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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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sie den Leuten wirklich Schaden zufügen wollte. Irene hat Gegenstände ins Essen geschmuggelt, weil ihr die Sache einfach zu wichtig war. Wäre ihr alles gleichgültig gewesen, hätte sie ihnen Tiefkühlgerichte vorgesetzt und damit basta.
     
    Basin Carlyle: Ich habe die Caseys ja praktisch nur im Gottesdienst gesehen. Sonntags im Gottesdienst und dann anschließend beim gemeinsamen Essen im Gemeindesaal, wo jeder was mitbrachte.
    Die geheime Zutat in Irenes Pfirsichauflauf waren Kirschkerne. Man konnte sich glatt den Kiefer brechen, wenn man nicht aufpasste. Das Geheimnis ihres gedeckten Apfelkuchens waren jede Menge scharfkantige Splitter von Walnussschalen.
    Wenn man ihren Thunfischauflauf aß, sprach man nicht und man blätterte auch nicht im National Geographie herum. Man konzentrierte sich mit allen Sinnen aufs Kauen. Man lebte förmlich nur noch in seinem Mund, tastete und fühlte mit der Zunge vorsichtig nach den Kügelchen Alufolie, die Irene Casey im Fisch versteckt hatte. Eine Nebenwirkung dieses langsamen Essens war, dass man tatsächlich viel mehr schmeckte, es schmeckte wirklich besser. Andere Frauen mochten bessere Köchinnen sein, aber deren Essen aß man so schnell, dass man es eben nicht merkte.
     
    Symon Praeger (

Party-Crasher): Rants Vater sagte immer: »Wenn etwas wie ein echter Unfall aussieht, kann keiner dir einen Vorwurf machen.«
     
    Irene Casey: Männer neigen dazu, alles zu überstürzen. Sie wollen immer nur möglichst schnell mit allem fertig sein.
     
    Echo Lawrence: Wollen Sie ein Geheimnis wissen? Als junges Mädchen trifft man sich zum ersten Mal mit einem Typen zum Essen, um herauszufinden, wie er im Bett ist. Ein Rüpel, der das Essen runterschlingt, ohne überhaupt hinzugucken, was er da isst, also mit so einem steigt man besser nicht in die Kiste.
     
    Bodie Carlyle: Wenn man Mrs. Caseys Geburtstagstorten sah, hätte man rot werden mögen vor Scham über die eigene arbeitsscheue Mutter. Lokomotiven aus Schokoladenkuchen, und die Waggons dahinter aus Kirschcreme- und Sahnecremeschnitten, dann noch Flachwaggons- und Tankwagen, alle verschieden, und ganz zum Schluss ein Bremswagen mit Ahornsirup. Die Leute sagen, es bringt Glück, wenn man in einem Stück Kuchen den versteckten Zahnstocher findet. Aber wenn man ihrem Kuchen nicht die richtige Aufmerksamkeit widmete, hat man sich die Mundschleimhaut aufgerissen und nur noch Blut geschmeckt.
     
    Logan Elliot (

Freund aus Kindertagen): Es war schon so: Wenn du ihr Essen nicht richtig gekaut hast, kaute das Essen dich.
     
    Irene Casey: Ich sehe das so: Solange der Geschmack größer ist als der Schmerz, so lange isst man weiter.
     
    Basin Carlyle: Dieses Essen im Gemeindesaal, man sollte ja meinen, das sei ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem die Leute sich unterhalten und den neuesten Tratsch austauschen. Nichts für ungut, aber wenn Irene Brathähnchen oder Drei-Bohnen-Salat mitbrachte, kam niemand dazu, mit den anderen auch nur ein Wort zu wechseln, weil alle nur damit beschäftigt waren, sich irgendwelches Zeug aus dem Mund zu fischen. Ihr Essen war nicht schlecht, ein vernünftiges Gespräch kam aber nicht auf. Statt zu erfahren, von wem Soundso ihr blaues Auge hatte oder mit wem Die und die ihren Mann betrog, hatte man am Ende einer solchen Mahlzeit nur ein Häufchen Unrat neben seinem Teller. Kirschkerne, Steine, Heftklammern. Gewürznelken, spitz wie Reißzwecken.
     
    Edna Perry: In manchen Ländern gibt es den Weihnachtsbrauch, ein kleines Jesuskind in den Kuchen einzubacken. Wer es findet, soll im nächsten Jahr besonders gesegnet sein. Es ist heutigentags bloß ein kleines Plastikfigürchen. Aber der Teig, den Irene Casey knetete, bestand mindestens zur Hälfte aus Jesuskindern. Jeder Happen ein Jesuskind. Vielleicht wollte sie ja nur, dass die Leute das Gefühl hatten, gesegnet zu sein, aber so kam es nicht an. Die Leute spuckten ganze Würfe nackter rosa Plastikerlöser aus. Gebaren mit triefenden Lippen Zwillings-, Drillings-, Vierlingsjesusse. Weihnachtsessen im Gemeindesaal - die langen Tische mit rotem Kreppapier geschmückt, und überall lagen ausgespuckte Jesuskinder herum. So richtig feierlich war das nicht.
     
    Basin Carlyle: So wie es nicht immer das wohlgeratene Kind ist, das man am meisten liebt - sondern manchmal das, das einem die größten Sorgen bereitet -, behielten die Leute von solchen gemeinsamen Mahlzeiten nur das in Erinnerung, was Irene Casey mitgebracht hatte. Das Essen der anderen,

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