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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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kleinen Nische in den Felsen oberhalb des schäumenden Meeres. Ich sollte mich lieber vorsichtshalber näher an die Klippe begeben. Danach würde sicher noch Zeit sein, um mich zu erholen und das Zentrum der Aktivität im Morgengrauen wieder zu erreichen. Auf meinen kleinen Vogelfüßen bewegte ich mich vorsichtig über das schmale Sims und suchte die Stelle, wo die Risse am tiefsten waren und den besten Halt boten. Ich machte einen Schritt, zwei Schritte, dann kam eine Hand aus dem Dunkeln und schloss sich um mich. Mein Herz raste vor Angst, und ich gab ein ersticktes Gurren von mir.
    »Ganz ruhig.« Die Stimme war leise; das war der Tonfall, der schon so viele verängstigte Geschöpfe beruhigt hatte. »Ganz still jetzt. Ich lasse dich wieder los, wenn du das willst. Ich wollte dich nicht erschrecken. Wir haben das gleiche Versteck gefunden, wie? Eine schöne Stelle ist das hier, sehr geeignet, um ein wenig Zeit allein oder mit einem Freund zu verbringen. Ganz ähnlich wie in Kerry, nicht wahr?« Darragh zog seine Hand langsam zurück. Er saß im Schneidersitz auf dem Felsensims. Im Grunde war es wirklich nicht besonders überraschend, dass wir beide diese Ecke der Insel ausgewählt hatten, die so deutlich an die sorgenfreien Sommer erinnerte, die wir als Kinder verbracht hatten. An solchen Zufluchtsorten hatten wir einander früher all unsere Geheimnisse anvertraut.
    Ich wusste, ich sollte mir einen anderen Ort für meine Verwandlung suchen. Auf keinen Fall wollte ich Lady Oonaghs Aufmerksamkeit auf Darragh ziehen – wieso sonst hatte ich mich so angestrengt, ihn wegzuschicken, wieder und wieder? Aber ich konnte mich einfach nicht mehr regen. Hier im Dunkeln, hoch oben über dem Meer, mit ihm an meiner Seite, fühlte ich mich endlich sicher.
    »Löckchen?«, sagte Darragh leise. Ich konnte nicht antworten, aber ich ließ mich auf dem Felsen in seiner Nähe nieder. »Ich möchte dir etwas sagen«, fuhr er fort, und ich konnte im Halbdunkel erkennen, dass er die Finger fest verschränkt hatte und angestrengt die Stirn runzelte. »Ich habe da draußen ein paar schreckliche Dinge gesehen. Ich nehme an, du hast sie auch gesehen: Dinge, die ich mir in meinem schlimmsten Albtraum nicht hätte vorstellen können. Und ich habe selbst einiges getan, worauf ich nicht stolz bin. Vielleicht habe ich bewiesen, dass ich ein Krieger bin, aber es fühlt sich einfach nicht richtig an, das Blut eines Mannes zu vergießen, nur weil er einem anderen Volk angehört.« Er sah seine Hände an. »Ich dachte immer, wir würden nach Hause gehen, du weißt schon, zurück nach Kerry, wenn das alles hier vorüber ist. Ich dachte, ich müsste nur warten und bei dir bleiben und durchhalten. Aber – aber das hier ist anders. Es ist nicht so, wie ich es erwartet hatte. Morgen geht das Töten weiter, und ich werde mitmachen, denn deshalb bin ich hier. Und ich habe das Gefühl, dass es danach kein Morgen mehr geben wird, Löckchen. Ich bitte dich das nicht gern, aber ich bitte dich trotzdem, weil ich denke, ich habe nichts mehr zu verlieren. Wenn ich schon sterben muss, wenn das so ist, dann … dann würde ich dich gern ein letztes Mal sehen. Ich meine, als du selbst, als Mädchen. Damit ich mich ordentlich von dir verabschieden kann. Es gibt Dinge, die würde ich dir gerne sagen; Dinge, die ich nur aussprechen kann, wenn – aber ich sollte nicht um so etwas bitten. Du wärst in deiner wahren Gestalt hier nicht sicher, das sehe ich ein. Ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr begibst.«
    Es war immer meine Schwäche und meine Dummheit gewesen. Ich hatte versucht, dagegen anzukämpfen, aber nun konnte ich diesem sanften, zögernden Tonfall nicht mehr widerstehen, der selbst das wilde weiße Pony aus den Hügeln zu ihm gelockt hatte. Ich verspürte solche Sehnsucht danach, dass er mich berührte, und ich wollte ihn mit meiner Berührung trösten, wollte nur noch einmal in schweigender Freundschaft bei ihm sein, wie in all den Jahren zuvor. Ich plusterte mich auf, und im Geist sprach ich die Worte und veränderte mich.
    Ich hörte Darraghs erschrockenen Ausruf und spürte, wie er die Hände ausstreckte und rasch aufsprang. Ich keuchte. »Sag es keinem – sag ihnen nicht, wo ich bin – versprich es …« Und dann verschwamm sein Gesicht vor mir, und die Sterne über uns drehten sich in wirren Kreisen. Meine Beine trugen mich nicht mehr, und ich wurde ohnmächtig.
    Es war eine Bewusstlosigkeit, die tiefer war als ein Abgrund, eine

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