Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
noch nicht einmal, ob sie aus dem Kellerzimmer herauskäme oder ob die Tür versperrt war.
Kalter Angstschweiß lief ihr den Körper herunter, als sie vorsichtig die Tür einen Spalt öffnete. Er hatte sie nicht eingesperrt! Kimberley schlüpfte heraus und ihr Blick eilte nach links und rechts. Sie musste nur die Treppe hoch rennen und dann waren es vielleicht noch fünf große Schritte bis zur Haustür. Sie griff nach dem Schlüssel. Wenn sie es bis zur Tür schaffen würde, musste sie ganz schnell sein, damit der Typ sie nicht einholte. Vielleicht wühlte er im ganzen Haus herum oder er schlief im Schlafzimmer von Lisa Suhrhoff. Kimberley blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken. Sie lief um ihr Leben, so schnell war sie noch nie gerannt. Die Haustür war offen! Kimberley rannte auf die Straße, lief und lief, bis sie vor ihrem eigenen Zuhause stand, nach ihrem eigenen Schlüssel langte und ins Haus stürmte.
Sofort schloss sie die Haustür und rannte nach oben in ihr Zimmer. Die Zimmertür verriegelte sie auch, stellte ihren Schreibtischstuhl vor die Tür und ließ die Außenjalousie herunter. Völlig außer Atem setzte sie sich aufs Bett und dankte dem lieben Gott, dass sie noch lebte. Sie hätte wirklich tot sein können! Wo steckte Mama eigentlich? Kimberley hatte gar nicht darauf geachtet, ob das Auto ihrer Mutter im Carport stand. Womöglich war sie immer noch mit der Suhrhoff unterwegs und hatte Kimberley noch nicht mal vermisst! Das konnte wirklich nicht wahr sein – Kimberley wäre um ein Haar vergewaltigt und ermordet geworden und keiner merkte es. Als aber ihre Mama eingesperrt war, da gab es ein Riesentheater und jetzt musste sie sogar zu einem Psychologen. Was mit Kimberley war, darum kümmerte sich niemand.
Nach einiger Zeit hatte sie sich einigermaßen beruhigt und traute sich, aus dem Fenster zu gucken. Die Straße war öde und leer wie immer. Das Suhrhoff-Haus sah ganz normal aus. Vielleicht war der Kerl wirklich verschwunden und kreuzte irgendwann wieder auf. Dann würde er Kimberley vielleicht suchen und wieder ins Kellerzimmer schleppen! Andererseits ergab das keinen Sinn. Wenn er so versessen darauf gewesen wäre, dass sie in seiner Gewalt blieb, hätte er sie doch bewacht. Kimberley beschloss, dass sie ihr Erlebnis für sich behalten würde. Es würde ohnehin nur Ärger geben, wenn rauskäme, dass sie auch eine Einbrecherin war. Ihr fiel der Schlüssel ein. Mist, den hatte sie ja ganz vergessen! Sie nahm ihn aus ihrer Tasche und überlegte fieberhaft. Der Schlüssel musste raus aus ihrem Zimmer. Im Haus war es noch mucksmäuschenstill und Kimberley ging auf Zehenspitzen ins Bad. Sie hatte vor lauter Aufregung ganz vergessen, dass sie seit Stunden mal musste. Auf der Toilette kam ihr eine Idee. Sie öffnete das Badfenster und warf den Schlüssel von Mamas Freundin im hohen Bogen nach draußen in die Büsche. Dort würde ihn so schnell keiner finden, auch nicht der fiese Typ.
Als Hanna nach Hause kam, ging sie als Erstes ins Zimmer ihrer Tochter. Kimberley war noch wach und lag im Dunkeln in ihrem Bett.
„Hallo Schatz, ich bin wieder da. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich hab die Strecke echt unterschätzt. So lange Touren bin ich gar nicht mehr gewöhnt. Alles klar bei dir?“
Sie setzte sich auf Kimmys Bettkante und legte ihre Hand auf die Decke. Sofort zog Kimberley die Decke höher und rutschte von ihrer Mutter weg.
„Ja, alles klar. Ich bin müde.“
„Hast du was gegessen, mein Schatz? Morgen mach ich uns eine Lasagne, was hältst du davon?“
„Mmh“, brummte Kimberley und drehte sich mit dem Rücken zu Hanna. Ihre Mutter sollte nicht die Tränen sehen, die ihr über die Wangen liefen. Sie war ein ungeliebtes Kind, eines, das man noch nicht einmal vermisste und um das man sich sorgte.
„Kimmy, weinst du? Oh Mann, was ist denn los? Hast du Angst gehabt, weil ich so lange weg war? Wieso hast du mich denn nicht auf dem Handy angerufen? Was ist denn?“
Besorgt beugte Hanna sich über das Gesicht ihres Kindes. Kimmy entglitt ihr immer mehr. Die Sprachlosigkeit zwischen Mutter und Tochter machte Hanna so traurig, aber sie wusste nicht, was sie dagegen tun sollte.
Kimberley schluckte hart und wunderte sich, dass sie nicht schon vor Stunden darauf gekommen war. Natürlich! Sie musste aus der Veilchengasse verschwinden. Hier war es sowieso blöde und langweilig. Wenn sie weg wäre, könnte auch der miese Typ aus dem Suhrhoff-Haus sie nicht finden.
„Ich will so
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