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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Geschichten um die Ereignisse, die dort stattgefunden hatten, und über das, was danach geschah. Einige Zeit wurde etwas weitererzählt, was der Wahrheit immerhin ähnlich war, etwas, das man mit allem Recht Geschichte nennen konnte. Es hieß, Sean von Sevenwaters hätte mit Hilfe seiner Verbündeten die Briten besiegt, und der Anführer sei der junge Mann Johnny gewesen, ein Krieger von beinahe unnatürlichen Kräften. Der Sieg war so überwältigend, dass Northwoods seinen Anspruch auf das strittige Territorium für immer aufgab. Aber auch Edwin verlor nicht nur. Neue Bündnisse wurden zwischen alten Feinden geschmiedet. Schließlich heiratete die Tochter von Northwoods den Erben von Harrowfield, und so wurde ironischerweise durch einen Frieden zwischen diesen beiden großen Landsitzen von Northumbria genau das erreicht, was der Schurke Richard von Northwoods sich einmal gewünscht hatte: ein starkes, vereintes Reich im Nordwesten von Britannien. Es gab ein noch stärkeres Bündnis, das zwischen Northwoods und Sevenwaters, einen Friedensschwur zwischen Briten und Iren. Das war Johnnys Werk, und es führte zu langen Jahren von Zufriedenheit und Wohlstand auf beiden Seiten des Meeres. Niemand sprach mehr viel über den Kampf selbst; alle wussten, dass seltsame Dinge geschehen waren, dass zum Beispiel Schiffe verwendet worden waren, die verdächtig nach jenen der Finn-ghaill aussahen, und sich einige mächtige Fremde eingemischt hatten, und am Ende hatte alles von einem Schwertkampf zwischen zwei Männern abgehangen. Einige erzählten, es wäre auch eine Frau dagewesen, und andere sprachen von einem Oger oder einer Fee, aber die meisten taten das als reine Fantasie ab.
    Im Lauf der Zeit entwickelte die Geschichte ein Eigenleben. Besonders die Fischer erzählten sie sich gern in kalten Nächten am Feuer und schmückten sie, beflügelt von zwei oder fünf Krügen Bier, noch weiter aus. Das Seltsame war, alle sprachen von den Inseln und wie sie durch großen Mut und Fähigkeit zurückgewonnen worden waren. Aber wenn man jemanden fragte, wo diese Inseln denn seien, schien es keiner genau zu wissen. Einige sagten, südlich der Isle of Man, aber das konnte nicht stimmen, denn alle waren dort umhergesegelt, und jeder wusste, dass es an dieser Stelle keine Inseln gab, nur einen Felsen, der bei jeder Flut vom Meer überspült wurde. Einige sagten, vielleicht im Norden, aber andere widersprachen. Wo immer die Inseln gewesen sein mochten, sie waren jetzt nicht mehr dort, oder zumindest nicht so, dass man sie finden konnte.
    Aber manchmal hörte man eine Geschichte von dem einen oder anderen Fischer, der glaubte, er hätte etwas gehört oder gesehen, und wenn man diese Geschichten zusammenfügte, dann bildeten sie eine neue, eine so seltsame, dass sie wirklich nicht mehr zu glauben war, und dennoch glaubten sie sie beinahe. Man ruderte also einher, und dann senkte sich Nebel herab wie durch plötzliche Magie, und wenn dieser Nebel einen Augenblick aufriss, sah man eine hohe Steinsäule, wie einen Turm, den Riesen gebaut hatten, nur dass dieser Turm mitten im Meer stand und ringsum die Wellen auf ihn eindroschen. Manchmal sah man nachts dort Leute, die im Mondlicht auf den Felsen saßen oder auf und ab kletterten, als wären sie Krebse, so geschickt bewegten sie sich auf diesen gefährlichen Klippen. Sie sahen kleine Personen, es hätten Kinder sein können, mit Haar so rot wie die Blätter der Herbstbuche, und manchmal einen Mann oder eine Frau, aber man konnte immer nur einen kurzen Blick darauf werfen, bis der Nebel sie wieder verbarg. Einer hatte Lichter ganz oben auf diesem Turm gesehen, der andere schwor, er hätte ein Geschöpf mit Gefieder und roten Schuhen erspäht, aber seine Kumpane sagten, er ließe seiner Fantasie freien Lauf. Wieder ein anderer hatte berichtet, es gäbe dort viele Selkies, nahe den Felsen an der Südseite, und eine Frau säße singend am Wasser. Eine Seejungfrau, vermutete er. Unsinn, sagten die anderen. Aber sie erzählten die Geschichten weiter.
    Die Geschichten bringen mich zum Lachen. Ich sehe die Menschen in meinem Spiegel aus klarem Wasser, und im Laufe der Jahre sehe ich, wie unsere Geschichte immer mehr zu einer seltsam verzerrten Reflexion ihrer selbst wird, sich zu etwas verwandelt, was die Leute besser akzeptieren können, ohne das Blut und die Trauer, ohne die Grausamkeit, die schrecklichen Fehler und die Verschwendung, und ich lächle und lasse es an mir vorüberziehen. Ich höre, wie

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