Das kalte Gift der Rache
»Sie begehen einen großen Fehler, Claire, Sie bringen uns beide ins Grab.«
»Glauben Sie ihm nicht. Vor dem hatte ich schon als Kind Angst«, weinte Willie. »Er ist abartig böse und krank im Kopf. Als er zu den Marines ging, dachte ich, den bin ich endlich los, aber dann kam er zurück und fing an, mich überallhin zu verfolgen und zu behaupten, ich wäre sein Freund. Und jetzt will er mich umbringen, Sie haben’s doch gehört.«
Nun, da ich McKay unschädlich gemacht hatte, fühlte ich mich etwas wohler. Mit seinen Bärenkräften war er zu gefährlich, und ich wollte kein Risiko eingehen. Mit einem Knirps wie Willie würde ich eher fertig werden. Ich sagte: »Auf die Knie, Willie, und nimm die Hände auf den Rücken.«
Willie jedoch tauchte derart schnell nach links ab, dass ich keinen Schuss absetzen konnte. Er verschanzte sich hinter einem Glasbehälter, in dem es vor kleinen schwarzen Skorpionen nur so wimmelte.
»Stehen bleiben, Willie, oder ich schieße!« Dabei konnte ich gar nicht schießen, ohne die Kästen voller Schlangen, die überall herumstanden, kaputt zu machen. Ich hörte, dass er hinter den Tischen zu Gange war, und hinkte darauf zu. Elizabeth ließ mein Bein los und warf sich auf McKay. Ich verfolgte Willies Bewegungen mit meiner Waffe.
McKay hatte sich mittlerweile auf die Knie hochgerafft. Elizabeth hing ihm am Hals. »Nehmen Sie mir schon diese Scheißdinger ab, verdammt noch mal. Sie haben keine Ahnung, wozu dieser Kerl fähig ist.«
Willies Stimme drang von hinter einem Glasbehälter voller Mokassinschlangen hervor. »Ich rate Ihnen, lieber nicht zu schießen, Claire. Ein Querschläger könnte einiges anrichten.«
»Täusch dich bloß nicht, Vines. Lieber schlag ich mich mit Schlangen rum als mit dir. Komm raus, damit ich dich sehen kann.«
»Hinter Ihnen, Claire«, schrie McKay.
Ich wirbelte herum, und sah gerade noch rechtzeitig, dass Wilma Harte hinter mir stand, etwa drei Meter entfernt, an ihren Lippen eine Art Blasrohr. Etwas bohrte sich in mein Bein, ich drückte ab und riss dann den kleinen Pfeil aus meinem Bein. Das Geschoss zertrümmerte einen Behälter mit Klapperschlangen, und die Reptilien fielen als ein sich windendes und rasselndes Knäuel heraus. Ich wich zurück. Elizabeth fing an zu schreien und drückte sich an McKay.
Ich bewegte mich langsam nach links auf McKay zu, während ich den Schlüssel für die Handschellen herausfummelte und den Bereich zwischen den Tischen im Auge behielt. Beide, Wilma wie auch Vines, waren ins Dunkel abgetaucht, und ich spürte immer mehr, dass an dem Pfeil etwas gewesen sein musste. Benommen stolperte ich auf McKay zu. Ich sah nicht mehr richtig und konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten, sank auf die Knie und versuchte McKay den Schlüssel zuzuwerfen. Er landete neben seinen Füßen, dann sank ich seitlich nieder, und die Glock entglitt meinen tauben Fingern. Das Letzte, was ich noch hörte, war Wilmas Stimme, die seltsam und gespenstisch in mir widerhallte.
»Uriel, jetzt sind sie fällig, beide. Ich töte sie! Du kannst McKay haben …«
Dunkle Engel
Uriel richtete Claire Morgans Waffe auf McKay, während Wilma seine Beine fesselte. McKay hatte den Tod verdient, aber Uriel war sich nicht sicher, wie er mit der Polizistin verfahren sollte. Sie lag nun reglos da, außer Gefecht gesetzt von seinem Pfeil mit dem Betäubungsmittel. Er fürchtete sich vor ihr, und sie war ihm schon unheimlich gewesen, als sie ihm erzählt hatte, der Erzengel Michael würde sie beschützen. Er hatte diese silberne Medaille an ihr gesehen. Wenn nun der Erzengel herunterkäme, um Rache dafür zu nehmen, was sie ihr angetan hatten, und den Zorn Gottes über sie brächte? Und Gabriel hatten sie beide, er und Wilma, auch umgebracht. Er schloss die Augen, unterdrückte ein Schluchzen ganz hinten in seiner Kehle. Gabriel war auf schrecklichste Weise gestorben, und Uriel hatte ihm das angetan, seinem Blutsbruder. Wenn nun der Erzengel Gabriel sich mit dem Erzengel Michael zusammenschloss, um ihn zu bestrafen?
O Gott, er war so verzweifelt, und ihm war schlecht vor Angst. Er hatte sich von Wilma dazu überreden lassen, Gabriel zu töten. Es war allein Wilmas Schuld, und nun tat es ihm so leid, dass er es getan hatte. Wenn Wilma nicht gewesen wäre, wäre Gabriel noch am Leben. Sie hatte alles kaputt gemacht. Sie hatte ihn dazu gebracht, Gabriel eins auf den Kopf zu geben und ihn mit all diesen Einsiedlerspinnen in den Schlafsack zu sperren. Dann
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