Das Kapital (Gesamtausgabe)
der Wert seiner täglichen Lebensmittel im Durchschnitt 6
vergegenständlichte Arbeitsstunden darstellt, so muß der Arbeiter im Durchschnitt täglich 6 Stunden arbeiten, um ihn zu produzieren. Arbeitete er nicht für den Kapitalisten, sondern für sich selbst, unabhängig, so müßte er, unter sonst gleichbleibenden Umständen, nach wie vor im Durchschnitt denselben aliquoten Teil des Tags arbeiten, um den Wert seiner Arbeitskraft zu produzieren, und dadurch die zu seiner eignen Erhaltung oder beständigen Reproduktion nötigen Lebensmittel zu gewinnen. Da er in dem Teil des Arbeitstags, worin er den Tageswert der Arbeitskraft, sage 3 sh., produziert, nur ein Äquivalent für ihren vom Kapitalisten bereits gezahtlen[28a] Wert produziert, also durch den neu geschaffnen Wert nur den vorgeschoßnen variablen Kapitalwert ersetzt, erscheint diese Produktion von Wert als bloße Reproduktion. Den Teil des Arbeitstags also, worin diese Reproduktion
[28] In derselben Weise, sie der Engländer "rate of profits", "rate of interest", usw. braucht. Man wird aus Buch III sehen, daß die Profitrate leicht zu begreifen, sobald man die Gesetze des Mehrwerts kennt. Auf dem umgekehrten Weg begreift man ni l'un, ni l'autre[1*].
[28a] {Note zur 3. Aufl. Der Verfasser gebraucht hier die landläufige ökonomische Sprache. Man erinnert sich, daß auf S.137[2*] nachgewiesen, wie in Wirklichkeit nicht der Kapitalist dem Arbeiter, sondern der Arbeiter dem Kapitalisten "vorschießt". – F.E.}
[1*] weder das eine, noch das andere – [2*] siehe vorl. Band, S.188
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vorgeht, nenne ich notwendige Arbeitszeit, die während derselben verausgabte Arbeit notwendige Arbeit.[29]
Notwendig für den Arbeiter, weil unabhängig von der gesellschaftlichen Form seiner Arbeit. Notwendig für das Kapital und seine Welt, weil das beständige Dasein des Arbeiters ihre Basis.
Die zweite Periode des Arbeitsprozesses, die der Arbeiter über die Grenzen der notwendigen Arbeit hinaus schanzt, kostet ihm zwar Arbeit, Verausgabung von Arbeitskraft, bildet aber keinen Wert für ihn. Sie bildet Mehrwert, der den Kapitalisten mit allem Reiz einer Schöpfung aus Nichts anlacht. Diesen Teil des Arbeitstags nenne ich Surplusarbeitszeit, und die in ihr verausgabte Arbeit: Mehrarbeit (suplus labour). So entscheidend es für die Erkenntnis des Werts überhaupt, ihn als bloße Gerinnung von Arbeitszeit, als bloß vergegenständlichte Arbeit, so entscheidend ist es für die Erkenntnis des Mehrwerts, ihn als bloße Gerinnung von Surplusarbeitszeit, als bloß vergegenständlichte Mehrarbeit zu begreifen. Nur die Form, worin diese Mehrarbeit dem unmittelbaren Produzenten, dem Arbeiter, abgepreßt wird, unterscheidet die ökonomischen Gesellschaftsformationen, z.B. die Gesellschaft der Sklaverei von der der Lohnarbeit.[30]
Da der Wert des variablen Kapitals = Wert der von ihm gekauften Arbeitskraft, da der Wert dieser Arbeitskraft den notwendigen Teil des Arbeitstags bestimmt, der Mehrwert seinerseits aber bestimmt ist durch den überschüssigen Teil des Arbeitstags, so folgt: Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die
[29] Wir haben bisher in dieser Schrift das Wort "notwendige Arbeitszeit" angewandt für die zur Produktion einer Ware überhaupt gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Wir brauchen es von jetzt ab auch für die zur Produktion der spezifischen Ware Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit. Der Gebrauch derselben termini technici in verschiednem Sinn ist mißlich, aber in keiner Wissenschaft ganz zu vermeiden. Man vergleiche z.B. die höheren und niedren Teile der Mathematik.
[30] Mit wahrhaft Gottschedscher Genialität entdeckt Herr Wilhelm Thukydides Roscher, daß, wenn die Bildung von Mehrwert oder Mehrprodukt, und die damit verbundne Akkumulation, heurigen 128
DAS KAPITAL
Tags der "Sparsamkeit" des Kapitalisten geschuldet, der dafür "z.B. Zins verlangt", dagegen "auf den niedrigsten Kulturstufen ... die Schwächeren von den Stärkeren zur Sparsamkeit gezwungen werden".
(l.c.p.82, 78.) Zur Ersparung von Arbeit? oder nicht vorhandner überschüssiger Produkte? Neben wirklicher Ignoranz ist es apologetische Scheu vor gewissenhafter Analyse des Werts und Mehrwerts, und etwas verfänglich-polizeiwidrigem Resultat, die einen Roscher und Kons. zwingt, die mehr oder minder plausiblen Rechtfertigungsgründe des Kapitalisten für seine Aneignung vorhandner Mehrwerte in Entstehungsgründe des Mehrwerts zu
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