Das Kainsmal
Taylor Simms:
Höchst interessant ist die Vorstellung, dass jeder Durchschnittsmensch diesen mystischen Zustand, das »Theta«-Niveau der Hirnaktivität, jenen Zustand also, den Mönche und Pilger durch Meditation oder Versenkung zu erlangen streben, einfach dadurch erlangen kann, dass er Auto fährt. Tatsache ist, dass wir bei jeder längeren Fahrt, das heißt, wenn wir eine längere Strecke hinter uns bringen, ohne uns dessen recht bewusst zu sein, dass wir dann auf »Theta«-Niveau meditieren. In diesem Zustand hat man Visionen. Ist offen für sein Unterbewusstes, für Kreativität, Intuition und spirituelle Erleuchtung.
Echo Lawrence: Die Zapfpistole steckte noch im Tank, als ich reinging und Lakritz kaufte und das Benzin bezahlte. Und als ich rauskam - o Mann -, als ich rauskam, war der rote Daimler weg.
Aus den Aufzeichnungen von Green Taylor Simms: Das
»Theta«-Niveau: Mystiker berichten, dass es bei diesen Frequenzen am wahrscheinlichsten zu Visionen und Erleuchtungen kommt. Sei es in der Badewanne, beim Autofahren oder beim Einschlafen oder wann immer man sich aufs »Theta«-Niveau sinken lässt: Längst vergessene Erinnerungen kommen wieder hoch. Zusammenhänge werden sichtbar, Erkenntnisse kommen uns schlagartig.
Um die »Theta«-Aktivitäten des Gehirns anzuregen, folgen tibetanische Buddhisten in ihren Sprechgesängen einem eintönigen Rhythmus, der genau jener niedrigen Hirnwellenfrequenz entspricht. In Trommelkulturen lösen schamanische Trommler »Theta«-Aktivitäten durch einen Takt von konstant vier Schlägen pro Sekunde aus.
Pattie Reynolds (
Kellnerin): Ich war an Zapfsäule sieben. Der Mann, von dem Sie reden, war an Säule fünf. Als ich ein Plätschern hörte und mich umdrehte, sah ich, wie dieser alte Mann die Matratze, die er aufs Dach seines Wagens gebunden hatte, mit Benzin bespritzte. Er trug einen dunkelblauen Anzug. Graues Haar. Elegante Budapester Schuhe. Das Benzin sickerte in die Matratze. Es stank furchtbar.
Dann setzte er sich hinters Steuer, ließ den Motor an und fuhr los. Er musste die Scheibenwischer anstellen, so viel Benzin lief da vorne runter.
Wallace Boyer: Wie gesagt, ich habe Rant Casey eigentlich erst kennen gelernt, als er schon tot war. Die Zeit bis zur Landung damals bei diesem Flug verbrachte Chester Casey mit dem Versuch, mir das Unmögliche zu erklären. Er trank meinen Scotch und erzählte mir, dass die Zeit keine gerade Linie ist.
Die Zeit ist kein Fluss. Keine Uhr, keine Sanduhr. Sie läuft nicht nur in eine Richtung. Doch selbst wenn man wer weiß wie viele kluge Köpfe anheuert, die das beweisen würden, es wird immer Leute geben, die behaupten, dass die Erde eine Scheibe ist. Dass der Mensch nicht von irgendetwas abstammt. Dass Elvis Presley lebt.
Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Hier ist Radio Graphic Traffic mit Tina Something und einer dringenden Meldung. Alle Fahrspuren auf dem Madison Beltway in Richtung Westen sind nach dem Unfall eines brennenden Fahrzeugs an der Abfahrt CenterPoint gesperrt. Die Feuerwehr ist an der Unfallstelle eingetroffen. Der Stau reicht bereits bis zum Market-Autobahnkreuz und dem Freeway 287. Der Verkehr in der Gegenrichtung ist ebenfalls zum Erliegen gekommen ...
Shot Dunyun: Scheiße. Was weiß ich, wie das mit diesen Flashbacks geht. Ich könnte Ihnen noch nicht mal erklären, wie eine Glühbirne funktioniert, und schon gar nicht könnte ich Ihnen eine basteln. Aber eine anschalten, das kann ich.
Mit Tollwut macht man sich das Gehirn kaputt. Vom Fahren gerät man inTheta-Trance. Man rammt etwas und wacht nackt in der Geschichte auf.
Wallace Boyer: Wenn es hilft, überlegen Sie einmal, dass man in früheren Zeiten die Erde für eine Scheibe gehalten hat. Zweidimensional. Man hat nur an das geglaubt, was man sehen konnte, bis jemand Schiffe erfunden hat und mutige Leute lossegelten, um den Rest der Welt zu entdecken. Und Rant Casey ist der Christopher Columbus des Zeitreisens.
Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Der Verkehr auf der West Side steht noch immer still. Es geht absolut nichts mehr. Die Feuerwehr meldet, der Brand an der Abfahrt CenterPoint ist gelöscht. Das Unfallfahrzeug wurde von der Straße geholt, aber die Jungs vom Krankenwagen warten noch auf ihre Passagiere.
Ersten Gerüchten zufolge scheint der ausgebrannte Daimler-Benz unbemannt zu sein. Sie hören Radio Graphic Traffic, bald mit weiteren blutigen Einzelheiten ...
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Wiedersehen
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