Das Kloster (German Edition)
mitrechnet, das hinten in Glendearg hockt, ist doch Ritter Julian der letzte Avenel. Hiermit habe ich Euch wohl mehr mitgeteilt, als meinem Ritter selbst recht sein dürfte; Ihr habt mir aber noch einmal großmütig durchgeholfen, und es könnte sich wohl treffen, daß ich nochmals auf Euren Beistand zu rechnen habe.«
»Es soll Euch nicht zum Nachteil sein, daß Ihr uns so aufrichtig Bescheid erteilt habt,« versetzte der Mönch, »denn in solch unsichern Zeiten muß der Kirche natürlich viel daran liegen, zu erfahren, was ihre Nachbarn im Schilde führen, und durch welche Triebfeder sie in Bewegung gesetzt werden. Aber was erwartet Euer Herr als Entgelt für seine Dienste? Ich halte ihn nämlich für einen von jenem Schlage, auf die das alte Wort: Kein Geld, kein Schweizer, zutrifft.«
»Nun, das kann ich Euch ganz genau sagen,« antwortete Christie von Clinthill, »Lord James hatte ihm für seine Parteigängerschaft einen schmucken Landstrich zugesagt, der an seine Herrschaft Avenel stößt, und dazu den mitten in seinem Gebiete gelegenen Distrikt Cranberry-Moor. Weniger dürfte er also von Euch auch nicht erwarten.«
»Aber was sollte dann mit dem alten Gilbert von Cranberry-Moor werden?« fragte der geistliche Herr.
»Ich sollte doch meinen, das Kloster besäße Land genug, um Gilbert, der doch nur knapp über ein paar lahme, gebrechliche Bauern verfügt, anderswo hinzusetzen, wenn auch Cranberry-Moor sein alter Erbsitz sein mag. Aber gegen meinen Herrn, der über fünfzig Berittne kommandiert, die alle schneidig einexerziert sind, kann doch der alte Krippensetzer nicht aufkommen! Zum wenigsten wird Euch wohl der Entschluß zwischen beiden nicht schwer fallen.«
»Wir wollen überlegen, wie sich die Dinge einrichten lassen,« erwiderte der geistliche Herr, »und wie sich der tätige Beistand Eures Herrn für das Kloster gewinnen läßt.«
Sie langten jetzt an die Stelle, wo dem Sakristan das garstige Begegnis mit dem Geiste passiert war. Es war eine schöne Nacht, und sie setzten ohne Abenteuer und Fährlichkeit über. Aber kaum standen sie an der Pforte des Klosters, als ihnen der Pförtner entgegeneilte und an den Prior die Worte richtete:
»Ach, ehrwürdiger Vater, der Lord-Abt vergeht vor Ungeduld, Euch zu sprechen.«
»Führe diese fremden Männer hier in die große Halle und trage Sorge, daß sie ordentlich beköstigt und untergebracht werden. Doch erinnere sie daran, daß sie sich bescheiden und sittsam verhalten, wie es sich für Gäste einer frommen Stätte schickt.«
»Ehrwürdiger Bruder,« sagte Pater Philipp wieder, »Ihr müßt so freundlich sein, Euch sogleich zu dem Lord-Abt zu begeben, denn so trostlos und kleinmütig habe ich ihn seit der Schlacht bei Pinkie-Cleugh nicht mehr gesehen.«
»Ich komme, lieber Bruder, ich komme,« erwiderte Pater Eustachius. »Nur um eins noch bitte ich Dich: diesen Jüngling hier, Edward Glendening aus Glendearg, geleite in die Novizenzelle und überweise ihn dem Bruder Lehrmeister, Gott hat sein Herz gerührt, und er will ein Glied unsers heiligen Ordens werden. Da er gute Fähigkeiten mit Fleiß und Demut verbindet, so denke ich, daß er unserm Kloster dereinst zur Zierde gereichen wird.«
Ein andrer Klosterbruder kam herbeigestürzt, der Pater Nikolaus. »Mein allerwürdigster Bruder,« rief er, »begib Dich doch bitte, auf der Stelle, zum Lord-Abt! In solcher tiefen Sorge habe ich ihn noch nie gesehen. Seine Bestürzung ruft mir den Tag ins Gedächtnis, als Pater Ingilram die Unglücksbotschaft von Flodden-Field erhielt.«
»Ich komme, ich komme, ehrwürdiger Bruder,« versetzte Pater Eustachius und begab sich nun allen Ernstes zu seinem Obern.
Vierzehntes Kapitel.
»Meine Brüder,« sprach der Abt, als sein Ratgeber, der Unterprior, mit dem Bruder Sakristan und dem alten Pater Nikolaus in sein Zimmer getreten war, wo er, neben sich die von kostbaren Steinen schimmernde altertümliche Mitra, den Rosenkranz und den prächtig verzierten Krummstab, in einem gewaltigen Armsessel saß, über dessen Lehne seine Hände unruhig hin und her fuhren ... »meine Brüder, ich darf doch wohl annehmen, daß Ihr mir gegenüber gelten lassen werdet, daß ich dem mir zugewiesenen Amte allezeit mit Eifer und Ehren vorgestanden habe. Auch habt Ihr immer Eure Nahrung hier gehabt, und ich habe die Einkünfte des Klosters niemals zu eitlen Genüssen verschwendet, habe niemals die eignen Verwandten oder fremdes Weibsvolk auf Kosten des Klosterschatzes unterhalten oder
Weitere Kostenlose Bücher