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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Magen jetzt ebenso gebieterisch sein Recht wie die Beine. Die Rucksäcke waren wohlversorgt, der Rakiou füllte die Kürbisflasche des Doctors und die Nic Deck’s bis zum Pfropfen. Daneben murmelte noch ein frisches, klares, an den Kieseln des Baches filtrirtes Quellwasser wenige Schritte unter ihnen dahin. Was konnte man mehr wünschen? Hatten sich die beiden Männer viel zugemuthet, so mußten sie sich jetzt auch wieder ordentlich stärken.
    Seit dem Aufbruche hatte der Doctor kaum Muße gehabt, mit Nic Deck, der immer voraus war, ein Wort zu wechseln. Jetzt hielt er sich aber, als sie am Ufer des Nyad saßen, dafür schadlos. War der Eine wenig redselig, so schwatzte wenigstens der Andere gar zu gern. Es versteht sich also von selbst, daß von letzterer Seite viele weitschweifige Fragen gestellt, von der andern aber nur kurz beantwortet wurden.
    »Sprechen wir ein wenig, Forstwächter, und sprechen wir ein ernstes Wort, begann der Doctor.
    – Ich höre, sagte Nic Deck.
    – Ich meine, wenn wir hier Halt gemacht haben, so geschah es, um neue Kräfte zu gewinnen.
    – Ganz richtig.
    – Ehe wir nach Werst zurückkehren…
    – Nein, ehe wir nach der Burg weitergehen.
    – Ich bitte Euch, Nic Deck, nun sind wir bereits sechs Stunden unterwegs und haben noch kaum die Hälfte zurückgelegt…
    – Ein Beweis, daß wir keine Zeit zu verlieren haben.
    – Es wird aber die Nacht herankommen, ehe wir vor dem Schlosse stehen, und ich meine, Forstwächter, Ihr werdet nicht toll genug sein, das zu wagen, ohne klar sehen zu können; wir müssen dann den Tag abwarten…
    – Nun ja, so warten wir eben.
    – Ihr wollt also nicht auf dieses Vorhaben verzichten, das doch eigentlich keinen Sinn und Verstand hat?
    – Nein.
    – Wirklich! Hier sitzen wir nun, gänzlich entkräftet, brauchen einen gut besetzten Tisch in einer gemüthlichen Stube, und ein weiches Bett in stiller Kammer, und Ihr denkt die Nacht unter freiem Himmel zuzubringen?
    – Ja wohl, wenigstens dann, wenn irgend etwas uns hindert, durch die Umfassungsmauer des Schlosses zu gelangen.
    – Und wenn es kein solches Hinderniß gäbe?…
    – Dann schlafen wir in einem Zimmer des Wartthurmes.
    – In einem Zimmer des Wartthurmes! rief der Doctor Patak. Ihr glaubt, Forstwächter, daß ich zustimmen würde, eine Nacht im Innern des verhexten Schlosses zuzubringen?…
    – Natürlich, wenn Ihr nicht etwa vorzieht, allein draußen zu bleiben.
    – Allein, Forstwächter!… Das ist wider die Verabredung; doch wenn wir uns trennen müssen, würd’ ich es lieber sehen, es geschähe hier, damit ich noch nach dem Dorfe zurückkehren kann.
    – Verabredet, Doctor Patak, ist nur, daß Ihr mir folgen werdet, wohin ich auch gehe…
    – Am Tage… ja; in der Nacht… nein.
    – Nun, meinetwegen, es steht Euch frei, davonzugehen; achtet aber darauf, Euch im Dickicht nicht zu verirren.«
    Sich zu verirren, das beunruhigte den Doctor am meisten. Auf sich allein angewiesen und ohne Bekanntschaft mit den unzähligen Kreuzundquerpfaden im gangbaren Theil des Waldes des Plesa, fühlte er sich außer Stande, den Weg nach Werst zu finden. Uebrigens allein zu sein, wenn die Nacht gekommen wäre – eine voraussichtlich stockfinstere Nacht – die Abhänge des Bergstockes hinunter zu gehen, auf die Gefahr hin, vielleicht in eine Schlucht hinabzustürzen, das war für ihn keine verlockende Aussicht. Da er davon befreit sein sollte, die Mauer zu erklettern, woran ja nach Sonnenuntergang überhaupt nicht zu denken war, erschien es ihm richtiger, dem Forstmann bis zum Fuße der Umfassungsmauer zu folgen.
    Der Doctor wollte jedoch noch einen letzten Versuch wagen, seinen Begleiter abzuhalten.
    »Ihr wißt, mein lieber Nic, wendete er sich an diesen, daß ich niemals im Stande wäre, Euch zu verlassen. Da Ihr darauf besteht, Euch nach dem Schlosse zu begeben, so werde ich Euch nicht allein gehen lassen.
    – Das ist doch ein vernünftiges Wort, Doctor Patak, und ich meine, daran sollt Ihr festhalten.
    – Nein, noch ein anderes Wort, Nic. Wenn die Nacht einbricht und wir erst dann an das Schloß kommen, so versprecht mir, keinen Versuch zum Eindringen in die Burg zu machen…
    – Ich verspreche nur, Doctor, selbst das Unmögliche nicht zu scheuen, um daselbst hinein zu gelangen, und nicht eher einen Fuß breit zurückzuweichen, ehe ich mich nicht überzeugt habe, was darin vorgeht.
    – Was darin vorgeht, Forstwächter! rief der Doctor Patak mit den Achseln zuckend. Was meint Ihr denn, was

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