Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
wissen ja gar nicht, wer, zur Hölle, dieses beschissene Rudi-Arschloch überhaupt ist.«
    »Für eine Gottgläubige fluchst du aber verdammt oft«, tadelte ich sie nicht etwa ironisch, sondern weil ich diese Schimpfwort-Dichte in nur zwei kurzen Sätzen als ordinär empfand. Doch ich steuerte den nächsten Rastplatz aus anderen Gründen an.
    Wir wurden schnell fündig. Unter dem Boden des Kofferraums. »Ach, du heilige Scheiße«, stieß ich hervor. Was wir fanden, verursachte zumindest in mir einen Wirbelsturm aus sehr gemischten Gefühlen. Zehn in Plastikhüllen verschweißte Maschinenpistolen. Uzi – diese kleinen, handlichen israelischen Bleispritzen, die auch gern von Gangstern getragen wurden. Dazu vierzig gefüllte Magazine.
    Im Licht des Kofferraumlämpchens sah das Gesicht meiner Freundin verzerrt und gespenstisch aus – und was sie düster murmelte, verstärkte mein Weltuntergangsgefühl: »Ich muss kacken. Wahrscheinlich Dünnschiss.«
    So schnell ich konnte, wühlte ich die Rolle Klopapier aus dem Koffer, die wir, geradezu hellseherisch, dem Hotel entwendet hatten, warf sie ihr zu, sie verschwand blitzartig im Gebüsch. Heftiger, allerdings warmer, wohltuender Wind blies durch die Bäume und ließ die Blätter rascheln und raunen. Vor Aufregung bibbernd, verhüllte ich die Waffen wieder, klappte den Kofferraum zu und versuchte, mich ganz normal zu verhalten, als die Scheinwerfer eines LKWs, eines Sattelschleppers, Magirus-Deutz, wie ich, nicht ohne Stolz, sogleich erkannte, einen bleichen Lichtkeil in die Dunkelheit trieben. Mit selbstbewusstem 305-PS-Brummen rollte der Riese auf den Rastplatz, an mir vorbei, um nicht weit entfernt zischend und schnaubend anzuhalten und, sich kurz schüttelnd, zu verstummen.
    Verflucht, wo blieb Doris nur? Aber ich kannte das. Bei Durchfall kann man sich nicht gleich nach der ersten Entleerung den Arsch abwischen und gehen. Es folgen gewöhnlich noch weitere eruptive Entladungen. Der Trucker, ein aufgequollenes Opfer falscher Ernährung, stieg aus, winkte mir grüßend zu, ich winkte zurück und rief: »Meine Freundin hat Durchfall! Sitzt seit einer Ewigkeit da hinten im Gebüsch!«, und fragte mich verstört, warum ich das dem Fettsack verraten hatte. Auf den wirkte diese Nachricht anscheinend inspirierend: »Hast sie in den Arsch gefickt, was? Komm, gib’s zu!«, rief er freundlichderb und freute sich über den verbalen Müll, den er ausgekotzt hatte.
    Doris taumelte erschöpft, aber deutlich erleichtert aus dem Dickicht, brummelte was von »kannst ja auf der nächsten Raststätte jedem Scheiß-Fernfahrer erzählen, dass ich Dünnschiss hatte«, war jedoch nicht weiter sauer deswegen und wollte wie ich nur weg von hier.
    Get Out Of Denver
von Dave Edmunds dröhnte sauber aus den Boxen, wurde jedoch leiser gestellt, da es nun einiges zu besprechen gab. Es regnete wieder. Die Scheibenwischer verrichteten ihre Arbeit tadellos.
    »Wir haben uns, glaub ich, ein paar Probleme aufgehalst«, stellte ich fest, starrte dabei in die vom Regen verwaschene Nacht, bemühte mich, nicht zu schnell zu fahren, was bei diesem Kraftprotz von Auto und der Angst in meinem Nacken gar nicht so einfach war. »Entweder ist dieser Rudi ein Waffenhändler, der sich so sicher fühlt, dass er seinen mit Waffen beladenen Wagen bedenkenlos im Rotlichtviertel parkt, um schnell mal ’ne Nummer zu schieben, oder er wollte seine Gang mit den Maschinenpistolen ausrüsten – und auch in dem Fall fühlte er sich verdammt sicher. Vielleicht ist er auch nur ein Idiot, der sich nicht mittels Schläue, sondern ausschließlich durch Brutalität in der Gangster-Hierarchie nach oben gekämpft hat. So ’ne Uzi kostet auf dem Schwarzmarkt – na, ich schätze jetzt einfach mal – anderthalb Riesen mindestens. Das könnte uns alles kaltlassen, wenn wir in dem Hotel nicht unsere richtigen Namen angegeben hätten.«
    »Er wird den Wagen wohl kaum als gestohlen melden.«
    »Wir wissen ja nicht, wie der tickt. Vielleicht glaubt er, die Waffen seien gut genug versteckt. Es bricht mir zwar das Herz, aber wir müssen den Wagen baldigst loswerden. Die Frage ist: Was machen wir mit den Uzis? Ich meine, die Dinger haben ja einen nicht geringen Wert.«
    »Wir behalten den Krempel«, entschied Doris erstaunlich ruhig trotz der Spannung, die im Wageninneren herrschte und auch nicht durch das Öffnen der Fenster vertrieben worden wäre, aber die Fenster blieben sowieso geschlossen, denn der Regen war stärker geworden,

Weitere Kostenlose Bücher