Das Kapital (Gesamtausgabe)
Die Profitrate war also für alle gleich.
Bei den großen Handelsgesellschaften versteht sich die Verteilung des Gewinns pro rata des eingeschoßnen Kapitalanteils genauso von selbst wie die Beteiligung an den Markrechten pro rata des berechtigten Hufen-anteils oder an dem Bergwerksgewinn pro rata des Kuxenanteils. Die gleiche Profitrate, die in ihrer vollen Entwicklung eins der Endergebnisse der kapitalistischen Produktion ist, erweist sich hier also in ihrer einfachsten Form als einer der Punkte, wovon das Kapital historisch ausgegangen, ja sogar als ein direkter Ableger der Markgenossenschaft, die wieder ein direkter Ableger des Urkommunismus ist.
Diese ursprüngliche Profitrate war notwendig sehr hoch. Das Geschäft war sehr riskant, nicht nur wegen des stark grassierenden Seeraubs; auch die konkurrierenden Nationen erlaubten sich manchmal allerlei Gewalt-
<912> tätigkeiten, wenn sich Gelegenheit bot; endlich beruhte der Absatz und die Absatzbedingungen auf Privilegien fremder Fürsten, die oft genug gebrochen oder widerrufen wurden. Der Gewinn mußte also eine hohe Assekuranzprämie einschließen. Dann war der Umsatz langsam, die Abwicklung der Geschäfte langwierig, und in den besten Zeiten, die allerdings selten von langer Dauer, war das Geschäft ein Monopolhandel mit Monopolprofit. Daß die Profitrate im Durchschnitt sehr hoch war, beweisen auch die damals gültigen sehr hohen Zinsraten, die doch immer im ganzen niedriger sein mußten als der Prozentsatz des üblichen Handelsgewinns.
Diese durch das genossenschaftliche Zusammenwirken erwirkte hohe, für alle Beteiligten gleiche Profitrate hatte aber nur lokale Geltung innerhalb der Genossenschaft, also hier der "Nation". Venetianer, Genuesen, Hanseaten, Holländer hatten, jede Nation für sich und wohl auch mehr oder weniger anfangs für jedes einzelne Absatzgebiet, eine besondre Profitrate. Die Ausgleichung dieser verschiednen Genossenschafts-Profitraten setzte sich durch auf dem entgegengesetzten Weg, durch die Konkurrenz. Zunächst die Profitraten der verschiednen Märkte für eine und dieselbe Nation. Bot Alexandrien mehr Gewinn für venetianische Waren als Cypern, Konstantinopel oder Trapezunt, so werden die Venetianer für Alexandrien mehr Kapital in Bewegung gesetzt und dies dem Verkehr mit den andern Märkten entzogen haben. Dann mußte die allmähliche Ausgleichung der Profitraten zwischen den einzelnen, nach denselben Märkten dieselben oder ähnliche Waren ausführenden Nationen an die Reihe kommen, wobei sehr häufig einzelne dieser Nationen er-drückt wurden und vom Schauplatz verschwanden. Dieser Prozeß wurde aber fortwährend von politischen Ereignissen unterbrochen, wie denn der ganze Levantehandel infolge der mongolischen und türkischen Inva-sionen an dieser Ursache zugrunde ging und die großen geographisch-kommerziellen Entdeckungen seit 1492
diesen Untergang nur beschleunigten und dann endgültig machten.
Die nun erfolgende plötzliche Ausdehnung des Absatzgebiets und damit zusammenhängende Umwälzung der Verkehrslinien brachte zunächst keine wesentliche Änderung in der Art des Handelsbetriebs. Auch nach Indien und Amerika handelten zunächst vorwiegend noch Genossenschaften. Aber erstens standen hinter diesen Genossenschaften größere Nationen. An die Stelle der levantehandelnden Katalonier trat im Amerika-handel das ganze große vereinigte Spanien; neben ihm zwei große Länder wie England und Frankreich; und selbst Holland und Portugal, die kleinsten, waren immer noch mindestens ebenso groß und stark wie Venedig, die größte und stärkste Handelsnation der vorigen Periode. Das gab dem fahrenden Kaufmann, <913> dem merchant adventurer des 16. und 17. Jahrhunderts einen Rückhalt, der die ihre Glieder auch mit den Waffen schützende Genossenschaft mehr und mehr überflüssig, ihre Kosten daher direkt lästig machte.
Dann entwickelte sich jetzt der Reichtum in einzelner Hand bedeutend schneller, so daß bald vereinzelte Kaufleute ebensoviel Fonds auf eine Unternehmung wenden konnten wie früher eine ganze Gesellschaft. Die Handelsgesellschaften, wo sie noch fortbestanden, verwandelten sich meist in bewaffnete Korporationen, die unter dem Schutz und der Oberhoheit des Mutterlandes neuentdeckte ganze Länder eroberten und monopo-listisch ausbeuteten. Je mehr aber in den neuen Gebieten Kolonien vorwiegend auch von Staats wegen angelegt wurden, desto mehr trat der genossenschaftliche Handel vor dem des einzelnen Kaufmanns
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