Das Karpathenschloß
in seiner Lederscheide hing, und an den Gamaschen, die sich dicht an die bequemen, dicksohligen Schuhe anschlossen.
Diese beiden Reisenden waren keine andern als die, denen Frik vor etwa zehn Tagen begegnet war, als sie sich über die Bergstraße nach dem Retyezat zu begaben.
»Ich habe Oho! Oho! gesagt, Herr Graf.« (S. 111.)
Nachdem sie die Gegend bis zum Maros hin durchstreift und auch den genannten Berg erstiegen hatten, gedachten sie jetzt im Dorfe Werst ein wenig auszuruhen und dann nach dem Thale der beiden Sil weiterzuziehen.
»Sie können uns doch ein paar Zimmer überlassen? fragte Franz von Telek.
– Zwei… drei… vier, so viele es dem Herrn Grafen beliebt, erklärte Jonas.
– Zwei sind schon genug, sagte Rotzko, nur müssen sie unmittelbar nebeneinander liegen.
– Würden Ihnen diese hier passen? fragte Jonas, während er zwei Thüren an der einen Längsseite der Gaststube öffnete.
– Vollkommen,« antwortete Franz von Telek.
Von seinen neuen Gästen hatte Jonas also offenbar nichts zu fürchten. Das waren keine übernatürlichen Wesen, keine Gespenster, die Menschengestalt angenommen hatten, nein, der vornehme junge Mann verrieth deutlich seine hohe Geburt, und solche Gäste sieht jeder Wirth gern in seinem Hause einkehren. Das war ein unerwarteter Glücksfall, der den jetzt gemiedenen »König Mathias« wieder in Aufnahme zu bringen versprach.
»Wie weit sind wir noch von Kolosvar entfernt? fragte der junge Graf.
– So gegen fünfzehn Meilen auf der kürzesten Straße über Petroseny und Karlsburg, belehrte ihn Jonas.
– Ist der Weg dahin anstrengend?
– Für Fußgänger allerdings recht anstrengend, und – wenn mir der Herr Graf einen wohlgemeinten Rath nicht übel deutet – ich glaube, Sie würden gut thun, mindestens einige Tage zu rasten…
– Können wir etwas Abendessen erhalten, fragte Franz von Telek, die ehrerbietigen Rathschläge des Gastwirthes kurz abschneidend.
– Nur ein halbes Stündchen Geduld, und ich werde die Ehre haben, dem Herrn Grafen ein Abendbrod vorzusetzen, das seiner würdig ist…
– Etwas Brod, Wein, einige Eier und kaltes Fleisch werden für heut’ Abend genügen.
– Werd’ ich mit Vergnügen herbeischaffen.
– Doch recht schnell.
– Augenblicklich!«
Jonas sprang schon nach der Küche zu, als ihn eine Frage zurückhielt.
»Ihr Gasthaus scheint sich keines zahlreichen Besuches zu erfreuen? sagte Franz von Telek.
– Ja freilich, augenblicklich ist gar Niemand hier, Herr Graf.
– Ist das jetzt nicht die gewöhnliche Zeit, wo die Leute hier einen Schluck trinken und eine Pfeife rauchen?
– Diese Zeit, Herr Graf, ist schon vorüber… denn im Dorfe Werst geht man mit den Hühnern zu Bett.«
Um Alles in der Welt hätte er nicht mittheilen mögen, warum sich im »König Mathias« kein einziger Gast eingefunden hatte.
»Euer Dorf zählt doch wohl zwischen vierund fünfhundert Bewohner?
– Annähernd so viel, Herr Graf.
– Wir sind aber keiner einzigen Seele begegnet, als wir die Hauptstraße herunter kamen.
– Ja… das heißt… es ist ja Sonnabend… und am Vorabend des Sonntags…«
Zum Glück für Jonas, der schon keine Antwort mehr wußte, erkundigte sich Franz von Telek nicht weiter. Der Gastwirth hätte sich ja niemals entschließen können, die eben herrschende Lage zuzugestehen. Seiner Meinung nach erfuhren die Fremden davon zeitig genug, und wer weiß, ob sie sich dann nicht beeilten, ein Dorf zu verlassen, das von so seltsamen Dingen in Schrecken gesetzt war.
»Wenn nur die Geisterstimme nicht wieder zu schwatzen anfängt, während sie essen!« dachte Jonas, als er einen Tisch in der Mitte des Zimmers zurecht machte.
Nach kurzer Zeit war die von dem jungen Grafen verlangte höchst einfache Mahlzeit auf blendend weißem Tischtuche aufgetragen. Franz von Telek setzte sich. und Rotzko nahm, wie er es auf der Reise stets gethan, ihm gegenüber Platz. Beide aßen mit trefflichem Appetit, und nachdem sie sich gesättigt, verschwand Jeder in seinem Zimmerchen.
Da der junge Graf und Rotzko während des Abendbrotes keine zehn Worte mit einander gewechselt hatten, konnte sich Jonas – sehr zu seinem Leidwesen – nicht in ihre Unterhaltung mischen. Franz von Telek schien übrigens wenig mittheilsam zu sein, und was Rotzko betraf, so glaubte der Gastwirth, als er diesen genauer beobachtet, daß er auch von ihm etwas Näheres über die Familie seines Herrn schwerlich werde erfahren können.
Jonas hatte sich also
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