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Das kleine Reiseandenken

Das kleine Reiseandenken

Titel: Das kleine Reiseandenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Dann flüsterte sie wieder: „Aber nicht, was ich selbst gespart habe… gespart… gespart… dann kommt der Tag, wo man… wo man es nicht mitnehmen kann… all das Gesparte… Ingrid!“
    „Ja, Tante?“ Ingrid beugte sich über die Kranke. „Du kriegst eine Ausbildung. Lerne was.“
    „Ja, Tante.“
    Die Patientin schloß die Augen. Sie war jetzt ganz entspannt, man sah förmlich, wie ein großer Friede sie erfüllte. Ingrid nahm ihre Hand, drückte sie ganz vorsichtig. „Ich danke dir, Tante Agate.“
    War es ein kleines, schattenhaftes Lächeln, das über die Gesichtszüge der Kranken huschte?
    Ingrid beugte sich über die alte Frau. Ihr junges Herz war bis zum Rande voll von Mitleid. Sie tat das einzige, was sie tun konnte. Sie küßte Tante Agates Stirn.
    Sie spürte eine ganz kleine Bewegung der Hand, die sie noch in der ihren hielt. Dann war alles still.
    Sie versuchte nach ein paar Minuten: „Tante Agate, kannst du mich hören?“
    Keine Bewegung, kein Wort. Inge fand die Klingel und drückte auf den Knopf. Schwester Johanna kam. „Ich glaube, sie ist nicht mehr ansprechbar“, sagte Inge leise.
    Schwester Johanna fühlte den Puls, nahm den Zettel aus Tante Agates linker Hand. Die Rechte lag noch in Ingrids Hand.
    Wortlos reichte Schwester Johanna Inge den Zettel, sie zeigte ihn Ingrid:
    „Bei meinem Tode bitte Nachricht an meine Schwägerin, Frl. Elwira Jespersen, Virum, Telefon…“ Die Nummer war groß und deutlich geschrieben.
    „Merkwürdig“, sagte Schwester Johanna. „Als wir nach ihren Verwandten oder Freunden fragten, sagte sie nur, sie hätte keine. Und jetzt – ich verstehe es nicht.“
    Sie warf noch einen Blick auf die Kranke. „Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen. Frau Jespersen ist nicht mehr bei Bewußtsein.“
    Behutsam zog Ingrid ihre Hand aus der Tante Agates. „Schwester, wollen Sie uns benachrichtigen, falls sie wieder zu sich kommt, oder… wenn es vorbei ist?“
    Schwester Johanna versprach es, und Inge schrieb ihr die Telefonnummer von Familie Hall auf.
    In der Tür drehte sich Ingrid um und warf noch einen Blick auf Tante Agate. In diesem Augenblick wurden all die bösen Erinnerungen weggewischt wie von einer unsichtbaren, barmherzigen Hand.
    Zurück blieb das Bild des großen Friedens.
    Eine Stunde später saßen die beiden, die große und die kleine Ingrid, in ihrem Zimmer bei Halls. Ingrid holte das graue Kuvert aus der alten karierten Einkaufstasche.
    „Glaubst du, daß Geld drin ist, Inge?“
    „Geld wohl kaum. Aber Bankbücher, vielleicht Wertpapiere, Aktien oder so was. Etwas für deine Ausbildung. Du mußt es eben aufmachen. Was es auch ist, es gehört dir.“
    Dann machte Ingrid mit zitternden Händen das Kuvert auf, steckte die Hand hinein und zog einen Stoß Geldscheine heraus.
    „Inge… es ist Geld… alles bares Geld…“ Sie hielt das Kuvert mit der Öffnung nach unten, und immer mehr Scheine fielen auf den Tisch. Große Scheine, kleinere Scheine – Unmengen von Geld. Nie in ihrem Leben hatte Ingrid so viel Geld auf einmal gesehen.
    „Du liebe Zeit!“ flüsterte Inge.
    „Ich kann es nicht begreifen. Das alles soll mir gehören – verstehst du es, Inge? Und warum hat sie es nicht auf die Bank gebracht – warum – warum…“
    Die „Warums“ häuften sich, es wurde zuviel für Ingrid.
    „Auf diese Fragen werden wir nie eine Antwort kriegen“, sagte Inge. „Wir müssen versuchen, uns alles selbst zusammenzureimen. Zählen wir nun vorerst das Geld, nachher packen wir es hübsch gebündelt zusammen, und morgen werde ich sehen, wie man es am einfachsten nach Deutschland überführen kann.“
    Sie sortierten, sie zählten. Aus den Fünfzigern und Hundertern wurden Tausender, die Zehnkronenscheine häuften sich zu Hundertern.
    „Inge“, flüsterte Ingrid. „Es ist ja ein Vermögen! Ich kann es nicht fassen…“
    Dann war Inge plötzlich die Vernünftige, die Tatkräftige.
    „So, Ingridlein. Nun werden die Scheine gebündelt und schön eingepackt. Und dann gehen wir rüber zu den anderen. Mir ist so nach einer Tasse Tee. Dann werden wir soviel erzählen, wie wir erzählen dürfen. Wir brauchen ja nicht unbedingt die Höhe der Summe zu sagen. Und wer weiß, vielleicht werden wir gemeinsam herausfinden, warum Tante Agate so gehandelt hat. Und denk daran, daß dein Vermögen beträchtlich zusammenschrumpfen wird, wenn du es nach Deutschland überführst. Du hast ja selbst Geld gewechselt, du weißt, daß man für eine dänische Krone ungefähr

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