Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
Dunkelheit ohne jegliche Träume. Ich kam erst wieder zu mir, als die Morgendämmerung dem Himmel bereits eine erste Spur von Gold verlieh. Ich öffnete meine Augen zu diesem Licht; ich spürte die knochentiefe Müdigkeit, die meinen ganzen Körper erfüllte, als hätte ich einen langen Kampf hinter mir, und ich wusste ohne hinzusehen, dass ich mit dem Kopf in Darraghs Schoß lag und er mir übers Haar streichelte. Einen Augenblick regte ich mich nicht, dann zwang ich mich, mich hinzusetzen und schließlich aufzustehen. Sofort wurde mir so schwindlig, dass ich blind nach den Ranken tastete, um mich festzuhalten. Darragh war aufgesprungen und packte mich an den Armen, damit ich nicht umfiel. Die Göttin mochte mir helfen, ich konnte kaum aufrecht stehen, ich konnte kaum einen vernünftigen Gedanken fassen, nicht davon zu reden, große Magie zu wirken! In diesem Zustand würde ich niemandem helfen können, und es war schon Tag!
    »Ho, immer mit der Ruhe, ganz ruhig«, sagte Darragh und hielt mich weiter fest. Er sah mich kritisch an, schaute mir todernst ins Gesicht. »Ich bin so ein Idiot«, sagte er tonlos. »Ich hätte dir dieses Versprechen nicht geben dürfen. Du bist krank, Fainne, du brauchst Hilfe! Lass mich jemanden holen – lass mich ihnen sagen –«
    »Nein!« Ich brachte genug Energie auf, um ihn anzufauchen, und die Angst verlieh meiner Stimme Schärfe. »Nein, das darfst du nicht! Ich muss allein sein, wenn ich –« Meine Stimme verklang, als eine Welle von Übelkeit mich erfasste, gefolgt von dem intensiven Bedürfnis zu weinen. Ich war nicht annähernd stark genug für irgendeine Art von Kampf. Aber ich würde mich zusammenreißen. Schließlich war ich die Tochter eines Zauberers, und ich hatte eine Mission.
    »Fainne …«, begann Darragh erneut.
    »Nein«, sagte ich und legte mit großer Anstrengung so etwas wie Kälte in meinen Tonfall. »Sprich es nicht aus. Sag überhaupt nichts. Geh einfach und lass mich allein. Es geht mir gut. Ich kann mich um mich selbst kümmern. Geh jetzt, Darragh. Ich höre Männer in der Nähe. Du musst kämpfen.«
    Darragh starrte mich an. »Das willst du also? Dass ich losrenne und andere mit einem Schwert absteche und dich allein lasse, hier oben auf der Klippe, wenn du kaum aufrecht stehen kannst, Meilen entfernt von zu Hause, und sich niemand um dich kümmert? Willst du das wirklich? Das hast du vorher nicht gesagt.«
    Aber er hatte die Hände weggenommen. Ich blieb stehen, indem ich mich mit zwei Händen an den Ranken festhielt und gegen die Felsen lehnte. Wo steckten die Fomhóire? Wenn man sie wirklich einmal brauchte, waren sie verschwunden.
    »Bitte geh«, sagte ich angespannt. »Ich habe nicht viel Zeit. Bitte tu das für mich.« Bitte, lasst ihn gehen, bitte macht, dass er schnell weggeht, bevor es zu schwierig wird.
    Wieder schwieg er einen Augenblick. »Also gut«, sagte er. »Also gut. Dann verabschiede ich mich jetzt.« Aber er blieb stehen. Er nahm mich in die Arme, ohne auch nur zu fragen, und zog mich an sich, und ich spürte seine Finger in meinem Haar, seine Wärme, und in einem einzigen Augenblick veränderte sich alles, denn ich war von einer Sehnsucht zu ihm erfüllt, die jeden Teil meines Körpers durchdrang. Ich konnte nicht anders, ich klammerte mich an ihn, und er küsste mich, und für einen Augenblick vergaß ich Großmutter und vergaß alles andere.
    »Löckchen«, murmelte Darragh und streichelte meinen Nacken unter meinem Haar. »Es tut mir Leid. Es tut mir so Leid.«
    »Leid?«, flüsterte ich. »Was sollte dir Leid tun?«
    »Ich habe mir so sehr gewünscht, dich in Sicherheit bringen zu können. Ich habe mein Bestes getan. Es tut mir Leid, dass sich die Dinge für uns nicht anders entwickelt haben. Ich wünschte, ich wäre für dich gut genug gewesen.«
    Einen Augenblick schlang er die Arme noch fest um mich, und ich spürte sein Herz gegen meine Brust hämmern. Ich setzte dazu an, ihm zu sagen, dass er alles falsch verstanden hatte, dass ich diejenige war, die nie gut genug für ihn gewesen war und es auch niemals sein könnte. Aber bevor ich ein Wort sprechen konnte, wich er einen Schritt zurück, und nun sah ich, was er gemeint hatte.
    Zunächst konnte ich es kaum glauben. Es war wie ein kalter Messerstich ins Herz. Ich starrte ihn an und blinzelte. Ich hob die Finger zu meinem Nacken und bekam vor Angst eine Gänsehaut. Ich nestelte an meinem Kleid und wusste, dass mein bester Freund mich verraten hatte. »Gib es zurück«,

Weitere Kostenlose Bücher