Das Kloster (German Edition)
gar bereichert ...«
»Darüber ist niemals eine Beschwerde verlautbart,« antwortete, dem Obern in die Rede fallend, der Prior, »aber dürfen wir fragen, hochwürdiger Herr, welche neue Sorge Euch bedrückt? auf welche neue Sorge Eure Worte hinzudeuten scheinen?«
»Ihr wählt das richtige Wort, Pater,« erwiderte der Abt, »jawohl, eine neue Sorge! die Sorge um die Engländer, die unter Führung des Sir John Foster von Hexham im Anmarsch gegen das Kloster sind, und die Sorge, wie wir dem Lord James Stuart entrinnen sollen, der mit seinen Söldnerscharen von der andern Seite, Zerstörung und Verderben drohend, heranrückt.«
»Ich dachte, dieser Anschlag sei durch die Fehde zwischen Lord Semple und den Kennedys vereitelt worden?« fragte der Unterprior.
»Es ist gegangen, wie es immer geht,« versetzte der Abt, »die beiden strittigen Parteien haben sich auf Kosten des Klosters geeinigt. Der Earl von Cassilis soll die Landstriche bekommen, die eigentlich dem Hause Corseregal gehören, und demzufolge hat er sich dem Stuart angeschlossen, der sich jetzt Murray nennt. Hier sind die Briefe.«
Der Prior, nahm die durch einen Eilboten vom Fürst-Primas übersandten Schreiben und trat zur Lampe, um sie mit aufmerksamer Miene zu lesen. Der Sakristan und Pater Nikolaus sahen einander an mit solch jämmerlichen Mienen, wie ein Paar Hähne, wenn über ihrem Hofe der Habicht schwebt. Das Auge des Abtes, das unter der Last schwerer Sorge gebeugt saß, ruhte voll Bangigkeit auf dem Unterprior, wie wenn er aus dem Ausdruck seiner Mienen Trost zu schöpfen suchte; als er aber sah, daß sein Berater noch immer in Nachdenken versunken stehen blieb, fragte er in ängstlichem Tone:
»Was beginnen wir nun?«
»Was uns die Pflicht vorschreibt,« antwortete der Unterprior, »das übrige steht in Gottes Hand.«
»Unsre Pflicht!« wiederholte der Abt; »nun freilich, unsre Pflicht müssen wir tun, aber worin besteht sie? wozu soll sie uns frommen? ... wirds uns gelingen, die Feinde mit Glockengeläut, mit Büchern und Kerzen zu verjagen? Oder wird Murray sich um Chorgesänge und Psalmen was scheren?
oder kann ich für das heilige Stift fechten wie Judas Makkabäus gegen den ungläubigen Nikanor? oder kann ich den Sakristan aussenden gegen diesen neuen Holofernes, daß er mir sein Haupt im Korbe herbringe?«
»Wohl habt Ihr recht, Mylord-Abt,« erwiderte der Unterprior, »wir können nicht fechten mit weltlichen Waffen, denn das widerspräche unsrer Tracht ebenso wohl wie unserm Gelübde; allein wir können für unser Kloster und für unsern Orden in den Tod gehen.«
Der Bruder Sakristan und Pater Nikolaus sahen einander mit einem Ausdruck in ihren Mienen an, der von Entsetzen nicht mehr weit war.
»Indessen bleibt uns,« fuhr der Unterprior fort, »noch ein Mittel, nämlich, wir können diejenigen unter die Waffen rufen, die fechten können und fechten wollen. Die Engländer sind nur gering an Zahl und scheinen auf Murrays Beistand zu warten, dessen Marsch aber unterbrochen worden ist. Wagt es nun Foster mit seinen Banditen aus Cumberland und Hexamshire in Schottland einzudringen, in der Absicht, unser Stift zu plündern, so müssen wir unsre Vasallen aufbieten, und daß wir es an Stärke mit ihnen aufnehmen können, erscheint mir nicht zweifelhaft.«
»Im Namen unsrer heiligen Jungfrau,« erwiderte der Abt, »meint Ihr, ich sei ein Petrus, um mich als Heerführer an die Spitze einer Armee zu stellen?«
»Es gibt doch kriegsgewohnte Männer,« sagte der Unterprior, »zum Beispiel Julian Avenel ...«
»Ein schlechter Mensch, ein Lüdrian, ein echter Belialssohn!« erwiderte der Abt.
»Und doch müssen wir uns seiner zu solchem Amte bedienen, wozu er erzogen worden ist,« antwortete der Mönch, »zumal wir es ihm ja gut bezahlen können. Ich weiß schon, wie es sich mit seiner Abfindung dafür wird machen lassen. Es scheint wohl sicher, daß die Engländer in der Meinung heranrücken, sich des Ritters Piercie Shafton bemächtigen zu können, der sich zu uns geflüchtet hatte. Zum wenigsten werden sie diesen Vorwand benützen, um unser Kloster zu überfallen.«
»Ich habe niemals gewähnt, daß er uns mit seinem Firlefanz von Atlasgewändern und Helmschmuck und Federn sonderlich Gutes bringen, würde,« bemerkte der Abt.
»Und doch müssen wir, sofern es irgend angeht, uns auch seiner Hilfe versichern!« sagte der Unterprior. »Mag er doch den großen Piercie, mit dessen Huld und Freundschaft er sich brüstet, bestimmen,
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