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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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zischte ich und sah, wie er bleich wurde und die Zähne zusammenbiss. »Darragh! Gib es mir sofort zurück!«
    Darragh schwieg, aber er wich einen weiteren Schritt zurück und hielt dabei in seinen schlanken, schmalen Fingern immer noch das Bronzeamulett und die starke, feste Schnur, die es gehalten hatte.
    »Gib es her! Wie konntest du nur! Wie konntest du mich so berühren und mir diese Dinge sagen, wenn du nur – Darragh, du musst es mir wiedergeben! Du weißt nicht, was du da tust!«
    Ich ging näher an ihn heran und versuchte, es ihm zu entreißen, aber er war zu schnell, und außerdem war er viel stärker als ich, das war er immer gewesen.
    »Es ist besser so«, sagte er.
    »Wie kannst du das sagen! Du weißt nicht, wovon du redest! Wie könntest du verstehen, worum es hier geht? Schnell, schnell, gib es mir zurück! Du wirst einen Fluch über uns alle bringen!«
    Aber Darragh stand störrisch da, die Hände auf dem Rücken, und sah mich kummervoll an.
    »Du irrst dich, Löckchen. Das sagen sie alle. Lord Sean. Lady Liadan. Johnny und der Hauptmann. Dieses Ding ist böse. Es bringt dich um den Verstand, es bringt dich dazu, dass du vom Weg abkommst. Deshalb –«
    »Deshalb was?«, fauchte ich. Ich war verzweifelt, dass diese fehlgeleitete Verschwörung mir die Gelegenheit nehmen würde, sie alle zu retten. »Ihr seid alles Dummköpfe, und die Zeit ist knapp. Verstehst du denn nicht – sobald ich es abnehme, wird sie es wissen, und dann kommt sie, um mich zu finden, und ich habe meine Kraft noch nicht zurückgewonnen – o bitte –«
    Über uns kam eine Wolke näher, seltsam brodelnd und schiefergrau, dick wie ein Wollumhang, und mit ihr kam kalter Wind. Die Möwen schrien ihre Warnung heraus. Ich glaubte, eine Stimme zu hören, vertraut, wenn auch noch weit entfernt. Eine Stimme, die mein Herz zu Eis verwandelte. Fainne. Fainne, wo bist du?
    Sie war bereits auf dem Weg und trieb Wind und Wolken vor sich her. Sie würde töten und verstümmeln, bis sie mich zwingen konnte zu tun, was sie wollte. Ich wollte Darragh mit einem Zauber zwingen, loszulassen, die Hand zu heben und mir seinen Schatz zu überreichen. Ich murmelte die Worte und kämpfte darum, die Willenskraft zu finden. Aber es war nichts vorhanden. Mein Geist war leer und hohl. Ich war von der Verwandlung immer noch hoffnungslos erschöpft. Es war nicht der geringste Rest von Zauber mehr in mir.
    Darragh wich auf dem Sims weiter zurück. In nicht allzu weiter Ferne konnte ich die Stimmen von Männern und das Klirren von Metall hören.
    »Bitte, Darragh«, flüsterte ich. Ich benutzte die einzige Waffe, die mir geblieben war, ging auf ihn zu und hob die Hand, um seine Wange zu berühren.
    »Lass das«, sagte er angespannt. »Heb dir diese Tricks für die adligen Herren auf. Versuch es nicht bei mir. Wenn du mich nicht ehrlich berühren und sagen kannst, was in deinem Herzen ist, dann solltest du es lieber bleiben lassen.«
    Er war leidenschaftlich, beinahe zornig, und nun spürte ich, wie seine Tränen auf meine Finger fielen, wo sie an seiner Wange lagen. Ich war erstarrt; ich konnte mich kaum regen, aber ich hörte die Stimme der Zauberin irgendwo dort über dem Meer. Wagst du es etwa, dich zu widersetzen, Mädchen? Wagst du es, jetzt noch, widerspenstig zu sein?
    Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, irgendetwas, und dann sah ich in Darraghs Augen und brachte kein Wort mehr heraus. In diesem Augenblick bemerkte ich, wie er sich verändert hatte, wie der sorgenfreie Junge mit dem schiefen Grinsen, dem eine ganze Welt von Möglichkeiten offen gestanden hatte, bleich und müde geworden war, mit Ringen unter den Augen und so ernst, als trüge er das ganze Gewicht gewaltiger Sorgen auf seinen schmalen Schultern. Ich sah, was ich ihm angetan hatte.
    »Löckchen?«, sagte er sehr leise.
    Ich starrte ihn an und hoffte bis zum letzten Augenblick, dass er vernünftig sein und mir das Amulett zurückgeben würde. Schnell, jetzt. Er musste es zurückgeben und sich in Sicherheit bringen.
    »Vielleicht habe ich es getan, weil sie mich gebeten haben«, erklärte er. »Aber das war nur ein Teil davon. Ich habe es für dich getan. Ich musste es tun.«
    »Du musstest?«, flüsterte ich, während der Wind sich weiter hob und über das Meer peitschte und die Luft mit Gischt und den Schreien von Vögeln erfüllte. »Wieso musstest du?«
    Er sah mir in die Augen und schüttelte langsam den Kopf, als könnte er es nicht glauben. »Ich musste dafür sorgen, dass

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