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Das Kind der Talibanfrau

Das Kind der Talibanfrau

Titel: Das Kind der Talibanfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yair Nehorai
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Thora
    Zeitverschwendung
    nur Mama ist eine Zaddika
    muss Thora-Kommentare auswendig lernen.
    In Afrika gibt’s viele Tiere
    riesige Schlangen
    Kobras
    Leoparden mit Muskeln am Bauch
    braun und orange und lila
    Papageien mit Federn in allen möglichen Farben
    grün gelb orange blau hellblau dunkelrot und gemischt.
    Mama wird es nicht herausfinden
    Frau Rosenberg wird es ihr nicht erzählen
    ihr ist es egal dass es nicht die Thora ist und eine Zeitverschwendung.

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    Mama ist stumm
    in der Küche ist es still
    ganz lang.
    Gibt keine Befehle
    fragt nicht
    fordert nicht.
    Wir sind mit dem Fisch schon fertig
    haben die Gebete gesungen
    sie ist in der Küche
    kommt nicht mit der Suppe.
    Papa schreit
    richtig laut
    damit sie es hört
    und zurückkommt.
    Hat die Bibel geöffnet
    das Kapitel der Woche geschrien
    damit sie es hört
    und zurückkommt.
    Wir alle singen Sabbatlieder
    so laut wir können
    damit sie es hört
    und zurückkommt.
    Papa ist in der Küche
    meine Schwestern auch
    Faigy auch
    heult.
    Mama sitzt auf dem Stuhl ohne Lehne
    Gesicht in den Psalmen versteckt
    kein Wort
    nur Psalmen Psalmen Psalmen.
    Wir haben den Sabbat entweiht
    mein Bruder hat den Rabbi ausgelacht dessen Bart sich in seinem Hemd verheddert hatte
    konnte die ganze Stunde lang seinen Kopf nicht heben.
    Papa hat auch gelacht
    alle haben gelacht
    sogar Faigy.
    Mama hat ein Schweigegelübde abgelegt
    von Freitag bis Samstagabend
    um für unsere Sünden zu sühnen.

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    Hü-hott
    hü-hott Achaschwerosch
    hü-hott hü-hott
    braves Pferd
    brrr.
    Tritt dem bösen Menasche in den Hintern
    damit er durch die Luft fliegt und hinfällt
    damit er schreit dass ich ein Zaddik bin
    ganz laut
    damit es die ganze Stadt hört
    und Mama auch.
    Flieg Achaschwerosch
    bis zu den Wolken
    viele Kissen
    gemütlich
    Federn
    weiß
    gelb
    orange.
    Blödes Pferd
    hör auf zu husten
    ist böse auf mich
    versucht mich abzuwerfen
    morgen komme ich früher
    bringe dein Futter ganz pünktlich
    versprochen.

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    Ich bin reich
    100 Schekel von Rabbi Jankeleh
    blind
    habe es aus der Schublade neben ihm genommen
    im Lebensmittelladen.
    Jede Menge Geld für Schokolade
    Knabbersachen
    Eis am Stiel
    Törtchen
    Filzstifte
    so viel ich will
    auch für Faigy.
    Er hat viel Geld in der Schublade
    wird es nicht merken
    Mama auch nicht
    und für Wohltätigkeit bleibt noch genug übrig.

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    Es stinkt
    nach Toilette
    kann nichts sehen
    muss das Fenster öffnen.
    Schwer
    aus Eisen
    bewegt sich kein Stück
    die große Tür auch nicht
    bin kaum durchgekommen
    die Knöpfe haben mein Hemd zerrissen.
    Sie finden mich nicht
    niemand geht in den Schutzraum
    eklig
    keine Wände oder Decke
    keine Fliesen
    vergilbtes Papier
    alte Kleider
    hart wie Stein
    und ein Eimer.
    Die Schokolade schmeckt gut
    die alten Kleider sind wie ein Stuhl
    niemand wird mich finden
    niemand wird mir die Schokolade wegnehmen
    nicht einmal Mama.
    Niemand wird die andere Schokoladentafel finden
    unter den Kleidern
    Proviant für morgen.

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    Lasst mich in Ruhe
    will keine Freunde
    will nicht spielen
    mit niemandem.
    Eine Arztpraxis
    Regale voller Bücher
    ordentlich aufgereiht
    sauber
    nicht ein Staubkorn.
    Ein Schreibtisch ohne Unterlagen
    alles in Kästchen
    glänzt wie nach der Pessach-Reinigung.
    Ich werde den Raum schmutzig machen
    er ist ja kein großer Rabbi
    ein Kind
    so groß wie ich
    dünn
    Bart voller kahler Stellen
    redet wie ein Vogel
    zwitscher zwitscher.
    Warum spielst du nicht?
    Warum lachst du nicht?
    Warum immer allein?
    Rabbi Pozen ist eine Petze
    er hat dem Direktor erzählt dass ich die ganze Zeit nur male
    träume.
    Zwitscher zwitscher
    Ich werde auch einmal einen großen Ledersessel mit Rädern haben
    aber ich werde keine Kinder ärgern.
    Zwitscher
    allein
    zwitscher
    Freunde
    zwitscher
    Spiele
    zwitscher
    muss das Bild von der Sonne fertigmalen
    mit viel Rot und Gelb und Lila
    zwitscher
    will nicht spielen
    will mit niemandem befreundet sein
    will dass er mich in Ruhe lässt
    er und Rabbi Pozen.

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    Faigy gack gack
    morgens mittags abends
    gack gack.
    Nach dem Mittagsgebet habe ich sie mit zu den Tieren genommen
    wollte nur die Hühner anschauen.
    Will kein Achaschwerosch
    der Esel interessiert sie nicht
    die Ziege auch nicht
    nur die Hühner
    hat sogar gelacht als sie nach ihr gepickt haben.
    Mama wird es nicht herausbekommen
    sie ist erst in zwei Tagen wieder zurück
    aus dem Krankenhaus
    noch ein Baby.
    Gack gack

Zehn Jahre

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    Kann nicht einschlafen
    Morgen ist Talmud
    der Magen

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