Das Kainsmal

seine Hose rein und knirscht mit den Zähnen.
    »Spinnengiftständer«, sagt er. »Passiert mir dauernd.« Und er wühlt in seiner Hose herum, um ihn runterzubiegen.
     
    Aus den Aufzeichnungen von Green Taylor Simms (

Historiker): Chronischer Priapismus ist eine der harmloseren Begleiterscheinungen einer a-Latrotoxin-Vergiftung. Rant Casey nutzte seine durch Gift herbeigeführten Erektionen, um der Gemeinde von Middleton endgültig den Rest zu geben. Nach dieser Sache konnte er nicht mehr nach Hause zurückgehen, würde dies aber auch nie mehr müssen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Leuten wissen die Reichen, dass man eine Brücke niemals einfach hinter sich abbricht. Was für eine Verschwendung. Nein. Man verkauft sie.
     
    Cammy Elliot (

Freundin aus Kindertagen): Unser Geometrielehrer, Mr. Wyland, derselbe, der uns mit Algebra I und Algebra II quält und einen an die Tafel zerrt, um der Klasse zu demonstrieren, wie bescheuert man ist, Mr. Wyland verschränkt die Arme, saugt die Zunge in eine Backentasche, nimmt Rant ins Visier und sagt: »Haben wir ein Problem, Mr. Casey?«
    Und Rant senkt den Kopf, schiebt das Becken vor und zeigt mit Zeige- und Mittelfingern beider Hände auf seinen Hosenstall, wo der Reißverschluss sich wie ein Zelt so weit nach außen wölbt, dass man die silbernen Metallzähne sehen kann. »Mr. Wyland, Sir«, sagt Rant, »ich habe eine schlimme Erektion, schon seit zwei Stunden ...«
    Ehrlich. Und ein paar Schüler holen tief Luft, aber nicht die Einser in der ersten Reihe. Eher die Zweier dahinter, die sofort glauben, was sie da gehört haben. Weiter hinten prustet ein Dreiminus-Kind mit geschlossenem Mund.
    »Sie als Mann und Leidensgenosse«, fährt Rant fort, »werden gewiss verstehen, dass dies nicht nur schmerzhaft, sondern auf Dauer auch gefährlich ist.«
    Mr. Wyland atmet aus. Ein einziger langer Atemstoß. Dann verschränkt er die Arme vor seiner eingesunkenen Brust. Seine Lippen gehen auseinander, die unteren Schneidezähne werden sichtbar, das Knochenweiß von Tabakrauch gebräunt.
    »Meinen Sie nicht, dass sich das mal jemand ansehen sollte?«, fragt Rant und zieht die Augenbrauen zusammen, so dass zwischen seinen Augen Sorgenfalten entstehen.
    Die geometrische Gleichung auf der Tafel verschwindet, sie ist gar nicht mehr da. Kreidiges Gekrakel, das verblassen muss angesichts dieses unerhörten, unanständigen Wunders eines Teenagerständers. In seinem Kopf versucht Mr. Wyland hektisch die korrekte Antwort zu berechnen. Rant hatte ihn herausgefordert, und er konnte gar nicht anders, als sich vor den Schülern lächerlich zu machen.
     
    Symon Praeger (

Party-Crasher): Wyland sitzt schwer in der Klemme. Wenn er Rant abserviert, wenn er diesen Chaoten auslacht und ihm sagt, er soll sich setzen und sich auf die Aufgabe konzentrieren, muss die Schule mit einer Anzeige rechnen. Wenn der Junge in einer echten medizinischen Notlage ist und sein Dödel blau anläuft und abfällt, kommt auf die Schulbehörde eine Schmerzensgeldforderung von zehn Millionen Dollar zu. Sicher, Rant hat schon oft den Unterricht gestört. Sicher, Rant hätte die ganze Geschichte dezenter aufziehen können. Aber das alles wird vor Gericht kein großes Gewicht haben, wenn Wyland den Geschworenen erklären muss, warum er einen Schüler, der womöglich mit einer lebensbedrohlichen Gangrän vor ihm stand, der Lächerlichkeit preisgegeben und gedemütigt hat.
     
    Cammy Elliot: Mr. Wylands Augen zittern, ein Ohr zuckt, sein Adamsapfel hüpft. Der Beweis dafür, dass es in ihm arbeitet. Sein Gesicht verfärbt sich von weiß über rosa zu dunkelrot. Dunkelrot wie seine Zunge. Die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. »Mr. Wyland«, sagt ein Junge.
    Danny Perry hebt eine Hand und sagt: »He, Mr. Wyland!« Danny winkt, schlenkert die Finger und sagt: »Ich muss auch in den Sanitätsraum. Aus demselben Grund.«
     
    Brenda Jordan (

Freundin aus Kindertagen): Soweit ich weiß, hatte Rant nur zwei Hemden oder so. Und eine Jeans. Jedenfalls haben wir nie was anderes zu Gesicht bekommen. Immer dasselbe grünkarierte Hemd mit langen Ärmeln, damit man die Bissspuren an seinen Armen nicht sah. Und ein langärmeliges blaues Chambray-Hemd mit Perlmutt-Druckknöpfen. Wenn Casey nervös wurde, konnte man das hören, weil er dann immer die Druckknöpfe an den Ärmeln auf- und zumachte, das gab dann so ein leises Klicken.
     
    Cammy Elliot: Als er zum Sekretariat ging, zeichnete sich sein seitlich abgebogener Ständer