Das Jesus Sakrileg - das Tagebuch der Maria Magdalena 1
vorenthalten möchte. Sie machen mir große Angst. Nur so viel: Worte wie Gotteslästerung, Revolution und Krieg fielen.
Ich stand auf und wollte ein wenig spazieren gehen. Am liebsten wäre ich in das Zelt von Joshua gegangen aber ich traute mich nicht.
Also versuchte ich mir durch einen Spaziergang die Gedanken und die Ängste zu vertreiben.
Auf einmal hörte ich Stimmen. Erschrocken blieb ich stehen.
Ich irrte mich nicht. Es war die Stimme Joshuas und Marias, die in kurzer Entfernung vor mir saßen und sich unterhielten. Einige Sträucher hinderten sie daran, mich zu erkennen.
Was ich dann tat, war einer jungen Dame nicht würdig. Ich schäme mich noch jetzt zutiefst, liebes Tagebuch. Aber es war die Sorge um Joshua, die mich dazu verleitete zu lauschen. Also begab ich mich hinter einem Busch und verhielt mich ganz still.
„Was bedrückt dich mein Sohn?“, fragte Maria.
„Dass ich anders bin.“
„Wieso anders? Du bist mein Sohn, wie auch die anderen Söhne von ihren Müttern sind.“
„Bin ich das wirklich, Mutter? Oder verschweigst du mir etwas?“, sagte Joshua mit einem fordernden Blick.
Ich merkte, wie Maria für einen Augenblick ratlos war und Angst zu haben schien, was sie sagen sollte. Waren dies die bangen Momente einer Mutter, die fürchtet, ihr Kind zu verlieren?
„Verschweigen? Was sollte ich dir verschweigen? Du bist Josefs und mein Sohn“, sagte Maria, aber selbst ich konnte aus der Ferne der Stimme entnehmen, dass die Wahrheit nicht in ihr zu wohnen schien.
„Wirklich Mutter- oder bin ich ein anderer?“
„Ein anderer?“
„Ja, den, den die Schrift verkündet“, sagte Joshua und ich konnte Bitterkeit in seiner Stimme hören, gepaart mit Angst.
Maria schaute ihn ratlos an und es dauerte ein Augenblick, bis sie antwortete.
„Du bist unser Sohn, das weiß ich , s o wie ich weiß, dass du ein guter Mensch bist, dessen Herz am rechten Platze schlägt. D u hast eine Gabe, die dir zuteil geworden ist, um den Menschen ihre Liebe wiederzugeben. Aber ich weiß nicht, ob dich das zu dem, der verkündet wurde macht. Wieso belastest du dich mit diesen Gedanken?“
„Weil sie mich heimsuchen Mutter. Und das schon seit langer Zeit. Ich höre diese Stimmen immer wieder. Sie kommen, wenn sie es für richtig halten. Früher hatte ich Angst vor Ihnen, doch ich lernte, mit ihnen zu leben. Aber heute waren die Stimmen anders. Es war nur eine, die zu mir sprach.“
Maria schaute ihren Sohn an und ich sah an ihrem Blick, dass etwas schwer auf ihrem Herzen lastete, dessen sie sich nicht mehr erwehren konnte.
Hätte ich mich nicht in dieser beschämenden Situation befunden , wäre ich am liebsten davon gerannt, um das was ich fürchtete, nicht hören zu müssen. Doch ich blieb, zu stark war meine Neugier.
„War es die Stimme einer jungen Frau?“
„Ja.“
„Was sagte die Stimme?“, fragte Maria. Ich hatte eher das Gefühl, als wüsste sie die Antwort bereits.
„Johannes ist gegangen, damit erfüllt werde, was Mose am Berge Sinai empfing. Der Messias weilt auf Erden, um der Menschheit Gottes Wort zu verkünden. Du kennst die Stimme nicht wahr Mutter, sprach sie auch zu dir?“
Wieder schwieg Maria. Sie griff nach Joshuas Hand.
„Ja, auch ich vernahm diese Stimme, als ich dich noch nicht gebar u nd diese Stimme sagte mir, dein nächstes Kind ist auserkoren, dass Leid aller zu er tragen. Sei sorgsam, denn es gehört dir nicht... Ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt. Ich habe versucht, diese Stimme zu ignorieren, dich als Zimmermann aufwachsen zu lassen, wie dein Vater a ber du warst anders. Wie sehr habe ich mich vor diesem Augenblick gefürchtet“, sagte sie und schien mit den Tränen zu kämpfen. Joshua umarmte seine Mutter kurz und ließ von ihr ab.
„Bin ich der Messias? Mutter?“
„Ich weiß es nicht, Joshua. Nur, dass du von den Engeln bestimmt wurdest für eine höhere Aufgabe , w enn dich das zum Messias macht …“, wollte Maria fortfahren, aber ihr versagte die Stimme.
„Nachdem ich heute Mittag alleine um den Tod Johannes getrauert habe und die Stimme des Engels vernahm, betete ich zu Gott, dass er mir die Angst nehmen möge und den dunklen Schleier von den Augen, damit ich wüsste, welcher denn mein Weg sei. Ich bat alldem hier ein Ende zu setzen, wenn auch ich nur ein Heuchler bin, der den Pilgern falsche Hoffnungen in ihre Herzen pflanzt. Doch Gott antwortete nicht. Nach einer langen Zeit des Meditierens stand ich auf, um zu den Pilgern zu sprechen
Weitere Kostenlose Bücher