: Flecken auf dem weißen Hemd, der Kragen war fettig. Dreck unter den Fingernägeln. Vielleicht macht er sich nur abends fein, dachte ich kurz und empfand den Gedanken sofort als in dieser Situation völlig überflüssig, und dabei fiel mir auf, dass auch die Bewertung dieses Gedankens zur Zeit unpassend war, denn ich befand mich ja im Krieg, was meine ganze Konzentration erforderte.
    Wir setzten uns an den Tisch, über dem Rauchschlieren und Staubpartikel im Sonnenlicht schwebten. Bülent legte die Waffe neben sich, in seinen auf Leo gerichteten Augen lag genau der Ausdruck, den ich hundertmal vorm Spiegel geprobt und nie richtig hingekriegt hatte, diese ausgewogene, Herablassung, Härte und Wahnsinn suggerierende Mischung, echt klasse, ein Naturtalent, ich war beeindruckt.
    Auf ein Blick-Duell ließ sich Leo natürlich nicht ein, so was lag ihm nicht. Er sagte: »Ganz nette Bude hier.«
    »Woher weißt du, wo ich wohne?«
    Er zuckte grinsend, doch unter der Angespanntheit verbarg sich, nachlässig getarnt, Triumph oder einfach nur Verschlagenheit, auf jeden Fall die Gewissheit, gute Karten zu haben. »Ich bin dir neulich gefolgt, als du völlig breit nach Hause getorkelt bist, einfach so, aus Neugier, ohne Hintergedanken, ehrlich. Davon hab ich natürlich keinem was gesagt. Wieso auch?« Er beugte sich vertraulich vor. »Ich bin kein Freund von Berti. Weißt ja, wie der mich behandelt. Macht einen auf Pate und so’n Scheiß, der große Berti. Ist in Wirklichkeit ein Furz gegen Leute wie Wilfrid Schulz, ihr wisst schon, Frieda, der echte Pate, der vor kurzem acht Wochen in U-Haft saß. Und jetzt glauben einige Wadenbeißer wie Berti und Co., Frieda sei auf dem absteigenden Ast. Noch halten sie sich zurück, aber sie scharren schon mit den Hufen und blähen sich auf. Und dann kommt so was.« Leo kicherte uns, sein Publikum, bewundernd an. »Jemand linkt ihn um 100 000 Dollar und lässt ihn dadurch ziemlich alt aussehen. Auf einmal ist er schwer angeschlagen, denn die Story ist in einem Affentempo auf dem ganzen Kiez verbreitet worden, keine Ahnung von wem, kann sich ja nur um einen aus seiner engsten Umgebung handeln.« Er lachte so kurz, dass es wie ein Rülpser klang. Dann, ganz ernst und wichtig: »Berti hat vor Wut gekocht, hat ein paar richtig derbe Typen auf dich angesetzt, unter anderem auch Sven, du weißt ja, den Wikinger, und verspricht jedem, der dich ausfindig macht, einen Tausender. Mir hat er auch einen Tausender angeboten. Ein Riese ist ’ne Menge Holz für mich. Versteh mich nicht falsch, aber …«
    »Erpressen willst du mich aber nicht?« Ich grinste und hoffte, dabei teuflisch auszusehen, reckte den Kopf herausfordernd vor und starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
    »Darum geht’s doch nicht. Das ist ein fairer Deal. Ich will ja keine zehn Prozent von der Summe. Wenn du mir zwei Tausender gibst, bin ich voll zufrieden.«
    »Und danach

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