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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Füßen mächtige Schuhe mit festem Eisenbeschlag – trotz dieser schweren Ausrüstung hoffte er aber doch entweichen zu können, sobald sich dazu eine irgend passende Gelegenheit bieten würde.
    Nic Deck und er hatten sich gleichmäßig mit einigem Mundvorrathe versorgt, den sie im Rucksacke trugen, um ihren Ausflug gegebenen Falls länger ausdehnen zu können.
    Ueber die Biegung der Straße hinausgekommen, gingen Nic Deck und der Doctor einige hundert Schritte längs des Nyad auf dessen rechtem Ufer hin. Der eigentliche Weg, der die Schluchten des Bergstockes vielfach umkreiste, hätte sie zu weit nach Westen geführt. Am vortheilhaftesten wäre es nun gewesen, wenn sie dem Bette des Bergbaches hätten immer weiter folgen können, da das die Entfernung bis zum Schlosse auf ein Drittel verkürzt hätte, denn der Nyad entspringt unmittelbar in den Falten der Hochfläche des Orgall. Das anfänglich gangbare Steilufer, das weiterhin sehr tief eingeschnitten und von Felsblöcken unterbrochen war, gestattete dann aber selbst Fußgängern kein Fortkommen mehr. Die beiden Wanderer mußten deshalb schräg nach links hin abweichen, um sich der Richtung nach dem Schlosse wieder zuzuwenden, wenn sie die untere Zone der Wälder des Plesa durchmessen hatten.
    Das war übrigens die einzige Seite, von der aus man nach der Burg gelangen konnte. Zur Zeit, als Baron von Gortz noch darin wohnte, bildete ein Verbindungsweg nach dem Dorfe Werst, dem Rücken des Vulcan und dem Thale der walachischen Sil entlang, eine Art schmaler Schneuse, die in dieser Richtung angelegt worden war. Jetzt wucherte längs derselben freilich schon wieder seit zwanzig Jahren Baum und Strauch, die sie so dicht verschlossen, daß kein Weg, kein Schlangenpfad durch jene mehr aufzufinden war.
    Beim Verlassen des tiefer ausgehöhlten Bettes des Nyad, durch das ein richtiger Wasserschwall hinunterschoß, blieb Nic einmal stehen, um sich zu orientiren. Das Schloß war jetzt nicht sichtbar. Es konnte erst jenseits des Waldes wieder hervortreten, der die unteren Stufen des Berges bedeckte – eine in der Oreographie der Karpathen ganz allgemeine Anordnung. Die Himmelsgegenden mußten also hier beim Mangel aller Merkzeichen schwer zu bestimmen sein. Nur die Stellung der Sonne, deren Strahlen über die entfernten Bergkämme im Südosten strichen, boten hierfür einigen Anhalt.
    »Da sieht Er’s ja, Forstwächter, da sieht Er’s. Nicht einmal ein Weg ist vorhanden… oder wenigstens nicht mehr da.
    – Es wird sich schon einer herstellen lassen, erwiderte Nic Deck.
    – Ja, das ist leicht gesagt, Nic…
    – Und auch leicht auszuführen, Patak.
    – Ihr seid nach wie vor entschlossen…«
    Der Forstwächter begnügte sich mit einem bejahenden Zeichen zu antworten und schlug einen Weg quer durch die Bäume ein.
    Da empfand der Doctor ein kaum niederzukämpfendes Verlangen, stehenden Fußes umzukehren; sein Begleiter, der einmal den Kopf zurückwandte, warf ihm jedoch einen solchen gebieterischen Blick zu, daß der Hasenfuß es nicht für angezeigt hielt, zurückzubleiben.
    Der Doctor Patak klammerte sich noch an eine einzige Hoffnung, an den Gedanken nämlich, daß Nic Deck sich in dem Labyrinth der unendlichen Waldmassen verirren könnte. Er rechnete dabei freilich ohne dessen vorzüglichen Spürsinn, den berufsmäßigen Instinct, jene so zu sagen »thierische« Fähigkeit, die ihm gestattete, sich nach den unscheinbarsten Zeichen zu richten, nach dem starken Hervorspringen der Zweige in der oder jener Richtung, nach den Wellen des Erdbodens, der wechselnden Farbe der Moose, je nachdem diese mehr dem Süd-oder dem Nordwind ausgesetzt sind.
    Nic Deck war viel zu vertraut mit seinem Berufe; er ging diesem, ohne sich je zu verlaufen, mit größtem Eifer selbst in den unbekannten Waldbeständen nach. Er wäre der würdige Rival eines Lederstrumpf oder eines Chingachgook im Lande Cooper’s gewesen.
    Immerhin sollte diese Baumzone wirklich Schwierigkeiten bereiten. Ulmen, Buchen, einzelne jener Ahornbäume, die man »Falsche Platanen« nennt, und prächtige Eichen nahmen die unteren Stufen des Berges bis zur Region der Birken, Fichten und Tannen ein, die in den höheren Lagen der linken Seite des Bergrückens standen. Diese Bäume mit ihren mächtigen Stämmen, ihren in jungem Safte stehenden Aesten, dem dichten Blätterschmuck, sproßten hier vielfach untereinander und bildeten ein grünes Dach, das die Sonnenstrahlen kaum da und dort einmal zu durchdringen

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