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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Uhr ins Bett gehen.
    Jerry Brownlaker hängte seinen Trenchcoat an die Garderobe, nickte seinem Spiegelbild flüchtig zu und betrat, mit der Zeitung in der Hand, das Wohnzimmer.
    Er schaltete das Licht ein — und erstarrte. Sein Herz machte ein paar wilde Schläge, er fühlte Übelkeit und mußte sich am Türrahmen abstützen. Der Mann, dessen Gesicht von einer glatten Maske verdeckt war, saß im Sessel neben der Stehlampe und hielt mit der Rechten einen Revolver auf Brownlaker gerichtet.
    Mit der Fußspitze drückte er den Bodenschalter der Stehlampe. „Schalten Sie das Oberlicht aus, Brownlaker!“ Seine Stimme klang leise, dumpf und monoton.
    Jerry Brownlaker kämpfte gegen ein fast schmerzhaftes Angstgefühl an, obwohl er sonst alles andere als ein Feigling war.
    Er versuchte, den Kloß in seinem Hals hinunterzuschlucken und das Entsetzen abzuschütteln. Mit bebenden Fingern tastete er nach dem Lichtschalter.
    Der Lauf der Waffe beschrieb einen Halbkreis in Richtung des zweiten Sessels. „Setzen Sie sich hierher, Brownlaker!“
    Brownlaker folgte der Aufforderung mit staksigen Schritten. Er setzte sich und würgte mit heiserer Stimme hervor: „Was wollen Sie von mir?“
    „Eine berechtigte Frage“, gab der Mann ohne Gesicht zurück. Er tat es kühl und sachlich, ohne eine Spur von Hohn. Doch was er dann sagte, traf Jerry Brownlaker wie ein Schlag: „Ich nehme an, Sie lieben Ihren Enkel Paul?“
    „Was ist mit Paul?“ stieß Brownlaker hervor und sprang wieder auf, seine Gedanken überschlugen sich. Hatte man Paul entführt, wollte man ihn erpressen? Ihn, der alles, was er besaß, in den Hausbau seiner Tochter Helen und ihres Mannes Marc gesteckt hatte. Natürlich in erster Linie für Paul, seinen fünfjährigen Enkel, an dem sein ganzes Herz hing.
    Er fror plötzlich, und seine Furcht wandelte sich in Haß. Ein Rest von Vernunft bewahrte ihn davor, sich in einen ungleichen Kampf einzulassen.
    Langsam setzte er sich wieder. „Abwarten!!“ rief er sich zu. „Nichts überstürzen... abwarten...“
    „Noch ist ihm nichts geschehen, gar nichts, Brownlaker! Aber ich gebe zu, daß sich das von einer Stunde auf die andere ändern kann.“
    „Ich besitze kein Geld!!“ zischte Brownlaker den Gesichtslosen an. „Ebenso könnten Sie versuchen, einen Neugeborenen zu erpressen.“
    „Wir sind nicht an Ihrem Geld interessiert. Wir wollen uns nur mit Ihrem Gedächtnis arrangieren. Ihr Gedächtnis gegen unsere Zusicherung, Ihren Enkel in Frieden zu lassen!“
    Das, was Brownlaker nur schemenhaft als mögliche Erklärung durch den Kopf schoß, bestätigte sein Peiniger in diesem Augenblick: „Mit allem, was Sie gegen mich oder uns tun, schaden Sie sich selbst, Brownlaker. Sie sollten jene Begegnung in Edinburgh nicht nur vergessen, sondern unwiderruflich aus Ihrem Gedächtnis streichen. Sie auslöschen!“
    Das war es also...
    „Ich bin nicht der einzige, der davon weiß!“ stieß Brownlaker hervor.
    „Doch, der einzige Augenzeuge! Und deshalb werden Sie morgen zu Ihrem Boß gehen und sagen: ,Stellen Sie sich vor, Mister Bools, gestern abend ist mir dasselbe hier in London passiert. Und diesmal hatte der Betreffende ein ganz anderes Gesicht. Also muß ich mich auch schon in Edinburgh getäuscht haben.“
    Jerry Brownlaker starrte den Mann mit der Maske fassungslos an. Ihm erschien nicht das Anliegen als solches unvorstellbar, ihm war es unerklärlich, wie diese Leute glauben konnten, daß ein derartiges Vorgehen irgend etwas an den bereits bekannten Tatsachen ändern könnte.
    „Mister Bools würde mir entweder kein Wort glauben oder mich für einen Idioten halten.“
    Der Lauf der Waffe zeichnete Kreise in die Luft, dazu erklärte die dumpfe Stimme drohend: „Sie sollten nicht nach dummen Ausreden suchen. Sie müssen ganz einfach so gut sein und so überzeugend, daß er Sie weder für unglaubhaft noch für einen Idioten hält. Der Einsatz, ich meine jetzt Ihren Enkel Paul, ist doch die Mühe wert. Oder etwa nicht?“
    Brownlaker schwieg. Er fühlte sich außerstande, Ordnung und System in seine wirren Gedanken zu bringen.
    Der Mann ohne Gesicht erhob sich.
    Er tippte ihm mit dem Lauf der Waffe gegen die Schulter. „Wir werden Sie rund um die Uhr im Auge behalten, Brownlaker! Und denken Sie immer daran: Alles, was Sie gegen uns tun, tun Sie auch gegen sich selbst!“
    Jerry Brownlaker rührte sich nicht, als der Maskierte das Zimmer verließ.
    Er hörte, wie er die Wohnungstür aufschloß und diese leise

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