Das Jesus Sakrileg 2
die letzten Augenblicke im Menschenleben Esthers gekommen waren.
„Gehe zu ihm. Joshua wartet auf dich“, antwortete der Papst ganz sanft und nahm ihre Hand sanft in die seinige. Ein letztes Mal blickte Esther alle drei an und eine letzte Träne floss ihre Wange entlang, als würde der Fluss Jordan das Leben in die karge Wüste tragen.
„Liebet einander, wie ich euch liebe … Freut euch, denn ich freue mich …“, waren die letzten Worte, die Esther sprach. In ihren Augen lag kein Kummer, kein Schmerz, sondern sie strahlten. Sie strahlten die Freude einer verliebten Frau, die ihren Liebsten wieder bei sich wähnte, aus.
„Jetzt bist du bei ihm, Maria“, flüsterte Johannes und legte sanft ihre Hände auf ihren Bauch, schloss ihre Augen und gab ihr einen letzten Kuss auf die Stirn.
„Maria?“, fragte Nick mehr reflexartig überrascht, als überlegt.
„Ja, deswegen wollte Esther, dass du das Buch liest. Sie ist Maria von Magdala, die Freundin von Jesus, Maria Magdalena“, antwortete Rebecca, nahm Nicks Hand und streichelte sie. Sie schien sehr zerbrechlich. Nick erwiderte das Streicheln. Aber die Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Hatte er eben richtig gehört? Esther war kein Nachkomme Jesus, sondern die Maria Magdalena aus dem Tagebuch? Wie konnte das möglich sein?
Das war doch unfassbar für jeden gebildeten Menschen! Niemand konnte so lange überleben. Das war ausgeschlossen. Aber dennoch war sie hier. Warum sollte er Rebecca und dem Papst nicht glauben? Er vertraute beiden bedingungslos. Warum hatte er Angst zu glauben?
„Wie kann das sein?“
„Es ist ein Wunder. Wie bei Wundern üblich, entzieht es sich unseres menschlichen Verstandes. Die, die daran glauben, können durch sie ungeahnte Kräfte freisetzen und sehr viel Glück aus ihnen schöpfen. Die, die nicht daran glauben, werden es mit einem müden Lächeln beiseiteschieben und nie das Gefühl von wahrem Glück kennenlernen. Ich für meinen Teil bin sehr glücklich und stolz, sie kennengelernt zu haben und sie meine Freundin nennen zu dürfen. Ich werde sie immer im Herzen behalten, wie du auch“, sagte der Papst und legte seine Arme um Nicks und Rebeccas Schultern wie der Vater um seine Kinder.
Es war eine sehr bewegende und ergreifende Situation.
Nick wusste, dass sie mit Seiner Heiligkeit einen guten Freund gefunden hatten. Und dass ihre gemeinsame Freundschaft zu Esther ein Band zwischen ihnen schloss, welches seinesgleichen suchen würde.
Und Nick, der gedacht hatte, sie wäre ein Nachkomme Jesus, musste schmunzeln. Vielleicht hätte er das schon früher ahnen können, Zeichen gab es genug. Aber vielleicht hatte auch er zu den Menschen gehört, die sich mit Wundern schwer tun, obwohl er in letzter Zeit derer zu Genüge gesehen hatte. Aber für die meisten Menschen geschahen nun einmal wirklich große Wunder nicht in Zeiten, in denen sie lebten. Sie geschahen weit, weit weg in der Vergangenheit oder in Märchen und in Geschichten von Großeltern, die diese ihren Enkelkindern erzählten.
Doch jetzt, jetzt wusste er es, Wunder geschahen jeden Tag. Man musste nur den Mut haben und die Augen und Ohren offen halten und diesen Wundern zugänglich sein. War es das wert?
Ja, denn es beschenkte das Herz mit Freude. Was konnte also daran falsch sein?
Jetzt verstand er, warum Esther wollte, dass er das Buch bekam und dass er es zu Ende las. Sicherlich wollte sie, dass keine offenen Fragen zwischen seiner Liebe zu Rebecca standen.
Und er wusste, was er zu tun hatte. Er würde ihrem Wunsch entsprechen und sich das Ende des Tagebuches anhören, aber er würde das Buch nicht behalten können. Es war das Persönlichste, was ein Mensch besitzen konnte. Somit durfte es auch nur bei der Person bleiben, die es geschrieben hatte. Bei Esther. Er würde es verbrennen lassen und mit Esthers Asche über Jerusalem verstreuen. Es gehörte zu Esther, wie Esther zu Jerusalem. Dort würde sich der Kreis schließen.
Kapitel 34
Johannes verließ als erster das Schlafzimmer. Er wollte Nick und Rebecca noch einige Minuten allein lassen. Er hatte noch einige, nicht aufschiebbare Aufgaben zu erledigen.
Er musste sich um den letzten Wunsch Esthers kümmern. Er bat Giovanni, alles in die Wege zu leiten, damit der Körper Esthers eingeäschert werden kann. Des Weiteren sollte Giovanni dafür sorgen, dass die Privatmaschine Seiner Heiligkeit alle Vorkehrungen für den Flug nach Jerusalem treffen sollte. Seine Heiligkeit wollte kein Risiko
Weitere Kostenlose Bücher