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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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sonst noch tun?«, fragte ich gereizt. Mein Ärger lag allerdings im Widerstreit mit zutiefst empfundener Erleichterung darüber, dass ich nun doch Hilfe erhalten würde. »Die Zauberin ist auf dem Weg hierher; ich kann es spüren. Und vor ihr werde ich mich ohnehin nicht verbergen können. Was sonst könnte ich tun, als hinauszugehen und den Männern zu sagen – und ihnen zu sagen …«
    Das Felsenwesen gab ein kiesiges Husten von sich und schwieg dann. Das Eulengeschöpf zog die buschigen Brauen hoch.
    »Was willst du ihnen sagen? Dass du denkst, sie sollten einpacken und nach Hause gehen? Komm schon, denk nach. Benutze deine Ausbildung. Wir können dir helfen. Wir können dir Deckung geben – mit solchen Dingen haben wir Erfahrung. Wir können dich verbergen. Aber die Lösung liegt in deinen Händen, Feuerkind, nicht in unseren. Das letzte Stück des Puzzles musst du selbst herausfinden, und dann gehört es dir. Hat dein Vater dir nicht beigebracht, wie man Antworten findet? Die Antwort, die du brauchst, liegt direkt vor dir, aber du musst sie entdecken, bevor Lady Oonagh das tut, oder wir sind alle so gut wie tot.«
    Ich verzog gereizt das Gesicht. »Das hier ist kein dummes Spiel! Die Zukunft der Inseln, die Zukunft des Feenvolks, der Fomhóire und der Menschen hängt davon ab. Wieso soll es helfen, wenn ich ein Rätsel löse? Warum sagst du mir die Antwort nicht einfach?«
    Zunächst antworteten sie nicht, sondern schwiegen nur.
    »Eine Prophezeiung ist eine Prophezeiung«, stellte das Felsenwesen schließlich fest. »So ist es nun mal. Leider hängt alles von dir ab. Wir geben dir alle Hilfe, die wir dir geben können, aber sagen können wir es dir nicht. Diese Angelegenheit müssen die Menschen bereinigen. Deshalb hält sich das Feenvolk selbst jetzt noch zurück. Sie würden sich nur zu gerne einmischen, aber das können sie nicht. Wie ich schon sagte, eine Prophezeiung ist eine Prophezeiung.«
    Es kam mir so vor, als läge Kreischen in der Luft, und es waren nicht nur die Stimmen der Möwen, sondern ein schreckliches, zorniges Schreien, das mir Kopfschmerzen verursachte: Wo bist du? Bilde dir nicht ein, dich mir in den Weg stellen zu können. Handle gegen meinen Willen, und ich werde dich vernichten! Das letzte Mal hatte es vom Morgen bis zum Abend gedauert, bevor sie kam. Heute würde sie schneller sein; sie konnte mich ohne das Amulett nicht sehen, aber sie wusste, dass das Ende des Kampfs bevorstand. Es würde nicht lange dauern.
    Ich ging weiter, und als ich mich der Hügelkuppe näherte, bemerkte ich eine kleine Reihe fedriger Büsche, die einen Augenblick zuvor nicht dagewesen waren, und einen runden Felsen, der aus dem mageren Gras des Hügels gewachsen zu sein schien.
    »Duck dich«, flüsterte das Eulengeschöpf. »Lass dich nicht blicken, bis du weißt, dass die Zeit gekommen ist. Es wird nur eine einzige Gelegenheit geben.« Es ließ sich an meiner Seite hinter den Büschen nieder, und der flechtenüberzogene Felsen links von mir mit seinem mundähnlichen Riss rutschte ebenfalls näher, so dass ich gut verborgen war.
    »Was ist mit Fiacha?«, flüsterte ich und reckte den Hals, um die britische Festung sehen zu können. »Spielt er auch eine Rolle? Er ist gerade davongeflogen.«
    »O ja. Dieses Geschöpf hat bereits eine Rolle gespielt und wird es zweifellos noch einmal tun. Er hat mächtige Verbindungen. Du klingst, als könntest du ihn nicht leiden.«
    Ich schauderte. »Nein, ich mag ihn nicht. Ich denke, er hat mir auf dem Flug von Ulster hierher das Leben gerettet. Aber ich konnte ihn noch nie leiden.«
    »Warum nicht?« Die Stimme des Felsengeschöpfs war nun leise und freundlich.
    »Weil –«
    Und plötzlich fehlten mir die Worte. Plötzlich rutschte das letzte Stück des Puzzlespiels an Ort und Stelle, und mein Herz schlug so laut, dass es sich anhörte wie eine alte Glocke. Mein Kopf wurde klar in der Erkenntnis einer unglaublichen Wahrheit, einer so einfachen Lösung, dass es im Grunde verblüffend war, dass sie mir nie zuvor eingefallen war. Ich hob die Hand, um unter meinem Kleid eine kleine Stelle an meiner Schulter zu reiben, und ich dachte, wenn ich vielleicht mutig genug gewesen wäre, das Amulett früher abzunehmen, wäre mir das wohl schon eher aufgefallen und die Menschen hätten nicht leiden und sterben müssen. Vielleicht.
    »Sie weiß es nicht«, sagte ich zögernd. »Großmutter, meine ich. Ich bin sicher, sie weiß es nicht, oder sie hätte mich nie

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