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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Alles noch viel schlimmer
    Ich will mich jetzt nicht im Nachhinein als Held aufspielen, aber eins muss ich sagen: Ich war immerhin der Letzte, der die Hoffnung aufgegeben hat. Patrick und Bülent waren längst fertig mit der Welt. Sie kauerten im hintersten Winkel des Grünen Saals und schoben die Trümmer der Musikanlage hin und her. Völlig sinnlos, aber ich konnte sie verstehen. So kriegten sie wenigstens nicht so viel vom Hauptschlamassel mit. Henriette erwischte dagegen die volle Breitseite. Ich sehe jetzt noch vor mir, wie sie sich neben der großen Flügeltür an die Wand presste und schreckensbleich auf die grässliche Schlange vor ihrer Nase starrte.
    Wenigstens war Jil im Blauen Salon etwas abseits vom Getümmel. Sie versuchte gerade, einen riesigen Orientteppich als Tischdecke über dem Billardtisch auszubreiten. Diese unglaubliche Frau hatte es immer noch nicht aufgegeben, Janina und Markus die Hochzeit zu retten. Ich ahnte ihren Plan: Wir sollten uns zu ihr flüchten. Samt Nachtisch, frischem Kaffee und dem Brautpaar. Und die Türen hinter uns abschließen. Nicht schlecht. Aber je mehr sich Jil mit dem Riesenteppich abmühte, umso verzweifelter sah sie aus.
    Ich könnte mich jetzt einfach irgendwo im hintersten Winkel von Schloss Walchenau verstecken und warten, bis alles vorbei ist, flackerte es kurz durch mein Hirn, aber Jils Anblick gab mir einen letzten Schubs. Wir mussten ihr helfen! Ich packte Henriette an der Hand und zog sie hinter mir her. Mit ein paar Schritten waren wir im Blauen Salon. Jil sah als Erstes meinen Leopardenfell-Lendenschurz und seufzte tieftraurig. Doch ich ließ mich nicht unterkriegen.
    »Super Idee, das mit dem Teppich, Jil! Jetzt stellen wir noch alle Kerzen drauf, die wir finden können. Dann wird das die romantischste Tafel, die man je auf Schloss Walchenau gesehen hat. Hab ich recht, Henriette?«
    »Aber Janina und Markus trauen sich eh nicht mehr aus ihrem Hochzeitszimmer heraus, Tim.«
    Noch nie zuvor hatte ihre Stimme so leise und verzagt geklungen.
    »Wartet doch mal ab«, versuchte ich zu beschwichtigen. »Vielleicht kommen sie ja gleich im nächsten Moment durch die Tür?«
    Und nun das Tolle: Obwohl ich das einfach nur dahingesagt hatte, passierte es tatsächlich. Gerade als Jil und ich die gut zwei Dutzend zusammengesammelten Kerzen ohne Rücksicht auf Verluste auf der Teppichtischdecke festgetropft hatten und Henriette den Kronleuchter ausschaltete und das wunderbare, warme Licht kreuz und quer über die verschlungenen Muster auf unserer improvisierten Tafel flackerte, kam Janina durch die hintere Tür. Ihr Brautkleid sah immer noch ganz ordentlich aus, wenn man bedachte, was schon alles passiert war. Und dass sie geweint hatte, sah man in dem Schummerschein kaum. Aber dass sie beim Anblick unserer Teppich-Kerzenlicht-Tafel ein ganz klein wenig lächelte, das bekam ich sehr wohl mit.
    Wenn es jetzt noch ein zweites Mal so gut mit dem Timing klappt, dachte ich mir. Wenn Bräutigam Markus nun auch noch kommt. Und Patrick und Bülent mit der wundergeheilten Musikanlage gleich hinterher. Und wenn Bülent dann sofort »Ain’t no Sunshine when she’s gone« auflegt, während wir alle Türen so fest verrammeln, dass keiner der ganzen Freaks mehr zu uns vordringen kann. Ja, wenn das alles geklappt hätte, wäre diese Hochzeit am Ende doch noch unter einem goldenen Stern ins leuchtende Abendrot gesegelt, da war ich mir sicher.
    Weil ich nichts ahnte.
    Ich fragte Janina nach Markus. Und komisch, Janina wusste gar nicht, wo ihr Bräutigam war, dabei waren sie doch eben noch zusammen in … Aber bevor ich weiterdenken konnte, hallte auch schon dieser fürchterliche Schrei durchs ganze Schloss. Natürlich war auf diesem Fest ein Schrei schon längst kein Grund mehr, das laufende Geschäft zu unterbrechen. Spätestens seit der Sache mit der Todeskralle wurde hier praktisch im Minu­tentakt geschrien. Aber dieser Schrei war anders. Ein Urschrei. Pures Entsetzen in Lautform. Nur ein Mensch in höchster Agonie konnte so einen Schrei ausstoßen. Sogar die Schlange zwei Türen weiter hielt auf einmal still, und der schreckliche Gesang verstummte.
    Und im nächsten Augenblick kam Markus zu uns her­eingestolpert. Mit zerknittertem Bräutigamfrack, tel­lergroßen Augen und einem zur Maske erstarrten Gesicht.
    Und ohne Hose.
    Uns schien er überhaupt nicht zu bemerken. Er starrte nur geradeaus ins Leere und stammelte immer wieder einen einzigen Satz. Jil sagte später, es war ein

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