Das Jesus Sakrileg - das Tagebuch der Maria Magdalena 1
und dann vernahm ich eine Stimme. Es war Gottes Stimme, die sagte, gehe hinaus mein Sohn und zeige der Welt dein Antlitz, dass sie dich an meiner Stelle preisen mögen, damit erfüllt werde, was ich einst den Propheten durch ihre Stimme verlauten ließ. Ich fiel auf die Knie. Zu mächtig war diese Stimme. Ich hatte Angst, Mutter. Denn nun bestand kein Zweifel. Ich bin der Messias! Gottes Sohn! Entbunden jeglicher menschlicher Verantwortung. Allein auf Erden, um die Worte meines Vaters zu verkünden. Die Liebe, die ich verkünde, werde ich nie erfahren.“
Maria konnte ihre Tränen nicht mehr halten. All die Ungewissheit und Angst der letzten Jahrzehnte schienen von ihr abzufallen, denn nun hatte sie Gewissheit, dass ihr Kind Gottes Sohn war. Bestimmt für eine höhere, eine göttliche Aufgabe , a ber wenn die Schriften Recht hatten dann wusste sie wie es enden würde.
Denn sagte nicht Jesaja das er viel leiden, bespien und gegeißelt werde um am Kreuze zu sterben?
Jetzt, wo er Gottes Sohn ist, wie sollen wir uns je lieben? Dass er irrte, kam für mich nicht in Betracht. Dafür hatte Joshua ein zu reines Herz. So ein Herz besitzt kein Mensch.
Ich arme Frau! Da stand ich nun, lauschte heimlich und wusste nicht, worüber ich mich elender fühlen sollte, über das Gehörte oder über meine Tat.
Joshua nahm Maria in den Arm und tröstete sie. Zärtlich streichelte er ihr über das Haar. Am liebsten wäre ich zu ihnen gelaufen.
Nachdem Maria aufgehört hatte zu weinen, sagte Joshua.
„Es i st spät. Ein langer Tag wartet m orgen auf mich.“
Joshua gab Maria einen Kuss auf die Stirn und ging. Maria konnte es nicht sehen aber ich hingegen schon , Joshua weinte und ich bin mir sicher, dass er im Flüsterton zu sich sprach: „Dann sei es so.“
Joshua ging an dem Strauch, hinter dem ich mich versteckt e vorbei und ich fürchtete schon, dass er mich entdecken würde. Aber er ging, ohne sich umzudrehen, deswegen glaube ich nicht, dass er mich gesehen hat . Dass ich diese Nacht nicht schlafen konnte, kannst du dir sicher vorstellen! Die schlimmsten Albträume quälten mich.
Am nächsten Tag waren wir alle recht früh wach. Ich glaube, kaum einer hatte wohl geruht, da alle gespannt waren, was Joshua zu sagen hatte.
Joshua war der letzte, der erwachte.
Als er zu uns kam, hatten wir schon das Frühstück gemacht und er setzte sich zu uns auf den Boden.
Keiner sagte etwas, auch Joshua nicht. Er ließ sich von den fragenden Blicken nicht irritieren, aß sein Brot und trank seinen Tee. Dann stand er auf und sagte: „Ihr, die ihr heute hier seid und meinetwegen euer Leben hergabt und eure Familien verließt, um mit mir dem Leid und der Angst der vielen mit Liebe entgegen zu treten, sollt wissen, dass ich euch immer geliebt habe und lieben werde. Ihr seid meine Familie, meine Brüdern und Schwestern. Auserkoren seid ihr, das Wort nach m ir zu verkünden. I ch sage euch, so oft ich die Schrift in Frage gestellt habe, so gibt es auch Wahrheit in dieser. Und jede Wahrheit ist keine ohne die Liebe. Drum braucht der Bruder die Gefolgschaft seines Bruders mehr, als die seines Nachbars. Denn wie kann der Nachbar dir glauben, wenn nicht einmal dein eigener Bruder dir glaub t ?“
Joshua hielt kurz inne und sein Blick wanderte zwischen unseren Reihen hin und her. Es war, als würde ein Vater zu seinen Kindern sprechen. Ich konnte seinen Blick nicht erwidern. Ich schaute auf den Boden.
„Ich glaube, dir Meister. Egal was geschehen mag. Ich werde dir immer folgen“, sagte Judas.
„Ein gutes und reines Herz hast du, Judas. Glauben heißt nicht blinder Gehorsam. Glauben heißt auch Ehrlichkeit. Ist da etwas, was euch erzürnt oder ihr nicht versteht, so redet darüber. Im Gespräch werdet ihr eine Lösung finden, die euch wieder Freunde werden lässt. M anchmal heißt Glauben auch Veränderung. Veränderung erst uns gegenüber. Denn wie kannst du von einem Fremden erwarten, er solle vor seinem Hause kehren, wenn man deine Türe vor lauter Laub gar nicht sieht?
Wenn ihr einen Groll gegen mich hegt, so sprecht frei heraus.“
„Niemals würde ich an di r zweifeln. Du bist unser Hirte“, sagte Jakobus.
„Nicht du allein hast diese Worte gesagt, Jakobus“, antwortete Joshua und lächelte.
„Meister, auch ich glaube deinen Worten. Sie haben viel Gutes bewirkt und Gutes getan. Ich spüre im Volke eine Veränderung , a ber ist wirklich alles, was die Rabbis uns bisher lehrten, falsch? Wir sind nur einfache Fischer, Meister
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