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Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Stagnation lebten. Und die Kanonen ihrer Kriegsschiffe auf mich gerichtet, sagten die Menschen: „Was habt ihr mit unseren Kindern gemacht … unseren Kindern … unseren Kindern …?“
     
    Während Etaa die größte Veränderung ihres Lebens durchmachte, beschleunigten sich die evolutionären Wandlungen, denen sich mein Körper unterzog, als hätten meine Instinkte endlich Übereinstimmung mit dem Rhythmus dieser neuen Welt und mein Körper die geeignetste Form gefunden. Etaa sagte zuerst nichts zu dieser Veränderung; sie war zu unsicher, um Fragen zu stellen. Doch schließlich kam sie eines Abends und stand neben mir, als ich, inzwischen viel ungeschickter als er, mit Alfilere spielte und ihn zu ausgelassenem Lachen brachte. Sie fragte mit Lippen und Händen: „Mußt du dich ändern?“
    Ich nickte so gut ich konnte. „Es ist meine Pflicht.“
    „Warum?“
    „Warum ich mich verändern muß? Weil es so vorgesehen war, zum Schutz für uns beide in einer unbekannten Welt. Es hilft mir zu erkennen, was ich zu erwarten habe.“ Das Geisterbild eines Gleiters blitzte hinter meinen Augenlidern auf; ich hatte registriert, daß diese Welt zu unbekannt war und mich die Adaption zu lange in einem verletzbaren Zwischenstadium gelassen hatte. „Warum ich mich verändere?“ Ich öffnete die Augen. „Weil sich jedes Lebewesen ändert, wenn sich seine Umwelt ändert, das nennt man Evolution. Mein Volk jedoch hat die Fähigkeit, sich ganz besonders schnell zu verändern. Wozu die meisten Kreaturen viele Lebenszeiten brauchen, benötigen wir instinktiv nur Monate – etwa so, wie manche Insekten im Nu die Farbe ändern, um sich einer Blume anzupassen. Wir haben gelernt, die Veränderungen zu kontrollieren, wenn wir wollen, doch wenn wir das System verstehen wollen, das hinter einer Form steht, muß die Natur einen eigenen Weg gehen.“
    „Ihren Weg“, sagte Etaa milde. „Wirst … wirst du weiter mit mir sprechen, nachdem du dich verändert hast?“
    Ich lächelte, Alfilere kicherte und blinzelte mit großen, braunen Augen zur mir auf. „Ich glaube. Ich brauche jetzt meine Stimme.“
    Ihr Lächeln brach strahlend hervor, ihre gesprochenen Worte brachen in Gesten ab. Ich wünschte, ich könnte mich wie du verwandeln! Mutter, laß mich mein Sein ändern und neu anfangen; laß mich meine Erinnerungen verlieren, und … und meine Sünden. Sie rieb sich mit der Hand quer über den Mund wie ein Kind, den bitteren Jammer zurückdrängend.
    „Etaa …“ Alfilere haltend, richtete ich mich auf. „Wie auch immer du dich verwandeln würdest, dein Geist und deine Seele wären immer noch dieselben – mit allen Bindungen, die dich halten. Und wie auch immer du dich verwandeln magst, du könntest nichts Besseres wählen als das, was du bist.“ Ich dachte daran, wie ich mich auf meine Veränderung gefreut hatte, an meine Hoffnung und meine Erwartung, und sagte: „Wenn du die Wahrheit wissen willst – ich wünschte, ich müßte mich nicht verwandeln. Ich … ich würde lieber als Mensch bei dir bleiben.“ Ich lachte. „Ich hätte nie geglaubt, das zu hören – es ist aber wahr; es ist wahr.“
    Sie nahm mir Alfilere ab und öffnete ihren Anzug, als er hungrig an ihr herumsuchte. Sie streichelte über seinen Lockenkopf und lächelte mich wieder an, und in ihren Augen lag ein so starkes Gefühl, daß ich es kaum ertragen konnte. „Danke“, sagte sie, sehr klar – und ich wußte, daß ich belohnt war.
     
    Durch die Verwandlung wurden meine menschlichen Gliedmaßen absorbiert und umgestaltet, und schließlich hockte ich gedrungen auf dem Boden. Meine Haut fleckte sich rostbraun und grau, aufblasbare Luftsäcke ließen meinen lederartigen Balg in geheimnisvollen Falten herabhängen: Ich wurde zu einem Gleiter, einem Wesen der Luft, durch die eigene Unsicherheit an die Erde gefesselt. Ein erdgebundener Gleiter zu sein, machte mich zugleich unbeholfen und gereizt. Selbst das Benutzen meiner Beobachtungsgeräte erwies sich als schwierig, und am schlimmsten war, daß es mich durch die Umformung über und über juckte und ich mich nicht kratzen konnte. Etaa in ihrer üblichen, entschlossenen Freundlichkeit fand sich damit ab; sie verbrachte die Abende damit, ihrem Kind vorzusingen, während sie neben mir saß und mir mit einem Stöckchen den Rücken kratzte, und mein fremder Körper sang vor Erleichterung.
    Tagsüber trieb ich mich bei den Felshängen herum und beobachtete, wie die Gleiter sich aufschwangen und schwebten und weit

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