Das Jesus Sakrileg - das Tagebuch der Maria Magdalena 1
Stätten der Realität entsprach. Dafür war die Stadt zu oft bekriegt und verwüstet worden. D ies war nicht wichtig für gläubige Menschen.
„Wie Jesus“, sagte John, d er die erste Etappe des Leidensweges erreich te .
Es gab Pilger, die geißelten sich an dieser Stelle, um den Schmerz, den die Welt Jesus zu Unrecht zugefügt hatte, am eigenen Leibe zu fühlen und sich ihrer Scham zu entledigen.
John ließ sich Zeit beim Gehen. Im Gegensatz zu anderen Pilgern trug er kein Holzkreuz mit sich und hatte sich auch keinem Reisführer, welcher meist ein Mönch oder ein kirchlicher Vertreter war, angeschlossen.
Er hatte für die Form des organisierten Pilgerns nur ein müdes Lächeln übrig. Gerade in dieser heiligen Stadt wollte er mit Gott alleine sein und sein Tempo nach seiner inneren Uhr lenken.
Es war ein schöner, milder Tag. Die Straße war voller Pilger .
Seit dem Tode Jasser Arafats im November 2004 hielt sich ein scheinheiliger Frieden, den Arafat, der Jahrzehnte die Galionsfigur für die Hoffnung Palästinas und der einzige Weg der Westmächte zum Frieden war, nicht erreicht hatte.
John wusste nicht, warum er gerade jetzt an diesen Freiheitskämpfer, der streng genommen ein korrupter Terrorist war, denken musste.
Ob die Westmächte keinen Frieden wollen?
John ging eine schmale Treppe hinauf, an der angeblich der Kreuzbalken Jesus auferlegt wurde.
Am Straßenrand saßen Einheimische, die den Pilgern Wasser und Finger Food verkauften. John ging den Weg weiter bergauf.
Obwohl der Weg einfach zu gehen war, kam es ihm vor, als würde er tatsächlich ein Kreuz tragen.
John schwitzte und atmete schwer.
Um Kraft zu tanken, lehnte er sich kurz an eine Hausecke.
Seine Hand zuckte zusammen. Fast so, als hätte er einen Stromschlag bekommen.
Er sah sich die Stelle genauer an.
„Hier muss es gewesen sein. Hier muss sich Jesus Hand Halt gesucht haben, ehe Simon von Kyrene sich des Balkens annahm“, sagte John zu sich selbst und schaute die Stelle verwundert an.
Seine Gedanken verwirrten ihn.
Warum hatte er das eben gedacht und gesagt?
Wurde der Druck zu groß und er fing an zu fantasieren?
Er wollte es nicht recht glauben. Zu sehr war dies eines dieser Gefühle, die manchmal Menschen überkamen, ohne das s sie es sich erklären konnten, die aber oft der Wahrheit entsprechen.
W ie oft geschah es, dass Verliebte sich genau in den Moment anriefen, in dem sie aneinander dachten.
Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass diese Paare andauernd aneinander dachten?
John erreichte die Porta Judicaria. Das war die Stelle, die Jesus damals aus der Stadt führte, hinauf nach Golgatha. Hinauf zur Vollendung seines Werkes. Der Auferstehung der mächtigsten Religion der Welt.
Dem Christentum.
John kaufte von einem Händler eine Flasche Wasser. Er hatte sich sehr viel Zeit gelassen. Immer wieder blieb er stehen, betete und küsste den Boden. Die Uhr schlug 17.
„Hier also sprachst du Jesus deine letzten Worte und stürztest ein letztes Mal, so wie die Bibel es uns sagt. So will auch ich ein letztes Mal zu diesem Leben sprechen und ein letztes Mal mich niederknien, dir zu Ehren und beten. Ehe ich da sein werde, wo ich hingehöre“, sagte John und trank die 0,5 Liter Flasche mit stillem Wasser in einem Zug aus.
Dann kniete er nieder und betete.
Es war ein sehr schlichtes Gebet.
Nach dem Gebet stand er auf und schritt seinen Leidensweg weiter.
„Die Grabeskirche. Endlich, Mary“, sagte er, als er vor der Grabeskirche stand.
„Hier also“, sagte er und schaute sich das wohl heiligste Objekt der Christen an, „hat Josef von Arimathäa Jesus Leichnam begraben.“
Die Kirche wirkte im Vergleich zu manchen Protzbauten in Europa sehr schlicht.
Dies gefiel John, der nicht viel von allzu prunkvollen Gotteshäusern hielt.
Auch wenn sie es im Inneren je nach Konfession mühelos mit den Kirchen Europas, was ihren Prunk anbelangte, mithalten konnte.
Trotz der Tatsache, dass es sich um die heiligste Stätte der Christen handelte, herrschte eine immense Eifersucht unter den 6 Konfessionen darüber, wer welchen Anspruch auf die Grabeskirche hat.
Seit über tausend Jahren hatte dies so weit geführt, dass nicht nur geklärt war, welcher Bereich der Kirchen welchen Konfessionen gehörte, sondern auch welche Kerzen von welchen Konfessionen angezündet werden durften.
Peinlich aus der Sicht Johns war, dass nicht einmal die Christen selbst diese Einigung trafen, sondern diese im Jahre 1852 von dem
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