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Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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los. Das ist doch eine gute Idee, dann könnte ich mich wehren und mir das Leben retten.«
    »Wenn du das brauchst, mache ich es vielleicht.«
    »Ein Bericht! Du musst einen Bericht schreiben? Ich bitte dich, ein Bericht als Ende einer Beziehung. Eine Art Zeugnis? Wieso einen Bericht über mich? Das hab ich noch nie gehört. Obwohl es mir gleichzeitig sinnvoll erscheint. Im Grunde sollte das die Regel sein. Ist es aber nicht. Noch nicht.«
    Ich stand auf und ging aus dem Bad, um lauter sprechen zu müssen. Ich hatte Vergnügen an der Szene.
    »Was bedeutet es also? Bin ich gefährlich, ein Spion, ein Verbrecher, ein Perverser, ein Krüppel, ein Monster, ein Tier, oder was? Wer braucht einen Bericht über mich? Arbeitest du für die Regierung, den Tierschutzverein, ein Genlabor? Werde ich geklont? Oder bin ich ein Staatsfeind, ohne es zu wissen? Oder komme ich morgen in ein Ausbildungslager und werde selbst zum Agenten gemacht? Verdammt, ich hab einfach immer noch nicht genug von diesen Filmen gesehen. Ich weiß nicht, was als Nächstes passieren wird und was ich tun soll. Was macht James Bond in solchen Fällen?«
    Kein Wunder, dass mir bei ihrem Anblick mein Onkel Frederik einfiel. Sie war ein Abenteuer, von Anfang an. Eine Kurtisane. Und sie war entgegen aller meiner vorherigen Beziehungen das erste Abenteuer in meinem Leben. Wenn ich Pirat in einem Film wäre, würde ich sie in Ketten legen, ihr Heldentaten vorführen, bis sie mich liebte. Was immer das ist.
    Was tat man im richtigen Leben in dieser Situation? Ich wusste es nicht. Für bewundernswerte Abenteuer bin ich nicht richtig geeignet. Da braucht es jemanden mit geschärften Sinnen. Der Roboter von uns beiden bin ich.
    Der Feuerkopf lugte aus der Badezimmertür hervor. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wer das Geld gibt. Das müsstest du viel eher wissen. Und nun zieh dich an und hol Brötchen. Ich mache inzwischen das Frühstück.«
    Ihr Befehl ließ mich meine verstreute Kleidung suchen. Ich betrachtete meine Unterhose, untersuchte meine Jeans nach Flecken und roch an dem grünen Poloshirt. Dann zog ich alles noch einmal an.
    »Okay, ich sag dir was«, rief ich. »Ich streife seit einem Jahr durch alle Bars und versuche verzweifelt, eine Frau kennenzulernen. Aus Mitleid taten sich schließlich alle Barkeeper zusammen und finanzierten dich.«
    Ich schlug die Tür hinter mir zu und verließ die Wohnung. Ein guter Abgang. Könnte aus einem Film sein.
    Im Treppenhaus blieb ich stehen. Möglicherweise schickte sie mich zum Bäcker, um in dieser Zeit zu verschwinden. Ich schlich zurück. Sie war immer noch im Bad. Kein Zeichen eines überstürzten Aufbruchs.
    »Und wie viel, verdammt noch mal, war ich wert? Ich will die Summe wissen!«
    Ich wollte es gar nicht wissen und schlug die Tür erneut hinter mir zu. Ich ging langsam die Treppe hinunter bis vor die Haustür. Es war fast Mittag. Mehrere Autos fuhren vorbei. Der heiße aufgewirbelte Staub rieb sich an mir. Ich sah zum Fenster meines Büros im ersten Stock. Das Glas spiegelte die von der Sonne beschienenen gelben Fassaden der Häuser auf der anderen Straßenseite. Seit einer Woche hing die Hitze wie feuchte heiße Handtücher in Frankfurts Straßen.
    Wenn Scottys Geschichte stimmte, würde sie noch da sein, wenn ich zurückkam. Wenn nicht, würde ich von heute an bis zum Ende meines Lebens in jeder Bar ihre Geschichte erzählen, bis alle Barkeeper dieser Welt wirklich auf die Idee kämen, für mich eine Frau zu engagieren.
    Ich atmete tief ein. Der Staub legte sich auf meine Zunge. Ich nahm ihn, um mit den Zähnen zu knirschen, hob die Lippen und knurrte. War das richtig? Sollte ich mich in einen Hund verwandeln? Immer auf ihrer Spur. Ich schüttelte mich, trottete die Straße entlang. Ich wollte jemanden ins Bein beißen. Bis aufs Blut. Oder einfach nur Beleidigungen ausstoßen. Eine Prügelei anfangen, jemanden umbringen. Vielleicht sollte ich es sein, der nicht zurückkehrte. Mir fehlte die Kraft zu allem.
    »Hau doch ab«, übte ich laut. Es war niemand da, der es hören konnte. »Verschwinde doch. Komm doch einfach nicht wieder«, sagte ich noch lauter. »Lass mich doch zurück. Gut, geh doch«, fuhr ich fort. »Fick dich selbst!«, schrie ich ohne Überzeugung.
    Gut, alle Frauen haben mich verlassen. Ich bedauerte es nicht. Vermutlich quälte und beleidigte ich sie, ohne es zu bemerken. Ich blieb stehen, lehnte mich an eine Hausmauer. »Entschuldige, Scotty, es war nicht so gemeint. Es tut mir

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