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Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Titel: Das Kleine Buch Der Wahren Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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gleichen kann.

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    Ein wesentlicher Aspekt der Sexualität ist das Begehren. Emmanuel Levinas hat das Begehren als einen Akt des Freiwerdens von sich selbst verstanden: „Im Begehren richtet sich das Ich auf den anderen; so gefährdet es die selbstherrliche Identifikation des Ich mit sich selbst.“ Das Begehren führt den Mann von sich selbst weg auf die Frau hin. Aber zugleich weiß der Mann, dass sein Begehren nie ganz erfüllt wird. Nach jedem sexuellen Akt entsteht in ihm ein neues Begehren und neues Sehnen nach der Frau und nach dem Einswerden mit ihr. Levinas meint: „Das Begehrenswerte sättigt nicht das Begehren, sondern vertieft es, es nährt mich in gewisser Weise mit neuem Hunger.“ Ich kann es auch so ausdrücken: Jedes Begehren weckt in mir die Sehnsucht nach einer absoluten Liebe, nach noch tieferer Liebe, nach der dauerhaften Erfahrung von Schönheit, Ekstase und Einswerden.

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    Das Begehren wird nie ganz erfüllt. Es weckt immer wieder unsere Sehnsucht nach einer noch größeren Liebe. Diese Sehnsucht hält unsere Liebe lebendig. Und sie befähigt uns auch, den anderen zu lieben, wenn er oder sie meinen Erwartungen oder Ansprüchen nicht genügt. Der Partner oder die Partnerin kann nie ganz meine Sehnsucht erfüllen. So ist die Sehnsucht einerseits die Kraft, die mich immer wieder antreibt, mich meiner Frau hinzugeben und die Liebe neu zu erleben. Andererseits will mich die Sehnsucht über die Liebe zur Frau hinaustragen – in die unendliche göttliche Liebe hinein. Die Sehnsucht kann durch die Frau oder den Mann nie ganz gestillt werden. In ihr ist immer schon der Verweis auf Gottes Liebe, in der meine Liebe zur Frau zur Vollendung kommt. Das bedeutet aber nicht, dass ich mit meiner Sehnsucht die konkrete Liebe zum Partner überspringe. Die Erfahrung der erotischen und sexuellen Liebe stachelt immer wieder meine Sehnsucht nach der unbegrenzten göttlichen Liebe an. Und die Sehnsucht nach der göttlichen Liebe lässt mich zufrieden sein mit der konkreten Liebe, wie sie zwischen uns erfahrbar ist. Wir sind dankbar für das, was wir einander schenken. Und wir verweisen uns gegenseitig in jedem Liebesakt und in der alltäglichen Liebe auf die Liebe, die größer ist als wir selbst.

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    Es liegt ein eigenartiger Glanz auf der Dichtung des zu früh verstorbenen romantischen Dichters Novalis. Als er mit fünfundzwanzig Jahren seine Braut verlor, nahm er innerlich von dieser Welt Abschied und sehnte sich danach, seiner Geliebten in den Tod zu folgen. Seine Dichtung ist geprägt von dieser Sehnsucht nach der anderen Welt:
    „Hätten die Nüchternen
    Einmal gekostet,
    Alles verließen sie,
    Und setzten sich zu uns
    An den Tisch der Sehnsucht,
    Der nie leer wird.
    Sie erkennten der Liebe
    Unendliche Fülle,
    Und priesen die Nahrung
    Von Leib und Blut.“
    Novalis lädt also seine Leser ein an den Tisch der Sehnsucht. Am Tisch der Sehnsucht erkennen sie die unendliche Fülle der Liebe, die unserem Leben erst seinen wahren Glanz verleiht. Wer von dieser Liebe gekostet hat, der lässt alles Äußere hinter sich, seinen Beruf, seinen Besitz, um sich an den Tisch der Sehnsucht zu setzen. Die Sehnsucht nach dieser Liebe klingt in vielen Worten auf, die Novalis uns als Fragmente hinterlassen hat. Da sagt er von den Märchen: „Alle Märchen sind nur Träume |129| von jener heimatlichen Welt, die überall und nirgends ist.“ Die heimatliche Welt, das ist die Welt der Liebe. In jeder menschlichen Liebe leuchtet die göttliche Liebe auf. Und nur wo diese göttliche Liebe in menschlicher Liebe aufscheint, ist Heimat.

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    Die Liebe wird nur auf Dauer lebendig bleiben, wenn die beiden Partner sich nicht nur ständig in die Augen schauen, sondern über sich hinaus auf ein gemeinsames Ziel sehen. Dieses Ziel darf aber nicht zu klein gefasst werden. Letztlich muss es ein Ziel sein, das über die beiden hinausweist.
     
    Wenn ich immer nur auf den anderen schaue, werde ich entweder zum Kontrolleur oder zum beobachtenden Analysierer – oder aber es wird langweilig. Damit eine Beziehung gelingt, darf man sich gerade nicht ständig anschauen, sondern muss gemeinsam in die gleiche Richtung blicken. Das meint: Man sollte entweder grundlegende Werte teilen oder gemeinsame Ziele im Blick haben. „Die gleiche Richtung“, das kann ein Projekt sein, wie etwa das Projekt der Familie mit Kindern. Oder es kann eine gemeinsame Aufgabe sein, die zwei Menschen auch innerlich verbindet. Aber auch solche Richtungen

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