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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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weibliche Stimme, begleitet von klatschenden Geräuschen, die unangenehme Gefühle hervorriefen, als schlüge ein Drecksack auf eine Frau ein.
    »Du hast tatsächlich sadistische Neigungen? Und warum hab ich das noch nicht bemerkt? Na gut, du kratzt und beißt manchmal. Aber sonst? Peitsche, Rohrstock …? Ich meine, das mit den Handschellen würde mich reizen.«
    Sie trank aus meinem Glas, in dem ein paar Tabakkrümel schwammen und dessen Rand mit Pizzazutaten behaftet war. »Weil ich bei dir solche Empfindungen einfach nicht habe. Es sind die anderen Männer, die tagsüber perfekt funktionierenden Manager, Anwälte, Zahnärzte, Architekten, denen ich lustvoll die Stiefelsohle auf den Nacken setze …«
    Betretenes Schweigen. Wir ahnten beide, dass sie damit mehr als gewollt von sich preisgegeben hatte.
    Als glaubte sie, sich rechtfertigen zu müssen, sprach sie weiter: »Es ist nicht so, dass ich damit insgeheim Männer bestrafen will. Es gibt kein Vergewaltigungs-Trauma und auch nicht den unverarbeiteten Hass auf meinen Vater. Alles Quatsch. Küchen-Psychologie. Und eine erotische Beziehung hab ich ganz und gar nicht dazu. Es ist ein Spiel, mehr nicht. Ich bin die Herrin, und der Anwalt oder Makler, der tagsüber gestresst ist und sich verstellen muss, darf bei mir seine andersartige Sexualität ausleben. Alles normal, völlig sauber.«
    Das Geschrei und die Klatschgeräusche von nebenan waren lauter geworden, drangen provozierend oder vielleicht auch wie eine willkommene Ablenkung in meinen Kopf – und ich erhob mich aufgewühlt mit einem Knurren. »Da schlägt irgend so’n Arsch eine Frau. Ich geh da jetzt hin, verdammte Kacke.«
    »Pass auf«, mahnte Doris, wohl wissend, dass sie, natürlich ungewollt, durch ihre Enthüllungen den harten Kerl in mir hervorgeholt hatte. »Die ziehen da vielleicht nur die umgekehrte Variante ab, du weißt, was ich meine – Dominus und Sklavin. Nicht unser Bier.«
    »So ein Quatsch«, knurrte ich genervt und stürmte hinaus, hatte mich ja längst in die Wut auf das Schwein von nebenan hineingesteigert, wusste zwar nicht, was mich erwartete, aber der Schwung trug mich flott bis zur Nachbartür, obwohl sich in mir erste Bedenken meldeten. Dreimal klatschte meine Handfläche gegen die Tür, die erstaunlich schnell aufgerissen wurde. Ein Koloss von der Größe eines mittleren Bismarck-Denkmals füllte den Türrahmen aus. Nichts als Muskelwülste. Ach, du Scheiße, dachte ich. Lange Haare, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, Oberlippenbart, dessen Enden bis zum Kinn reichten, über der Brust verschnürtes, kurzes Lederhemd, enge Lederunterhose mit Reißverschluss im Schritt, Lederstiefel, auf dem brutalen Gesicht lag, wie eine dicke Schicht Schminke, eine Mischung aus Zorn und Verachtung.
    »Was willst du Kasper?«
    Ich redete mir ein, ich müsse jetzt Rückgrat zeigen. Meine Stimme zitterte allerdings. »Würden Sie bitte gefälligst in Zimmerlautstärke schreien? Ein wenig Rücksicht …«
    Eine Riesenpratze schoss vor, ergriff mein linkes Ohr und behandelte es wie Knetmasse. Zynisches Grinsen. »Weißt du, wer ich bin, du Würstchen? Ich bin ein böser, mächtiger Mann.«
    Die Riesenhand zog das Ohr, an dem ich hing, durchs Zimmer – am Bett vorbei, auf dem eine erstaunt blickende nackte, mit Kerzenwachs beträufelte Frau mit Klammern an den Brustwarzen, einer dicken brennenden Kerze auf dem Bauch und einer Zigarette zwischen den Fingern breitbeinig lag – bis zum Fenster, neben dem malerisch eine weitere Kerze auf einem Leuchter so was wie makabre Gemütlichkeit verbreitete.
    Der Riese drückte meine Nase gegen die Fensterscheibe. »Guck raus, du Arschloch! Siehst du den roten Mercedes 450 SEL da unten? Das ist meine Karre, verstehst du? Jeder hier im Viertel kennt mich und dieses Auto. Und jeder weiß: Man darf den Knochenbrecher-Rudi auf keinen Fall verärgern, man darf sein Auto nicht anfassen und man darf ihn nicht beim Sex stören – auch nicht in so ’nem Scheißhotel wie diesem! Weil dieses Scheißhotel wem gehört? Richtig. Dem Knochenbrecher-Rudi!«
    Geiles Auto, daran gab’s nix zu rütteln, obwohl mir, dem Bankräuber-Hansi, vor Angst so richtig nach Kotzen zumute war. »Entschuldigen Sie, Herr Knochenbrecher-Rudi, das hab ich nicht gewusst; es hat sich nebenan schon irgendwie komisch angehört, aber wie ich sehe, gehen Sie mit ihrer Freundin ja ganz einvernehmlich und offenbar phantasievoll einer Freizeitbeschäftigung nach, völlig normal, ja, also

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